Martin, Kat - Perlen Serie
Er wäre fast von seinem Sessel aufgesprungen, als du ihm von Harwoods Absichten erzähl- test."
„Chez wird zunächst noch mit seinem Vater sprechen müs- sen, doch wenn wir uns beide für die Angelegenheit stark ma- chen, glaube ich nicht, dass Kersey sich dem Wunsch seines Sohnes widersetzen wird."
„Und was ist mit dem Mädchen?" wandte Rafe ein. „Wird es zustimmen?"
„Sie ist zwar unglaublich naiv, aber nicht dumm. Ihr wird bewusst sein, dass sie keine andere Wahl hat. Wenn Victoria erst einmal nicht mehr da ist, wird auch sie nicht auf Harwood Hall bleiben können. Außerdem scheint sie Percy zu mögen."
„Er wird sie nicht drängen."
„Das glaube ich auch." Cord hatte Chez erklärt, wie un- schuldig Claire war, und der junge Mann hatte ihm verspro- chen, ihr nach der Heirat so viel Zeit zu lassen, wie sie benö- tigte, um sich in ihre Rolle als seine Frau hineinzufinden. Rafe lächelte. „So schüchtern wie er ist, wird er die Ehe viel- leicht nie vollziehen."
Cord stimmte ihm zu und lachte leise. Sie unterhielten sich noch ein wenig über andere Dinge und erhoben sich dann bei- de aus ihren Sesseln.
„Ich denke, dass du jetzt noch sehr viel vorzubereiten hast", sagte der Duke.
Cord nickte. „Sarah wird sich um das meiste kümmern. Sie plant eine kleine Hochzeitsfeier auf Forest Glen, nur mit eini- gen Freunden und der Familie. Du wirst doch kommen, nicht
wahr?" fragte Cord.
„Wie könnte ich mir das entgehen lassen?" Rafe grinste. „Ich kann es noch immer nicht glauben, dass du dich nun tatsäch- lich in den Hafen der Ehe begibst."
Schlagartig verflüchtigte sich Cords gute Laune. „Nein", sagte er finster. „Ich kann es eigentlich selber nicht glauben."
Die ganze Woche war das Wetter schon schlecht gewesen, und auch heute war ein bewölkter und ungemütlicher Tag. Zur trü- ben Stimmung trugen noch die Wutausbrüche des Barons bei, der Cordeil Easton unablässig als einen unmoralischen Lebe- mann beschimpfte und sich dabei aufgebracht das schüttere schwarze Haar zerzauste. Wenigstens hatte er nicht herausge- funden, was sich wirklich ereignet hatte - dass es nämlich To- ry gewesen war, die die verhängnisvollen Geschehnisse des Abends herbeigeführt hatte.
Sie versuchte, die Erinnerung daran zu verdrängen. Mit ei- ner kleinen Messinglampe in der Hand stieg sie die Treppen bis in den dritten Stock des Hauses empor. Von dort führte eine enge Stiege auf den Dachboden. Tory wollte heute tun, was sie sich schon lange vorgenommen hatte.
Die Hochzeit sollte in zwei Tagen stattfinden. Bei dem Ge- danken daran wurde ihr ganz flau zu Mute. Claire war in Trä- nen ausgebrochen und hatte sie angefleht, den Earl nicht hei- raten zu müssen, doch Tory hatte sich nicht erweichen lassen und ihre Schwester schließlich überzeugen können.
„Claire, meine Liebe, du musst es tun. Nur so wirst du sicher sein. Ich weiß, dass du nur eine vage Vorstellung davon hast, was ... zwischen Männern und Frauen geschieht. Aber du erin- nerst dich sicher an die Nacht, als der Baron in dein Zimmer kam. Du weißt, dass er dir wehtun wollte. Er ist ein schlechter Mann, Claire, und du hast allen Grund, dich vor ihm zu fürch- ten."
Die großen blauen Augen ihrer Schwester füllten sich mit Tränen. „Ich hasse ihn. Ich wünschte, Mama hätte ihn nie ge- heiratet."
„Mir geht es genauso, meine Liebe. Aber wenn du erst ein- mal von hier fort bist, wird Lord Brant sich um dich kümmern. Er wird gut zu dir sein." Oh ja, ganz bestimmt, versuchte Tory sich zu beruhigen. Sie wusste, dass Cord furchtbar wütend werden konnte, Angst hatte sie allerdings nie vor ihm gehabt. Und sie konnte sich auch nicht vorstellen, dass er Claire etwas
zu Leide tun würde.
Sie seufzte schwer. Zwar liebte sie ihn, sie hatte ihn aber trotzdem gezwungen, Claire zu heiraten.
„Aber was ist mit dir, Tory? Was passiert mit dir, wenn du hier bleibst?"
Bei dem Gedanken daran durchlief sie ein eisiger Schauder. Sie konnte sich nicht vorstellen, was Harwood tun würde. Der Mann war bösartig und unberechenbar. Im Gegensatz zu Ciai- re würde sie sich hingegen zu verteidigen wissen.
„Ich komme schon zurecht", versicherte sie ihrer Schwester. „Irgendwann wird es mir sicher gelingen, auf eigenen Füßen zu stehen."
Ihre Unterhaltung hatte erst gestern Vormittag stattgefun- den, und dennoch erschien es Tory, als seien seitdem Wochen vergangen. Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren, und es war ihr fast unmöglich, einen klaren
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