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Marx, my Love

Marx, my Love

Titel: Marx, my Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Grän
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vereitelt! Sie wird zum Arzt gehen, morgen, und fünfzig Euro in die Sammelbüchse geben, die am Eingang aufgestellt ist. Für die erfolglosen polnischen Frauen und um die Götter gnädig zu stimmen.
    Wenn Fjodor endlich aufhört zu singen, gibt es Tee und Vodka, Buletten und selbstgebackene Kuchen. Sie haben ein Buffet aufgebaut, das verlockend aussieht. Nur nichts versäumen: Ist das ein Lebensmotto? Sibylle findet langsam, dass die Jagd nach dem, was Gelegenheit oder Chance genannt wird, sehr ermüdend ist. Wenn sie nichts ausgelassen hat von dem, was im Angebot war, weshalb hat sie dann das Gefühl, dass die Party immer woanders stattfand? Anna in ihrer wunderbaren Trägheit glaubt an die Macht des Schicksals: Ein Schiff wird kommen, und man muss nur am Hafen stehen und warten. Mit offenen Augen, aber ohne hektische Bewegungen. Nun, was ist gekommen? Ein Mann, der ihr ein blaues Auge verpasst hat. Sibylle würde winken, schreien, dem Schiff entgegenschwimmen…
    Leider gibt es hier keine Männer, die ihre maritime Fantasie beflügeln. Frauen, immer nur Frauen. Die Blondinen in der letzten Reihe sind zu schön, um als lesbische Alternative infrage zu kommen. Sibylle hat nie zu den Sternen gegriffen, sondern sich das genommen, was im Angebot war. Aber hier und heute ist es erotische Ramschware.
    Fjodor hat seinen letzten Ton hervorgestoßen, und nach einigen Sekunden andächtigen Schweigens braust der Applaus auf. Die bärtige Pianistin hat sich erhoben, und die beiden verbeugen sich wiederholte Male vor dem Publikum. »Bitte keine Zugabe«, flüstert Anna, und ihr Wunsch wird erfüllt, weil das Licht erlischt. Sibylle hat sich immer im Dunkeln gefürchtet. Was ist, wenn sie blind wird? Sie fühlt Annas Hand, die ihre umfasst. Freundinnen sind das Salz des Lebens, und Männer der Zuckerguss, der manchmal bitter schmeckt. Sie hört Schritte und Stimmen in der Dunkelheit, jemand entzündet eine Kerze, und dann wird es wieder hell.
    »Es werde Licht«, sagt Fjodor und anschließend den viel schöneren Satz, dass das Buffet eröffnet sei. Es wird sogleich belagert, und Anna kämpft sich durch und kommt mit Vodka in Wassergläsern zurück. »Ein wunderbarer Abend«, sagt sie ohne erkennbare Ironie und prostet Sibylle zu. »Geht es dir besser?«
    »Nein. Und was treibst du so?«
    »Nichts. Warten auf Aufträge. Zurzeit verfolge ich die Spur eines verschwundenen Rennrades. Sie verläuft sich.«
    »Und die Mordsache?« Sibylle schluckt den warmen Vodka mit Widerwillen. »Gab es keinen Schampus?«
    »Wir sind bei den erfolglosen Frauen, Teuerste. Und im Stark-Fall habe ich nichts verloren. Die Kripo wird’s schon richten, immerhin war es ein prominentes Opfer.«
    »Die Klobürste prangt auf allen Titelseiten. Du solltest den Mörder zur Strecke bringen, Anna. Das bringt Ruhm. Und wenn du erst mal im Fernsehen bist, rennen sie dir die Bude ein. Ich glaube, man darf hier nicht rauchen.«
    Anna schaut von Sibylle auf ihre Zigarette. »Das glaub ich nicht.«
    Sibylle zeigt auf ein Verbotsschild neben der Tür. Anna raucht weiter. »Hab ich nicht gesehen.«
    »Kunst und Anarchie sind ein Liebepaar. Du darfst die Schweine rauslassen, Anna.« Fjodor spricht seine Version der deutschen Sprache, und er hat die Blondinen im Arm, als er sich zu Anna und Sibylle gesellt. Ihre Schönheit lässt ihn noch hässlicher erscheinen, denkt Anna und gratuliert ihm zu seinen Sangeskünsten. Die Groupies strahlen unter einer zu dicken Schminkschicht, hier und jetzt erscheint jeder im Raum glücklich. Er stellt Joy und Marilyn vor, das seien natürlich Künstlernamen. Die Mädchen kämen aus Polen und seien zurzeit in Berlin beschäftigt. »Und das ist Anna Marx, eine große Detektivin. Und Sibylle, die Restaurantkönigin von Berlin.«
    Sie lächeln mit perfekten Zähnen. Sie sind so schön, dass es wehtut. Anna und Sibylle sehen sich an und denken den Satz, der als Motto nichts taugt: Das Leben ist nicht fair.
    Fjodor flüstert Anna ins Ohr: »Die Mädchen haben ein Problem, ein kleines nur, weshalb sie hier anwesend sind. Sie arbeiten für meinen geliebten Onkel.« Diese Verwandtschaft ist ihm unangenehm, aber er kann sie nicht aus der Welt schaffen. Wenn überhaupt, würde Onkel Wanja ihn aus der Welt schaffen. Der Mann hat keinen Respekt vor Künstlern.
    »Als Prostituierte?«, flüstert Anna zurück.
    »Na ja, in groben Zügen. Sie bedürfen deines Rats als Kriminologin. Aber du sprichst am besten mit Marilyn. Joy kann nur ein bisschen

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