Martin, Kat - Perlen Serie
Augen leuchteten auf einmal Sterne auf, und ihr Körper schien sich von innen he- raus zu entzünden und in Flammen zu stehen. Eine Welle des reinsten Glücks trug sie davon, und es war, als würde sie schwe- ben. Tief aus ihrem Inneren hörte sie ein ersticktes Schluchzen kommen.
Als Ethan kurz darauf Erfüllung fand und sich in ihr ver- strömte, spürte sie, wie wunderbar es war, dass sie die Frucht seiner Liebe bereits in sich trug, und zum ersten Mal empfand sie bei dem Gedanken eine tiefe Freude.
Sie war mit dem Vater ihres Kindes verheiratet, und bald würden sie eine Familie sein. Sie würde ihm helfen, die Vergan- genheit ruhen zu lassen und wieder glücklich zu werden.
Zusammen kosteten sie die letzten Wogen der Leidenschaft aus, lagen umschlungen und lauschten dem Sturm, der drau-
ßen um das Haus heulte, und den Wellen, die sich an den Klip- pen brachen. Wenig später liebten sie sich erneut, und vor Son- nenaufgang vereinigten sie sich ein weiteres Mal.
Danach fiel Grace in einen tiefen, zufriedenen Schlaf.
Als sie aufwachte, war Ethan verschwunden.
Phoebe betrat das Zimmer und brachte Grace' Frühstück. Die junge Frau lächelte, errötete zunächst ein wenig und dann schon etwas mehr, als sie das smaragdgrüne Seidenhemd auf- hob, das in der letzten Nacht achtlos zu Boden gefallen war. „Guten Morgen, Mylady." Phoebes dunkelbraunes Haar glänzte in dem hellen Sonnenlicht, das durch die Fenster fiel. Sie stellte das Tablett mit der heißen Schokolade und den klei- nen Kuchen auf dem Bett ab. „Seine Lordschaft wartet bereits unten. Ich soll Ihre Sachen packen und Ihnen behilflich sein, sich für die Reise zurechtzumachen. Sobald wir so weit sind, wird das Schiff auslaufen."
Der Gedanke, dass Phoebe sie begleiten würde, beruhigte Grace ein wenig. Sie trank ihre Schokolade und zwang sich, auch etwas von dem Kuchen zu essen, doch war sie so nervös, dass sie das Frühstück kaum genießen konnte. In Gedanken war sie bei Ethan und fragte sich, wie er ihr an diesem Morgen wohl begegnen würde.
Phoebe half ihr in ein taubengraues Kleid mit scharlachro- ten Paspeln und steckte ihr das geflochtene Haar zu einer einfa- chen Frisur auf. Dann griff Grace auch schon ungeduldig nach dem passenden grau-roten Hut und eilte aus dem Zimmer. Am Kopf der Treppe blieb sie kurz stehen, atmete einmal tief durch und ging langsam hinunter. Bei Ethans Anblick ver- harrte sie reglos auf den Stufen.
„Phoebe wird sich darum kümmern, dass deine Sachen in die Kutsche geladen werden. Du kannst dich jetzt von Lady Tweed verabschieden, und danach fahren wir zu deiner Tante und holen dein restliches Gepäck."
Grace nickte benommen. Vergeblich wartete sie auf einen freundlichen Blick oder ein Zeichen der Vertrautheit. Ethan be- nahm sich, als wäre sie nicht mehr als eine flüchtige Bekannte. Nun schien er ein völlig anderer zu sein als der Mann, der sie in der vergangenen Nacht geliebt hatte. Grace spürte Beklem- mung in ihrem Herzen.
Sie hatte nie daran gezweifelt, dass er sie begehrte. Doch
nachdem er sie so zärtlich geliebt hatte, war sie davon ausge- gangen, dass er mehr in ihr sah als nur einen verführerischen Körper.
Aber seine unbewegte Miene und der abweisende Ausdruck seiner Augen machten all ihre Hoffnungen zunichte. Sie kann- te die Gespenster der Vergangenheit, die ihn verfolgten und ihrem gemeinsamen Glück im Wege standen. Wie dumm sie ge- wesen war zu glauben, dass es dennoch anders hätte sein kön- nen!
„Du wirst mir sehr fehlen, meine Liebe." Tante Matilda blin- zelte, und eine dicke Träne fiel auf ihr Augenglas, das an einer Kette um ihren Hals hing.
Auch Grace fühlte Tränen in sich aufsteigen. „Ich werde Sie ebenfalls vermissen, Tante Matilda. Aber wenn ich mich erst einmal eingelebt habe ..."
„Du musst mir oft schreiben, Liebes."
„Das verspreche ich Ihnen." Sie umarmten sich noch einmal, dann wandte Grace sich ab. Ethan fasste sie mit überraschen- der Zärtlichkeit um die Taille, bevor er sie zu Lady Tweeds Kut- sche führte, die vor dem Haus wartete.
Im Hafen von Scarborough dümpelte die Sea Devil auf den leichten Wellen. Grace hatte nicht damit gerechnet, den glän- zend dunklen Rumpf des Schiffes oder die hohen weißen Se- gel noch einmal zu sehen, doch nun war es, als sei sie nie fort gewesen. Wie auf ihrer ersten Fahrt wurde sie wieder zur Ka- bine des Captains geführt, während Phoebe für die kurze Reise nach Boston, die keine zwei Tage dauern würde, die Kabine von
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