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Mary Poppins

Mary Poppins

Titel: Mary Poppins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela L. Travers
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entdeckte er Andy, Miß Larks Andy, der drüben wählerisch am Rasen herumschnüffelte und sich die besten Grasspitzen aussuchte. Michael lockte Andy leise zu sich her und gab ihm einen Keks aus seiner Tasche. Während Andy ihn behaglich zerkaute, band er seinen Schwanz mit einer Schnur am Zaun fest. Dann lief er davon, und Miß Larks erbostes Kreischen gellte ihm nach, während sein Herz schier zersprang unter dem aufregenden Druck des Kloßes in seinem Innern.
    Die Tür zu seines Vaters Zimmer stand offen – denn Ellen hatte soeben die Bücher abgestaubt. Das verlockte Michael, etwas Verbotenes zu tun. Er ging hinein, setzte sich an seines Vaters Schreibtisch und begann mit seines Vaters Feder das Löschpapier vollzukritzeln. Auf einmal stieß er mit dem Ellbogen gegen das Tintenfaß und warf es um, und Stuhl und Schreibtisch und Federhalter und sein eigener Sonntagsanzug waren über und über voll blauer Tintenflecke. Es sah schrecklich aus, und Michael bekam Angst, was nun passieren würde. Aber gerade zum Trotz machte er sich nichts daraus – es tat ihm nicht ein bißchen leid.
    »Das Kind muß krank sein«, sagte Mistreß Banks, als Ellen – die unversehens ins Zimmer kam und ihn entdeckte – ihr den letzten Streich berichtete. »Michael, du bekommst jetzt einen Löffel Feigensirup.«
    »Mir fehlt nichts. Mir ist wohler als dir!« sagte Michael.
    »Dann bist du einfach unartig«, sagte seine Mutter, »und mußt deine Strafe bekommen.«
    Es dauerte nicht lange, und Michael stand samt seinem beklecksten Anzug in einer Ecke des Kinderzimmers, mit dem Gesicht zur Wand.
    Jane versuchte, mit ihm zu reden, als Mary Poppins gerade nicht herschaute, aber er wollte nicht antworten und streckte ihr die Zunge heraus. Nun kamen John und Barbara an die Reihe. Sie rutschten auf dem Boden zu ihm hin, griffen nach seinen Schuhen und jauchzten dabei. Aber er stieß sie unsanft beiseite. Und die ganze Zeit freute er sich seiner Boshaftigkeit und hätschelte sie, als wäre sie sein Liebstes, und nichts bekümmerte ihn.
    »Ich will nicht brav sein!« sagte er laut vor sich hin, als er beim Nachmittagsspaziergang im Park hinter Mary Poppins, Jane und dem Kinderwagen herzottelte.
    »Trödle nicht!« sagte Mary Poppins und schaute sich nach ihm um. Aber er trödelte weiter und schlurfte mit den Schuhen übers Pflaster, damit die Sohlen ordentlich abgeschabt wurden.
    Auf einmal drehte Mary Poppins sich um und sah ihn an, eine Hand am Griff des Kinderwagens.
    »Du bist heute morgen auf der verkehrten Seite aus dem Bett gestiegen!«
    »Das bin ich nicht«, erwiderte Michael. »Es gibt gar keine verkehrte Seite an meinem Bett.«
    »Jedes Bett hat eine richtige und eine verkehrte Seite«, sagte Mary Poppins nachdrücklich.
    »Meins nicht – es steht an der Wand.«
    »Das ist gleich. Es hat trotzdem zwei Seiten«, lachte Mary Poppins.
    »Nun, ist dann die linke oder die rechte Seite die verkehrte? Ich bin nämlich auf der rechten Seite aus dem Bett gestiegen, wie kann es dann verkehrt sein?«
    »Beide Seiten waren heute morgen verkehrt, Mister Besserwisser.«
    »Aber mein Bett hat nur eine Seite, und wenn ich an der rechten heraus bin – «, widersprach er hartnäckig.
    »Noch ein Wort von dir – «, fing Mary Poppins an, und sie sagte es in so drohendem Ton, daß Michael ein bißchen ängstlich wurde. »Noch ein Wort, und ich werde – « Sie sagte nicht, was sie tun würde, trotzdem beschleunigte er seine Schritte.
    »Benimm dich doch anständig!« wisperte Jane.
    »Und du sei still!« gab er zurück, aber so leise, daß Mary Poppins es nicht hörte.
    »So, mein Lieber, du gehst jetzt schneller – vor mir, bitte«, sagte Mary Poppins. »Ich habe keine Lust, dich länger hinterhertrödeln zu lassen. Du tust mir einen Gefallen, wenn du vorausgehst.« Sie schubste ihn nach vorn. »Und dort liegt etwas auf dem Weg, das glitzert und funkelt. Ich wäre dir dankbar, wenn du hingingst und es aufheben und mir herbringen würdest. Vielleicht hat jemand seinen Schmuck verloren.«
    Widerwillig, weil er doch nicht wagte, es nicht zu tun, schaute Michael in die Richtung, in die sie deutete. Richtig – dort lag etwas Glitzerndes auf dem Weg. Aus der Entfernung sah es sehr verlockend aus. Es funkelte, als wollte es ihm zuwinken. Er ging weiter, drehte und wandte sich ein wenig, ging so gemächlich, wie er nur konnte und tat, als ob er nicht nachsehen wollte.
    Endlich erreichte er die Stelle, bückte sich und hob das glitzernde Ding auf. Es war

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