Martin, Kat - Perlen Serie
verbracht hatten?
Bei der Erinnerung stieg ihr das Blut heiß in die Wangen. Wie sehr sie es doch vermisste, in Ethans Armen zu liegen! Es fehlte ihr so sehr, ihn zu küssen und seine Liebkosungen zu spüren.
Grace seufzte in der Stille des Salons. Sie waren zwar verhei- ratet, aber Ethan beharrte darauf, dass sie keine gemeinsame Zukunft haben konnten. Mit ihr glücklich zu werden schien
ihm ein Verrat an seinen Männern zu sein, die - seiner Überzeu- gung nach - ihr Vater auf dem Gewissen hatte.
Die Vergangenheit stand zwischen ihnen und würde sich wo- möglich nie überwinden lassen.
Eines war jedoch klar - solange er ihr aus dem Weg ging, würde es ihr nicht gelingen, seine Liebe zu gewinnen.
Am nächsten Morgen ließ sie sich von Phoebe in ein sonnen- gelbes Musselinkleid helfen, das mit kleinen Rosen bestickt war und ihre Schönheit sehr vorteilhaft zur Geltung brachte, weil es die goldenen Strähnen in ihrem rotbraunen Haar leuch- ten ließ.
Grace fand ihren Gemahl im Frühstückszimmer, wo er den Chronicle las und gedankenverloren auf seinem Teller mit po- chierten Eiern und gebratenen Nierchen herumstocherte. Sein Haar war noch feucht von seinem morgendlichen Bad und glänzte wie schwarze Seide. Um seinen Mund sah sie einen sehr sinnlichen Zug ... Sobald er ihrer gewahr wurde, stand er auf und setzte seine übliche beherrschte Miene auf.
„Du bist schon früh wach."
„Wie du dich vielleicht erinnerst, stehe ich gerne zeitig auf." Doch je mehr das Kind in ihr wuchs, desto mehr Schlaf schien sie zu brauchen. „Ich wollte dich um einen Gefallen bitten." Argwöhnisch zog er seine dunklen Augenbrauen zusammen. „Was für einen Gefallen?"
„Victoria wollte mit mir zusammen ein Kleid für den Ball aussuchen. Aber ihr Kind kommt ja bald zu Welt, und heute Morgen hat sie sich ein wenig unwohl gefühlt. Ich wollte dich fragen, ob du mich stattdessen beim Einkaufen begleiten könn- test."
Seine hellen Augen blickten misstrauisch. „Ich verstehe nicht viel von Frauenkleidern."
Grace lächelte. „Ich kann mich erinnern, dass du mir schon einmal welche gekauft hast - nur diesmal sollte das Kleid viel- leicht ein wenig anderer Art sein."
Als er schmunzelte, war es Grace, als habe sie bereits einen gewaltigen Sieg errungen.
Schnell fasste er sich wieder. „Lady Percy könnte dich beglei- ten."
„Claire ist vollauf mit den Vorbereitungen für den Ball be- schäftigt. Aber sie hat mir die Adresse einer Schneiderin ge- geben, die gerade sehr en vogue ist. Es würde sicher nicht lan- ge dauern."
Noch immer sah Ethan aus, als würde er gleich Nein sagen. „Wie es dein Wunsch war", fuhr sie deshalb schnell fort, be- vor er Gelegenheit hatte zu antworten, „werde ich nur noch wenige Wochen hier sein. Es wäre sicher nicht zu viel verlangt, wenn du dich in dieser Zeit etwas entgegenkommender zeigen würdest."
Er wusste selbst, dass es von ausgesprochen schlechten Ma- nieren zeugen würde, wenn er seine schwangere Frau nur in Be- gleitung ihrer Kammerzofe zum Einkaufen schickte, und fügte sich daher widerstrebend in sein Los.
„Gut, ich komme mit. Aber vorher musst du etwas essen. Setz dich. Solltest du mittlerweile nicht schon Appetit für zwei haben?"
Ihr wurde ganz warm ums Herz. „Ja ... den habe ich auch." Und auf einmal merkte sie, wie hungrig sie war.
Ethan rückte ihr den Stuhl neben dem seinen zurecht und ging zur Anrichte, um ihr von den herrlich duftenden Speisen aufzufüllen.
Nachdem sie ihren Teller leer gegessen hatte, stippte sie auch noch das restliche Schinkenfett mit einem Stück Brot auf. Beim Aufsehen bemerkte sie, dass ihr Mann sie mit einem belustigten Lächeln betrachtete.
„Du isst ja wirklich für zwei."
Grace sah auf ihren Teller, und ihre Wangen röteten sich. „Ja, mir scheint, mein Appetit hat deutlich zugenommen."
„Das ist sicher gut so. Komm jetzt, wir sollten langsam auf- brechen. Ich glaube, dass Frauen beim Einkaufen immer län- ger brauchen, als sie vorher denken."
Oh, es wird sogar noch länger dauern, als du denkst, dachte Grace. Wir werden den ganzen Tag damit verbringen.
Ethan konnte es kaum glauben. Irgendwie war es seiner raffi- nierten Frau doch tatsächlich gelungen, ihn zu überreden, mit ihr einkaufen zu gehen! Und das Schlimmste daran war, dass er jede Minute genoss.
Claires Rat folgend, suchten sie zunächst das elegante Mode- geschäft in der Bond Street auf.
„Wir haben Sie schon erwartet, Mylady", empfing Madame Osgood sie. Die
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