Martin, Kat - Perlen Serie
denn so schwer zu glauben?" Sie wandte sich von ihm ab. „Bitte, Ethan. Fahren Sie zurück nach London. Sie haben Ihre Pflicht getan, und ich habe Ihr Angebot abgelehnt. Sie können Ihr Leben nun weiterhin wie gewohnt führen."
Er wusste, dass sie Recht hatte - allerdings ahnte er, dass seine Freunde das sicher anders sehen würden. Wenn er woll- te, könnte er frei sein - abgesehen von einer weiteren Last, die sein Gewissen beschweren würde. Aber seit er Grace wieder gesehen hatte, erschien ihm das Leben, welches er in London führte, nicht mehr verlockend.
Sanft legte er seine Hände auf ihre Schultern und drehte sie behutsam zu sich um. „Du musst doch selbst am besten wis- sen, wie grausam es sein kann, unehelich geboren zu werden. Ich bin der Marquess of Belford. Wenn du mich heiratest, wird das Kind mit all den Vorteilen aufwachsen, die mein Stand mit sich bringt."
Lange sah sie ihn an, als versuchte sie, seine Gedanken zu lesen. Aber Ethan hätte selbst nicht genau sagen können, was er wirklich dachte.
„Und wenn das Kind ein Junge wird? Wenn wir verheiratet sind, wird der Junge Ihr Erbe werden. Wollen Sie ernstlich, dass der Enkel eines Verräters einmal den Titel der Belfords trägt?"
Die Vorstellung ließ ihn leicht erschaudern. Dies war einer der Gründe gewesen, weshalb er sich der Heirat so vehement widersetzt hatte. Nun erschien es ihm auf einmal nicht mehr wichtig. Er hatte sich entschlossen, Grace zu heiraten, und er
würde es tun.
„Der Titel hat mir nie etwas bedeutet. Und was immer dein Vater getan hat, so gehört er doch dem Adel an. Ich wüsste also nicht, warum mein Sohn nicht auch mein Erbe werden sollte." Ihre Zweifel spiegelten sich in ihrem Gesicht. Ethan wusste, dass sie überlegte, was wohl für das Kind am besten war. Er er- innerte sich daran, wie freundlich sie mit dem jungen Freddie Barton umgegangen war, und war sich sicher, dass sie eine gute Mutter sein würde.
„Sag, dass du mich heiraten willst", drängte er sie.
Sie wussten beide, dass es die einzige Lösung war, und den- noch ließ sie sich mit ihrer Antwort lange Zeit. „Gut. Ich werde dich heiraten."
Wahrscheinlich war er verrückt, weil er nun auch noch Er- leichterung spürte. Gerade hatte sie zugestimmt, seine Frau zu werden - war das nicht das Letzte, was er gewollt hatte?
„Ich habe uns eine Sondergenehmigung besorgt und bereits mit dem Pfarrer gesprochen. Wir können morgen Nachmittag heiraten."
Lady Humphrey erhob sich nun wieder von ihrem Sofa, auf das sie sich diskret zurückgezogen hatte. Sie lächelte herzlich, als sie ihre Nichte in die Arme schloss.
„Ich freue mich für dich, meine Liebe. Und ich glaube, dass du dich richtig entschieden hast." Sie drehte sich zu Ethan um. „Willkommen in der Familie, Mylord."
Er sah seine Braut an und spürte, wie sein Herz sich zusam- menzog. Zum ersten Mal wurde ihm ganz und gar bewusst, wie sehr er sie tatsächlich vermisst hatte.
Sobald sich das Gesicht Harmon Jeffries' in seine Erinne- rung drängte, verscheuchte er es rasch. Er versuchte sich ein- zureden, dass er das Richtige tat - ganz gleich, wessen Tochter Grace war.
Am Tag ihrer Hochzeit trug Grace das Hochzeitscollier, das seinem Namen nun alle Ehre machte. Sie spürte den Trost, der von den Perlen ausging, die sich sanft an ihre Haut schmieg- ten - und den sie an diesem düsteren, wolkenverhangenen Tag auch bitter nötig hatte.
Sie hatte sich für ein Kleid aus hellgrüner Seide entschie- den, das mit cremefarbener Spitze verziert war und eine hoch- angesetzte Taille hatte. Als sie am Nachmittag mit ihrer Tante
und Lady Tweed das Haus verlassen wollte, legte Phoebe ihr noch einen pelzbesetzten Umhang um die Schultern.
Tante Matildas Kutsche stand vor dem Haus bereit, um sie zu St. Thomas, der Kirche im Herzen der kleinen Stadt, zu brin- gen. Grace schien das unwirtliche Wetter die passende Unter- malung dieser ungewollten Hochzeit zu sein.
Aber wenigstens würde ihre Mutter glücklich sein. Grace hatte ihr heute Morgen einen Brief geschrieben, in dem sie ihr mitteilte, dass sie den Marquess of Belford heiraten würde. Von der unziemlichen Eile und dem Fehlen eines großen Aufgebo- tes abgesehen, würde ihre Mutter vor Freude außer sich sein. Hatte sie nicht immer schon gehofft, dass ihre Tochter in den Adel einheiratete?
Grace wünschte sich, sie könnte nur ein wenig von der Be- geisterung ihrer Mutter verspüren. Unwillkürlich berührte sie die Kette an ihrem Hals, dachte an die
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