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Mary Poppins

Mary Poppins

Titel: Mary Poppins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela L. Travers
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verrückten Redensarten«, sagte John. »Ich glaube, ich werde die Großen nie verstehen! Sie kommen mir alle so dumm vor. Sogar Jane und Michael sind manchmal dumm.«
    »Hm«, stimmte Barbara zu und zog gedankenschnell ihre Söckchen aus und wieder an.
    »Zum Beispiel verstehn sie kein Wort von dem, was wir sprechen«, fuhr John fort. »Aber, was noch viel schlimmer ist, sie verstehen nicht einmal, was die übrigen Dinge sprechen. Erst letzten Montag hörte ich Jane sagen, sie wüßte gern, in welcher Sprache der Wind redet.«
    »Ja, ich weiß«, sagte Barbara. »Es ist erstaunlich. Und Michael behauptet immer – hast du’s nicht gehört? – , daß der Star nur >Wi-twi-i-i< sagt. Er weiß, scheint’s, gar nicht, daß der Star so etwas bestimmt nicht sagt, sondern genau die gleiche Sprache spricht wie wir. Natürlich ist nicht zu erwarten, daß Vater und Mutter das wissen – die haben keinen Schimmer, obgleich sie sehr lieb sind – aber Jane und Michael, sollte man denken – «
    »Früher haben sie’s gewußt«, sagte da Mary Poppins, die gerade ein Nachthemd von Jane zusammenlegte.
    »Was?« riefen John und Barbara wie aus einem Munde und sehr erstaunt. »Wirklich? Du glaubst, früher haben sie den Star verstanden, und den Wind und…«
    »Und die Bäume und die Sprache des Sonnenlichts und der Sterne – natürlich haben sie’s verstanden. – Früher!« bestätigte Mary Poppins.
    »Aber – wieso haben sie dann alles vergessen?« fragte John, zog seine Stirn in Falten und versuchte, es zu begreifen.
    »Aha!« sagte der Star und blickte verständnisvoll vom letzten Rest seines Zwiebacks auf, »das möchtet ihr wohl gerne wissen?«
    »Nur weil sie älter geworden sind«, erklärte Mary Poppins. »Barbara, sei lieb und zieh schnell deine Söckchen wieder an!«
    »Das ist ein dummer Grund«, sagte John mit einem unfreundlichen Blick.
    »Es ist aber der wahre«, sagte Mary Poppins und zog an Barbaras Knöchel die Söckchen hoch.
    »Dann sind eben Jane und Michael dumm«, beharrte John. »Ich werd’s nicht vergessen, wenn ich älter werde, das weiß ich bestimmt!«
    »Ich auch nicht!« sagte Barbara, die zufrieden an ihrem Finger lutschte.
    »Doch, ihr werdet’s vergessen!« sagte Mary Poppins fest.
    Die Zwillinge setzten sich auf und sahen sie an.
    »Huh!« machte der Star verächtlich. »Sieh mal an. Ich glaub gar, ihr haltet euch für ein Weltwunder. Ihr seid mir die Rechten! Natürlich werdet ihr’s vergessen – genau wie Jane und Michael.«
    »Das werden wir nicht«, sagten die Zwillinge und blickten den Star dabei an, als wollten sie ihn am liebsten umbringen.
    Der Star lachte sie aus:
    »Wenn ich’s euch sage! Natürlich ist es nicht eure Schuld«, fuhr er freundlicher fort. »Ihr werdet’s vergessen, weil ihr halt nicht anders könnt. Noch nie hat ein Menschenkind sich daran erinnern können, sobald es älter war als ein Jahr, allerhöchstens – mit einer Ausnahme, versteht sich: SIE.« Damit drehte er ruckhaft den Kopf und warf Mary Poppins über die Schulter weg einen Blick zu.
    »Aber wieso kann sie sich erinnern und wir sollten’s nicht können?« fragte John.
    »Ja-a-a! Sie ist etwas anderes. Sie stellt die große Ausnahme dar. Mit ihr könnt ihr euch nicht vergleichen«, sagte der Star und lachte sie aus.
    John und Barbara verstummten, und der Star fuhr fort:
    »Seht ihr, sie ist etwas Besonderes«, erklärte er. »Nicht dem Aussehen nach, versteht sich. Am ersten Tag schon ist eins meiner neugeborenen Jungen hübscher, als es Mary Poppins je war… «
    »So eine Unverschämtheit!« rief Mary Poppins erbost, fuhr auf ihn los und schlug mit ihrer Schürze nach ihm. Aber der Star hüpfte beiseite und flog auf den Fensterrahmen hinauf. Dort war er außer Reichweite und pfiff schadenfroh.
    »Glaubtest wohl, du hättest mich diesmal, gelt?« höhnte er und schüttelte seine Schwungfedern.
    Mary Poppins schnaufte wütend.
    Das Sonnenlicht setzte seinen Weg durchs Zimmer fort und zog seinen langen, goldenen Strahl hinter sich her. Draußen hatte sich ein leichter Wind erhoben, der den Kirschbäumen auf dem Weg leise etwas zuraunte.
    »Horcht, horcht, was der Wind erzählt«, rief John und wandte lauschend den Kopf. »Und das können wir nicht mehr hören, wenn wir erst älter sind? Ist das dein Ernst, Mary Poppins?«
    »Hören werdet ihr’s wohl«, sagte Mary Poppins, »aber nicht mehr verstehen.«
    Hier fing Barbara leise zu weinen an. Auch John kamen die Tränen.
    »Nun, da ist nichts zu

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