Martin, Kat - Perlen Serie
widerstehen können, denn die versprochene Summe war doppelt so hoch wie der Preis der Überfahrt. Er betrachtete die Perlen aufmerksam - ihre gleichmäßige Form, die unglaublich satte cremeweiße Färbung - und fühlte sich fast magisch in ihren Bann gezogen. Nie zuvor in seinem
Leben hatte er sich so sehr gewünscht, etwas zu besitzen. Aber er würde sie sich niemals leisten können, denn die Kette muss- te ein kleines Vermögen wert sein. Und selbst wenn er das Geld aufbringen könnte, so zweifelte er doch daran, dass ihr Besit- zer sie verkaufen würde.
Er würde sie also stehlen und sich dann des Mannes entle- digen müssen ... Der Gedanke erschien ihm so ungeheuerlich, dass er kaum glauben konnte, diese Möglichkeit tatsächlich in Betracht gezogen zu haben.
Aber die Kette führte ihn in Versuchung, zog ihn magisch in ih- ren Bann und offenbarte ihm die Schattenseiten seiner Seele.
Greg lächelte und schüttelte den Kopf. Er mochte vielleicht kein Heiliger sein, aber er war kein Dieb und schon gar kein Mörder. Er ließ die Perlenkette wieder in den roten Seidenbeu- tel gleiten und legte sie zurück in den Tresor. Sie sollte auch weiterhin dem Mann gehören, der sich Robert McCabe nannte, wenngleich Greg nicht für einen Moment glaubte, dass dies sein richtiger Name war.
Vielleicht würde McCabe in den drei Tagen nach ihrer An- kunft, die Latimer ihm zugestanden hatte, auch die nötige Summe gar nicht aufbringen können. Dann könnte Greg doch noch seinen Anspruch auf die wundervolle Kette aus Perlen und Diamanten geltend machen ...
Er seufzte tief in der Stille seiner Kabine. Nein, das würde wohl kaum geschehen. Es gab keinen einzigen Geldverleiher, der sich ein solches Pfand entgehen lassen würde. Greg ver- schloss den Tresor und versuchte nicht mehr auf seine Gefühle zu achten, die ihm die Vorstellung des baldigen Verlustes der Kette bereitete.
Danielle war seit zwei Tagen wieder in London und hatte ge- rade erst begonnen, mit Caro zusammen ihre Sachen auszupa- cken und sich in ihren Räumlichkeiten einzurichten.
Und in nur zwei Tagen war ihr Gefühl sicherer Geborgenheit bereits gründlich erschüttert worden.
Gleich zu Beginn war Rafes Mutter aus dem Ostflügel von Sheffield House herbeigeeilt, wo sie einige Zimmer bewohnte. Sie wirkte sehr verärgert, als sie zu ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter in die zweigeschossige Bibliothek gestürmt kam, die Rafe auch als Arbeitszimmer diente.
Sie blieb vor Rafe stehen und stemmte die Hände in die Hüf-
ten. „Ich kann es einfach nicht glauben, dass du mir nichts da- von gesagt hast!" Ihr Zeigefinger schnellte in die Höhe, und es schien sie überhaupt nicht zu beeindrucken, dass Rafes breite Schultern sich merklich strafften. „Du hättest es mir sagen sol- len, bevor du nach Amerika gereist bist! Wenn ich es nicht von Lord und Lady Belford erfahren hätte, wüsste ich wahrschein- lich immer noch nicht, dass du mit der Braut zurückgekehrt bist, die du vor fünf Jahren verlassen hast."
Rafe besaß den Anstand zu erröten und verbeugte sich tief vor seiner Mutter. „Ich möchte mich entschuldigen, Mutter. Aber vor meiner Abreise haben sich die Ereignisse überschla- gen. Ich bin daher froh, dass Ethan und Grace Ihnen Bescheid gegeben haben."
„Ja, darüber bin ich auch froh! Du kannst dir nicht vorstel- len, wie besorgt ich war. Ethan hat mir dann von Jonas McPhee erzählt, der herausgefunden hat, was sich in jener Nacht mit Oliver Randall tatsächlich ereignet hat."
Rafes Kiefermuskeln spannten sich. „Um Randall habe ich mich gekümmert."
„Ich weiß ... Cord und Victoria haben es mir erzählt."
„Dann wissen Sie ja schon alles, was es zu der Angelegen- heit noch zu sagen gibt - und auch, dass Danielle damals keine Schuld getroffen hat."
Seine Mutter zog argwöhnisch die Augenbrauen in die Höhe. „Ich weiß wahrlich noch nicht alles. Über die Zeit nach dei- ner Ankunft in Philadelphia erwarte ich einen ausführlichen Bericht. In Anbetracht der Tatsache, dass Danielle bereits mit einem anderen Mann verlobt war und ihn bald heiraten wollte, verspreche ich mir eine sehr unterhaltsame Geschichte."
Rafe schien sich sichtlich unwohl zu fühlen, erwiderte aber nichts. Danielle nahm nicht an, dass er seiner Mutter allzu viel über die Ereignisse in Amerika berichten würde.
„Aber letzten Endes", sagte die Dowager Duchess abschlie- ßend, „zählt ja nur, dass wir nun alle die Wahrheit kennen und Danielle sich nichts hat zuschulden
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