Martin, Kat - Perlen Serie
besten Freunden im Salon gesessen und schien weit mehr zu leiden als die werdende Mutter. Cordell Easton, Earl of Brant, selbst seit kurzem Va- ter, konnte seine Qualen nachvollziehen, und Rafael Saunders, Duke of Sheffield, war fest entschlossen, auch bald zu heira- ten. Er wusste also, dass ihm in naher Zukunft Ähnliches be- vorstehen könnte.
Sobald Phoebe mit einem Stapel frischer Leinentücher durch die Eingangshalle ging, sprang Ethan auf und rannte aus dem Salon. „Wie geht es ihr? Ist das Baby schon da?" Diese beiden Fragen hatte er nun bestimmt schon hundertmal gestellt.
„Ihrer Frau geht es gut. Und mit dem Kind dauert es jetzt nicht mehr lange."
„Viel länger kann ich das auch kaum noch aushalten", ließ sich der Duke vernehmen, der fast genauso mitgenommen aus- sah wie Ethan.
„Ich weiß nicht, was schlimmer ist", meinte Cord nun und fuhr sich mit der Hand durch sein welliges braunes Haar, „das Kind zu bekommen oder hier sitzen zu müssen und darauf zu warten, dass es endlich so weit ist."
„Darauf muss ich etwas trinken." Rafe hob sein Glas und nahm einen kräftigen Schluck Brandy. Im Laufe der Nacht hat- ten die drei Männer schon einiger Stärkung bedurft, um die langen Stunden bis zur Ankunft des Kindes durchzustehen. „Es ist ein Junge!" Auf einmal stand Victoria Easton in der Tür zum Salon und strahlte über das ganze Gesicht. Die Män- ner sprangen bei ihren Worten gleichzeitig auf.
„Geht es Grace gut?", fragte Ethan besorgt.
„Ja, ihr geht es gut und dem Baby auch. Er sieht ganz wie sein Vater aus."
Ethan zweifelte sehr daran, dass ein Neugeborenes über- haupt nach irgendetwas anderem als einem kleinen Bündel
runzeliger Haut aussehen konnte. Ganz geheuer war ihm die Vorstellung, ein Kind zu haben, immer noch nicht. Tief in sei- nem Inneren spürte er, dass es nur Grace war, der seine Liebe galt.
Doch Grace liebte das Kind - sie hatte es schon geliebt, be- vor es geboren war. Er hatte es in ihrem Gesicht sehen kön- nen und in dem Ausdruck stiller Ergriffenheit, der sie erfasste, wann immer sie auf ihren wachsenden Bauch geblickt hatte.
„Kann ich sie sehen?", fragte er Victoria.
„Geben Sie uns noch ein paar Minuten, damit wir Mutter und Kind ein wenig frisch machen können. Danach können Sie für einen Besuch heraufkommen."
Die paar Minuten schienen Ethan wie Stunden zu sein, und er ging unruhig am Fuß der Treppe auf und ab, bis Victoria wieder auftauchte und ihm bedeutete, dass er nun kommen könne.
Er atmete tief durch und eilte die Treppe hinauf.
Ein Kind zu bekommen, dachte er dabei, musste wahrlich das Schlimmste sein, was ein Mann durchzumachen hatte.
23. KAPITEL
„Ihr Sohn, Mylady." Die Amme, eine kräftige Frau mit rotem Haar namens Sadie Swann, hatte einen Cockney-Akzent und ein immer leicht gerötetes Gesicht. „Frisch gewindelt und ge- füttert. Ein süßer Junge, nicht wahr?"
„Danke, Mrs. Swann." Grace stand in dem behaglichen Wohnzimmer im hinteren Teil des Hauses, das ausschließlich der Familie vorbehalten war, nahm ihren kleinen, in Decken gewickelten Sohn entgegen und schmiegte ihn an ihre Brust. Es war Anfang Dezember, und mit jedem Tag wurde das Kind ein wenig größer.
Lächelnd sah Mrs. Swann auf das Baby. „Ganz der Papa, nicht wahr?"
Er hatte wirklich Ethans schwarzes Haar und seine blau- en Augen. Der kleine Andrew würde später sicher einmal wie sein Vater ein teuflisch gut aussehender Mann, dem die Frauen nicht widerstehen konnten.
Doch noch konnte sich die Augenfarbe ändern und sich in das strahlende Grün der Augen seiner Mutter - und seines Großvaters - verwandeln. Grace hoffte, dass dies nicht gesche- hen würde, denn bereits jetzt zeigte Ethan kein besonderes In- teresse an seinem Sohn. Er schien sich mit dem Kind nicht wohl zu fühlen, und Grace wusste nicht, ob dies mit der Ver- wandtschaft des kleinen Jungen zum Viscount zu tun hatte oder ob Ethan einfach unsicher war, wie er sich als Vater ver- halten sollte.
Sie erinnerte sich daran, dass er seinen eigenen Vater schon früh verloren hatte. Vielleicht war ihm seine neue Rolle ein- fach so fremd, dass er nicht wusste, wo und wie er beginnen sollte. Aber ganz gleich, was der Grund sein mochte - Grace war fest entschlossen, etwas daran zu ändern. Sie wusste nur noch nicht wie.
In der Zwischenzeit würde sie erst einmal ihr Versprechen gegenüber ihrem eigenen Vater einlösen und dem Viscount hel- fen. Gleich nach der Geburt des Kindes hatte sie begonnen, sich
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