Martin, Kat - Perlen Serie
Die Wut stand ihm ins Gesicht geschrieben.
„In mein Arbeitszimmer", befahl er, bevor sie den Fuß auf die letzte Stufe gesetzt hatte. „Sofort!"
Ihr Herz begann sich nun fast zu überschlagen. So erzürnt hatte sie ihn noch nie erlebt. Sie hätte ihm alles sagen sollen, bevor es zu spät war! Erhobenen Hauptes ging sie ihm voraus den Korridor entlang in sein Arbeitszimmer. Der Earl folgte ihr und schlug die Tür hinter sich zu.
„Sie haben mich angelogen." Seine Stimme klang ange- spannt, und es gelang ihm kaum, seinen Ärger zu bezwingen. Sie zwang sich, seinem wütenden Blick zu begegnen. „Ich habe nicht alles gesagt. Was ich erzählt habe, ist jedoch wahr."
„Warum? Warum haben Sie mir verschwiegen, wer Sie wirk- lich sind?"
„Weil Sie ein Earl sind und Harwood ein Baron. Ich war mir nicht sicher, ob Sie bereit wären, mit den gesellschaftlichen Konventionen zu brechen."
Er ballte seine Hand zur Faust. „Sie dachten, ich würde Sie Ihrem Stiefvater ausliefern?"
„Ich hielt es für möglich."
Seine Miene verfinsterte sich. „Ich werde Ihnen nun sagen, was ich unter den gegebenen Umständen auf gar keinen Fall getan hätte - ich hätte niemals die Nacht mit Ihnen ver- bracht!"
Sie zuckte unter seinen Worten zusammen. Vielleicht stimm- te es. Vielleicht hätte er den Verlockungen ihres Körpers wi- derstanden ... Hatte sie ihm deshalb verschwiegen, wer sie tat- sächlich war?
„Ich bereue nicht, was geschehen ist."
„Aber ich bereue es! Sie sind die Tochter eines Barons! Sind Sie sich der Konsequenzen dessen bewusst, was Sie getan ha- ben?"
Gerade wollte sie ihm versichern, dass von ihr niemand auch nur ein Wort davon erfahren würde, was zwischen ihnen vor- gefallen war, da klopfte es laut an die Tür. Cord runzelte ange- sichts dieser Unterbrechung verärgert die Stirn, wandte sich um und öffnete die Tür. Zwei uniformierte Wachmänner betra- ten unaufgefordert das Zimmer, und ihnen folgte ein großer, schlanker, schwarzhaariger Mann, den Tory nie mehr zu sehen gehofft hatte.
Ihr wurde ganz schwindelig. Cord musste ihn herbeigerufen haben. Wie konnte sie nur so dumm gewesen sein, dem Grafen zu vertrauen! Warum hatte sie nicht auf ihre innere Stimme
gehört? Warum war sie nicht gleich, nachdem das Schiff in London angelegt hatte, mit Claire geflüchtet?
Tränen stiegen ihr in die Augen, doch sie versuchte entschie- den, sie zurückzuhalten. Vor ihrem Stiefvater wollte sie sich keine Blöße geben. Sie straffte die Schultern, als die beiden Wachmänner auf sie zukamen, doch noch bevor sie sie erreich- ten, stellte sich der Earl ihnen in den Weg.
„Sie bleiben besser, wo Sie sind", sagte er in einem Ton, der die beiden augenblicklich zum Stehen brachte. Dann warf er dem Baron einen kalten Blick zu. „Ich nehme an, dass Sie Har- wood sind."
Der Baron rang sich ein dünnes, hochmütiges Lächeln ab. „Zu Ihren Diensten, Brant." Er war schlank und sehnig wie ein Windhund, und seine scharf geschnittenen Gesichtszüge wa- ren hart und unnachgiebig. Obwohl er von Grund auf egois- tisch und skrupellos war, war es ihm gelungen, während des Jahres, in dem er um ihre Mutter warb, freundlich und höflich, fast schon liebenswürdig zu scheinen. Er war ein Mann, der al- les tun würde, um zu bekommen, was er wollte. Aus genau die- sem Grund hasste Tory ihn.
„Bevor wir unsere Auseinandersetzung fortführen", erklär- te der Earl nun, „möchte ich Sie wissen lassen, dass Miss Whi- ting und ihre Schwester sich unter meinem persönlichen Schutz befinden."
„Tatsächlich?"
„Ich habe erst heute Morgen erfahren, in welcher Beziehung die beiden zu Ihnen stehen, und beabsichtigte, Ihnen eine Nachricht zukommen zu lassen, um die Angelegenheit einver- nehmlich zu regeln."
Das verhaltene Lächeln wich nicht aus dem Gesicht des Ba- rons. „Es muss nichts geregelt werden. Meine ungehorsamen Töchter werden mit mir nach Hause kommen, sie werden mich für die gestohlene Halskette entschädigen, und alles wird ver- gessen sein. Ich entschuldige mich für die Schwierigkeiten, die sie Ihnen verursacht haben, Lord Brant. Wenn es irgendetwas gibt, das ich ..."
„Sie können Sie unter meiner Obhut lassen, bis die Sache aufgeklärt ist. Meine Cousine und ihr Mann werden sich um die beiden kümmern. Victoria und Claire können bei ihnen auf Forest Glen, ihrem Landsitz in Buckinghamshire, wohnen."
„Sie scheinen mich nicht zu verstehen", setzte der Baron nach. „Es gibt nichts aufzuklären. Ich bin der
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