Martin, Kat - Perlen Serie
leise auf, weil sie sah, dass er geradewegs in den Salon ging, in dem ihre Tante saß.
O mein Gott! Sie raffte ihre Röcke zusammen und rannte ihm nach. Aber als sie den Salon erreicht hatte, stellte sie be- stürzt fest, dass die Tür von innen verschlossen war.
„Ist das wirklich nötig, Mylord?"
Grace' Tante saß auf einem der schon etwas abgenutzt ausse- henden Gobelinsofas vor dem Kaminfeuer und schaute Ethan prüfend an.
„Ihre Nichte hat sich nicht sehr entgegenkommend gezeigt. Ich brauche Ihre Hilfe, um sie zur Vernunft zu bringen."
„Sprechen Sie."
Ethan blieb in der Nähe der Tür stehen. Immer noch staunte er über die Wirkung, die seine kurze Begegnung mit Grace auf ihn gehabt hatte. Wie hatte er nur ihre Macht über ihn verges- sen können? Ein Blick in ihre strahlend grünen Augen erfüllte ihn mit einem schmerzlichen Verlangen. Er begehrte sie, selbst wenn er wusste, dass es falsch war.
„Wie Sie sicher wissen, hat Grace drei Wochen an Bord mei- nes Schiffes, der Sea Devil, verbracht. Während dieser Zeit sind wir ... uns näher gekommen. Grace erwartet mein Kind, um genau zu sein. Ich bin gekommen, damit wir heiraten kön- nen."
Die alte Frau saß still da und sah ihn ruhig an. „Tatsäch- lich?", fragte sie schließlich.
„Sie scheinen nicht überrascht zu sein."
„Über Grace' Zustand? Nein, das bin ich nicht. Nur dass Sie hier sind und sich Ihrer Verantwortung stellen - das überrascht mich außerordentlich."
„Vielleicht könnten Sie mir das erläutern."
„Ich weiß schon seit einigen Wochen, dass Grace enceinte ist. Sie müssen wissen, dass es bestimmte Anzeichen gibt, die einer Frau nicht entgehen. Ich habe immer darauf gewar-
tet, dass sie sich mir anvertrauen würde, damit ich ihr helfen kann."
„Grace wird Ihre Hilfe nicht mehr brauchen, wenn sie einen Gatten hat, der sich um sie kümmert."
Der Servierwagen mit dem Teegedeck stand neben der Ba- roness, aber sie bot ihm nichts an. „Sind Sie wirklich Mar- quess?", fragte sie stattdessen. „Grace meinte, dass Sie ein Pirat seien."
„Ich stand als Freibeuter im Dienst der britischen Krone. Als mein älterer Bruder starb, wurde ich Marquess of Belford."
„Dann könnten Sie Grace also ein Leben bieten, wie sie es verdient hat."
„Grace und dem Kind würde es an nichts mangeln."
„Meine Nichte kann sehr eigensinnig sein. Zwar glaube ich, dass es für sie am besten wäre, den Vater ihres Kindes zu heira- ten, doch überzeugen müssen Sie sie schon selbst."
Lady Humphrey erhob sich, ging zur Tür und schloss auf. Es war offensichtlich, dass Grace gelauscht hatte, denn sie fiel förmlich in den Salon, als ihre Tante die Tür öffnete.
Ethan musste lächeln, und er stellte fest, dass er dies schon lange nicht mehr getan hatte - nicht, seit Grace sein Schiff ver- lassen hatte.
Im klaren Licht des Vormittags sah sie wunderschön aus, ih- re ganze Haltung drückte indes Abwehr aus, und sie blickte ihn herausfordernd an. Doch gerade diese Willensstärke und ihr Mut im Angesicht der Gefahr hatten ihn von Anfang an fas- ziniert.
Er würde sie nie vergessen können.
Erneut spürte er den Zauber, dem er bei ihren früheren Begegnungen erlegen war, und der Gedanke, sie wieder in sei- nem Bett zu haben, begann ihn zu erregen. Glücklicherweise verbarg sein Gehrock das Anzeichen seiner übereilten Vor- freude.
Leise fluchend wandte er sich zu Grace um, die ihn finster ansah. „Ihre Tante meint, dass ich Sie selbst davon überzeugen muss, mich zu heiraten. Was wäre Ihrer Ansicht nach die beste Vorgehensweise, um mein Ziel zu erreichen?"
Eine ihrer fein gezeichneten Augenbrauen schoss in die Hö- he. „Das kann nicht Ihr Emst sein."
„Aber natürlich. Eigentlich sind Sie doch eine ausgespro- chen intelligente junge Frau. Was soll ich also sagen, um Sie
wieder zur Vernunft zu bringen?"
„Ich glaube das einfach nicht! Es gibt nichts, was Sie sagen könnten. Haben Sie mir nicht unlängst erklärt, dass mein blo- ßer Anblick Sie stets daran erinnern würde, wie mein Vater Ihre Mannschaft in den Tod geschickt hat? Wie können Sie nur erwägen, eine Frau zu heiraten, die solche Gefühle in Ihnen auslöst?"
Genau diese Frage hatte er sich auf seiner Reise nach Scar- borough wieder und wieder gestellt. „Manchmal passieren Dinge, die nicht vorhersehbar sind und alles verändern. Ihr Kind ist auch meins. Und ich würde ihm gerne meinen Namen geben."
„Sind Sie wirklich ein Marquess?"
Er schmunzelte leicht. „Ist das
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