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Mary Poppins

Mary Poppins

Titel: Mary Poppins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela L. Travers
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sagte Jane. »Kannst du sie sehen?«
    »Nei – ein«, sagte Michael und starrte hinaus. »Keinen Schimmer von ihr. Sie ist fort.«
    »Ich hoffe nur, daß sie ihn findet!« sagte Jane und stellte sich vor, wie die Rote Kuh durch die Welt wanderte und nach einem Stern suchte, den sie sich ans Horn stecken könnte.
    »Ich auch!« sagte Michael. Da hörte er Mary Poppins zurückkommen und machte rasch den Vorhang zu.
6. Kapitel
    Ein schlimmer Dienstag
    Nicht lange danach erwachte Michael eines Morgens mit einem ganz merkwürdigen Gefühl. Gleich, als er die Augen aufschlug, wußte er, daß irgend etwas nicht stimmte, aber er fand nicht heraus, was es eigentlich war.
    »Was ist heute, Mary Poppins?« fragte er und schob die Bettdecke fort.
    »Dienstag«, antwortete Mary Poppins. »Geh und laß dir das Bad einlaufen. – Beeil dich!« setzte sie hinzu, als er keine Anstalten traf, aufzustehen. Er drehte sich um und zog sich die Bettdecke über den Kopf. Und das sonderbare Gefühl nahm zu.
    »Was habe ich gesagt?« sagte Mary Poppins in dem kalten, bestimmten Ton, der immer ein Warnsignal war.
    Michael wußte jetzt, was mit ihm los war. Er wußte, daß ihn etwas zwang, unartig zu sein.
    »Ich mag nicht«, sagte er langsam. Seine Stimme klang dumpf unter der Bettdecke hervor, Mary Poppins zog ihm die Decke weg und sah auf ihn herunter.
    »Ich mag nicht!«
    Er wartete gespannt, was sie tun würde, und war überrascht, als sie wortlos ins Badezimmer ging und selber den Hahn aufdrehte. Er nahm sein Handtuch und ging, als sie herauskam, hinein. Und zum erstenmal in seinem Leben badete Michael allein.
    Er wußte nun, daß er in Ungnade gefallen war, und unterließ es daher, sich hinter den Ohren zu waschen.
    »Soll ich das Wasser auslassen?« fragte er so patzig wie möglich.
    Es kam keine Antwort.
    »Dann eben nicht!« sagte Michael, und der heiße, schwere Druck auf seinem Herzen verstärkte sich und wurde immer schwerer. »Mir soll’s gleich sein.«
    Danach zog er sich an, nahm aber seine besten Sachen, die, wie er genau wußte, nur für sonntags da waren. Und dann ging er hinunter und bumste dabei mit dem Fuß ans Treppengeländer – etwas, was er auch nicht durfte, weil es alle Leute im Haus aus dem Schlaf weckte. Auf der Treppe begegnete er Ellen, dem Zimmermädchen, und stieß ihr im Vorbeigehen die Heißwasserkanne aus der Hand.
    »Du bist ein Schussel!« sagte Ellen und bückte sich, um das Wasser aufzuwischen. »Das war das Rasierwasser für deinen Vater.«
    »Ich hab’s mit Absicht getan!« sagte Michael seelenruhig.
    Ellens rotes Gesicht wurde ganz weiß vor Überraschung.
    »Auch noch mit Absicht? – Dann bist du ein ganz abscheulicher Bengel, und ich werd’s deiner Mama sagen.«
    »Sag’s doch!« sagte Michael und ging weiter die Treppe hinunter.
    Ja, so fing’s an, und den ganzen Tag ging’s dann so weiter. Das heiße, schwere Gefühl inwendig ließ ihn die ärgsten Sachen anstellen, und sobald er eine Untat verübt hatte, fühlte er sich richtig glücklich und froh und zu einem neuen Streich aufgelegt.
    In der Küche bearbeitete Mistreß Brill einen Kuchenteig.
    »Halt, junger Mann«, sagte sie, »du kannst die Schüssel noch nicht auskratzen, soweit ist es noch nicht.«
    Da schob Michael den Fuß vor und gab Mistreß Brill ordentlich eins gegen das Schienbein, so daß sie den Teigroller fallen ließ und laut aufjammerte.
    »Du hast Mistreß Brill mit dem Fuß gestoßen? Unsere gute Mistreß Brill? Ich schäm mich für dich!« sagte seine Mutter später, als Mistreß Brill ihr alles haarklein erzählt hatte. »Gleich bittest du sie schön um Verzeihung! Sag, es tut dir sehr leid, Michael.«
    »Es tut mir gar nicht leid. Froh bin ich. Warum hat sie auch so dicke Beine!« Und ehe die Mutter ihn am Schlafittchen packen konnte, rannte er über die Küchentreppe in den Garten. Dort stolperte er durchaus nicht zufällig über Robertson Ay, der mitten in der schönsten Alpenflora in tiefem Schlaf lag. Robertson Ay nahm es sehr übel.
    »Ich sag’s deinem Papa!« rief er drohend. »Und ich werde ihm sagen, daß du heute morgen die Schuhe nicht geputzt hast«, entgegnete Michael, ein bißchen erschrocken über sich selbst. Bisher hatten er und Jane immer Robertson Ay in Schutz genommen, weil sie ihn gern hatten und ihn nicht verlieren wollten.
    Aber der Schrecken dauerte nicht lange, und bald begann er zu überlegen, was er jetzt anstellen sollte. Und gleich fiel ihm etwas ein.
    Durch die Spalten des Lattenzauns

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