Martin, Kat - Perlen Serie
noch." Er drehte sich um und steuerte auf die Tür zu, dicht gefolgt von dem Haus- diener. Als sie beide verschwunden waren, entspannten Rafes Züge sich langsam.
„Ich bitte für meinen Cousin um Entschuldigung. Er kann ein ziemliches Ärgernis sein, wenn er betrunken ist - was er leider meistens ist."
Die Dowager Duchess schüttelte seufzend den Kopf. „Ich kann diesen Mann nicht ertragen. Er trinkt nicht nur die ganze Zeit, sondern hat es auch geschafft, in weniger als zwei Jahren sein gesamtes Erbe durchzubringen. Wenn ich nur daran den- ke, dass dieser Mensch womöglich einmal der nächste Duke of
Sheffield werden konnte ..."
Danielle blinzelte verwirrt und sah Rafes Mutter fragend an.
„Wollen Sie damit sagen, dass Arthur Bartholomew einen An-
spruch auf den Titel hat?"
Die Dowager Duchess seufzte erneut. „Es bekümmert mich
zutiefst, dass dem so ist. Solange Rafe keinen Sohn hat, der den
Namen der Familie weitertragen wird, ist unser Vermögen in
Gefahr."
Danielle stockte der Atem, und ihr schwindelte auf einmal.
Sie war sich sicher, dass alles Blut aus ihrem Gesicht gewichen
war und sie völlig erblasst war.
Wie aus weiter Ferne nahm sie Rafes Stimme dicht an ihrem
Ohr wahr: „Du musst dir keine Sorgen machen. Ich weiß, dass
ich meine Pflichten in letzter Zeit ein wenig vernachlässigt ha-
be, aber von nun an werde ich dir wieder mehr Vergnügen berei-
ten, und folglich wirst du mir wohl schon bald ein ganzes Haus
voller Söhne und Töchter schenken."
Danielle brachte kein Wort über die Lippen. Zum ersten Mal
wurde ihr das Ausmaß dessen bewusst, was sie getan hatte. So-
lange Rafe mit ihr verheiratet war, würde er keinen legitimen
Erben bekommen können. Und wenn er einen Unfall haben
sollte oder plötzlich erkrankte und starb - was Gott verhüten
möge -, würde Arthur Bartholomew Titel und Vermögen des
Dukes of Sheffield erben.
„Geht es dir gut, meine Liebe? Du siehst furchtbar blass
aus."
„Ich ... es geht schon." Sie versuchte zu lächeln. „Es ist schon
recht spät, und ich bin ein wenig müde."
„Mir geht es genauso", meinte Rafe, wenngleich er überhaupt
nicht erschöpft wirkte. „Mutter, Sie werden uns leider entschul-
digen müssen, aber Danielle fühlt sich nicht gut."
Die Dowager Duchess betrachtete sie aufmerksam. „Ja, das
sehe ich." Sie lächelte Rafe an. „Du musst deine Frau sofort zu
Bett bringen." Du solltest zugleich mit ihr zu Bett gehen, schie-
nen die unausgesprochenen Worte zu sein. Denn je eher sie dein
Kind empfängt, desto eher wird auch die Zukunft unserer Fa-
milie gesichert sein.
„Komm, Liebste." Rafe legte seine Hand um ihre Taille.
„Gute Nacht, Euer Gnaden", verabschiedete Danielle sich
von ihrer Schwiegermutter. Als Danielle und Rafe jedoch ihre Gemächer erreicht hatten,
läutete er nur kurz nach Caro, die Danielle helfen würde, sich auszukleiden. Dann zog er sich in sein Zimmer zurück.
Am nächsten Morgen erhielt Rafe eine Nachricht von Jonas McPhee. Der Ermittler würde heute wieder in London sein und bat um ein Treffen mit Rafael in Sheffield House am Abend des- selben Tages.
Die bevorstehenden Neuigkeiten beunruhigten Rafe, wes- halb er auf sein Abendessen mit Danielle verzichtet hatte und noch immer in seinem Arbeitszimmer am Schreibtisch saß, als sein Butler in der Tür erschien, um ihm das Eintreffen des Er- mittlers aus der Bow Street mitzuteilen.
„Bringen Sie ihn herein", wies Rafe an, und wenige Minuten später kam McPhee in das Arbeitszimmer, die Hände tief in den Taschen seines abgetragenen Wollmantels vergraben.
„Es tut mir leid, dass ich nicht eher habe kommen können, Euer Gnaden. Aber das Wetter ist recht unwirtlich gewor- den, und auf den matschigen Straßen war kein Fortkommen mehr."
„Sie haben geschrieben, dass Sie den Dieb gefunden hätten, der die Kette meiner Frau gestohlen hat."
Jonas wählte seine Worte mit Bedacht. „Ich habe den Mann gefunden, den Sie suchen. Es sieht so aus, als habe er den Schmuck als eine Art Darlehen benutzt, um seine Über- fahrt von Amerika zu bezahlen. Er lebt jetzt in einem kleinen Cottage, das einem gewissen Stephen Lawrence gehört. Wie Sie angeordnet hatten, habe ich den Mann verhaften lassen. Mr. Lawrence war zu der Zeit nicht in der Stadt."
„Wie heißt dieser Mann?"
„Er nennt sich Robert McCabe, wenngleich ich Zweifel habe, dass dies sein wirklicher Name ist."
„Wo ist McCabe jetzt?"
„Auf dem Weg ins Gefängnis von Newgate.
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