Mary Poppins
nachts immer draußen?« fragte Michael.
»Nein – nur wenn der Geburtstag auf den Vollmond fällt. Aber ihr müßt mich entschuldigen, ich muß auf das Tor achtgeben.« Und der Bär wandte sich um und machte sich am Drehkreuz zu schaffen.
Jane und Michael gingen, die Billetts in der Hand, in den Zoo hinein. Im Schein des Vollmonds waren jeder Baum, jede Blume und jeder Strauch zu erkennen. Auch die Häuser und Käfige hoben sich ab.
»Da ist ja allerhand los!« bemerkte Michael.
Und so war es auch. Auf allen Wegen liefen Tiere umher, manchmal in Gesellschaft von Vögeln, manchmal allein. Zwei Wölfe überholten die Kinder und sprachen eifrig auf einen großen Storch ein, der mit zierlich leichten Schritten zwischen ihnen stolzierte. Im Vorübergehen verstanden Jane und Michael deutlich die Worte »Geburtstag« und »Vollmond«.
Nicht weit von ihnen schlenderten nebeneinander drei Kamele einher, und dort wanderten ein Biber und ein amerikanischer Geier, tief ins Gespräch versunken. Den Kindern kam es vor, als redeten sie alle über das gleiche Thema.
»Wer heut wohl Geburtstag hat, möcht ich wissen«, sagte Michael, aber Jane lief weiter und hatte nur Augen für ein besonderes Schauspiel.
Vor dem Elefantenkäfig ging auf allen vieren ein großer, sehr dicker, alter Herr. Auf seinem Rücken waren hintereinander zwei schmale Sitzpolster festgeschnallt, auf denen sich acht Affen schaukelten.
»Hier ist ja alles auf den Kopf gestellt!« rief Jane.
Der alte Herr warf ihr im Vorbeigehen einen ärgerlichen Blick zu.
»Auf den Kopf gestellt!« schnaufte er. »Ich? Auf den Kopf gestellt? Ganz gewiß nicht. So eine Frechheit!« Die acht Affen lachten ungezogen.
»O bitte, ich hab nicht Sie gemeint, sondern – das alles hier«, wollte Jane erklären und lief ihm nach, sich zu entschuldigen. »An gewöhnlichen Tagen reiten die Menschen auf den Tieren, und hier ist es umgekehrt. Das meinte ich.«
Aber der alte Herr blieb dabei, es sei eine Frechheit, und setzte, mühsam nach Luft schnappend, mit den kreischenden Affen auf dem Rücken seinen Weg fort. Jane sah, es hatte keinen Zweck, ihm zu folgen. So nahm sie Michael an der Hand und ging weiter. Da wurden sie plötzlich durch eine Stimme erschreckt, die sie dicht vor ihren Füßen anrief: »Kommt her, ihr beiden! Kommt her! Will mal sehen, ob ihr nach ein paar Orangenschalen taucht, die ihr gar nicht haben wollt!« Es war eine verbitterte, böse Stimme, sie kam von einem kleinen, schwarzen Seehund, der aus dem mondbeschienenen Wasser eines Tümpels nach ihnen schielte.
»Kommt nur her und seht, ob ihr das möchtet!« rief er.
»Aber – wir können ja gar nicht schwimmen«, sagte Michael.
»Das ist gleich, das hättet ihr vorher bedenken sollen! Niemand denkt daran, ob ich schwimmen kann oder nicht. Na, was gibt’s denn? Was willst du?«
Mit dieser Frage wandte er sich an einen anderen Seehund, der aus dem Wasser aufgetaucht war und ihm etwas ins Ohr geflüstert hatte.
»Wer?« fragte der erste Seehund. »So sprich doch deutlicher!«
Der andere Seehund flüsterte wieder. Jane verstand: »Besondere Besucher – Freunde von – « und dann nichts mehr. Der erste Seehund schien enttäuscht, trotzdem aber sagte er höflich zu Jane und Michael:
»Oh, bitte um Entschuldigung! Erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen! Bitte, verzeihen Sie!« Und er hielt ihnen seine Flosse hin und schüttelte ihnen beiden schlaff die Hand.
»Kannst du nicht sehen, wohin du trittst, oder ist das zuviel verlangt?« rief er, als jemand Jane anbumste. Sie drehte sich auf den Absätzen um und fuhr erschrocken zurück, als sie einen riesigen Löwen vor sich stehen sah. Die Augen des Löwen leuchteten freudig auf, als er sie erblickte.
»Oh, ich muß sagen – «, fing er an. »Ich hab nicht gewußt, daß ihr es seid. Hier ist es heute nacht so überfüllt, und ich hab es so eilig, weil ich die Menschenfütterung sehen will. Ich fürchte, ich habe nicht genug auf den Weg geachtet. Kommt ihr mit? Ihr solltet euch das nicht entgehen lassen!«
»Vielleicht«, sagte Jane artig, »wenn Sie uns den Weg zeigen wollen?« Sie fühlte sich dem Löwen gegenüber etwas unsicher, obwohl er ganz freundlich aussah. Und überhaupt, dachte sie, heute nacht steht hier alles kopf.
»Sehr angenehm!« sagte der Löwe ein wenig geziert und reichte ihr den Arm. Sie nahm ihn, zog aber Michael dicht neben sich, der Sicherheit halber. Er war ein runder, dicker, kleiner Junge, und schließlich, dachte sie, Löwe
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