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Mary Poppins

Mary Poppins

Titel: Mary Poppins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela L. Travers
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einsah.
    »Es wird auch Zeit, daß wir heimgehen.«
    Da! Nun hatte sie’s gesagt! Und sie hatten doch so gehofft, sie würde es noch nicht sagen.
    »Nur noch fünf Minuten«, bettelte Jane.
    »Bitte, bitte, Mary Poppins! Du siehst so reizend aus mit deinen neuen Handschuhen!« sagte Michael listig.
    Aber obwohl Mary Poppins das sehr gern hörte, ließ sie sich nicht erweichen.
    »Nein!« Sie klappte hörbar den Mund zu und ging ohne Zögern zur Tür.
    »Oje!« seufzte Michael, »wenn sie doch nur einmal >ja< sagen wollte!« Und er folgte ihr, ächzend unter der Last seiner Pakete.
    Aber Mary Poppins eilte weiter, und sie mußten mit. Der Weihnachtsmann winkte ihnen nach, die Feenkönigin auf dem Christbaum und all die andern Puppen lächelten betrübt, als wollten sie sagen: »Nimmt mich denn niemand mit nach Hause?« Und die Flugzeuge schlugen mit den Flügeln und baten mit vogelähnlicher Stimme: »Laßt mich fliegen! Oh, laßt mich fliegen!«
    Jane und Michael liefen davon, taub gegen alle die betörenden Stimmen. Sie konnten nicht verstehen, warum ihnen in der Spielzeugabteilung die Zeit so schrecklich rasch vergangen war.
    Aber als sie zum Ausgang gelangten, geschah das Unerwartete.
    Sie wollten sich gerade durch die Drehtüre schieben, als sie auf der Straße die flimmernde Gestalt eines Kindes dahinrennen sahen.
    »Schau doch!« sagten Jane und Michael wie aus einem Munde.
    »Du meine Güte! Lieber Himmel!« rief Mary Poppins und blieb stehen.
    Das war kein Wunder, denn das Kind hatte kaum etwas an, nur ein leichtes Fähnchen aus lichtblauem Stoff, das so aussah, als habe das Kind es vom Himmel gerissen und rasch übergeworfen.
    Jane und Michael merkten gleich, daß das Kind nicht viel von Drehtüren verstand. Es lief immer rundum, konnte nicht schnell genug gehen und lachte lustig, weil es sich gefangen sah und immer im Kreis laufen mußte. Doch plötzlich befreite es sich mit einer leichten, schnellen Bewegung, sprang heraus und stand mitten zwischen den Auslagen.
    Auf den Fußspitzen blieb es stehen, wandte den Kopf hierhin und dorthin, so, als suche es jemand. Endlich entdeckte es voller Freude Jane, Michael und Mary Poppins, die halb versteckt hinter einem riesigen Tannenbaum standen. Vergnügt lief es auf sie zu.
    »Ach, da seid ihr! Wie lieb, daß ihr gewartet habt! Ich fürchte, ich komme ein bißchen spät!« Das Kind streckte Jane und Michael seine schimmernden Ärmchen entgegen. »Nun?« – es legte den Kopf auf die Seite. »Seid ihr nicht froh, daß ich da bin? Sagt ja! Sagt doch ja!«
    »Ja!« sagte Jane und lächelte. Sie fand, man konnte nur froh sein, wenn jemand so strahlend und glücklich war. »Wer bist du denn?« fragte sie neugierig.
    »Wie heißt du?« erkundigte sich auch Michael und staunte das Kind an.
    »Wer ich bin? Wie ich heiße? Ihr wollt doch nicht etwa behaupten, daß ihr mich nicht kennt? Besinnt euch doch…« Das Kind schien ein wenig erstaunt und enttäuscht. Es wandte sich plötzlich zu Mary Poppins und berührte sie leicht mit den Fingern.
    »Sie kennt mich! Nicht wahr? Ich weiß bestimmt, daß du mich kennst!«
    Auf Mary Poppins’ Gesicht lag ein seltsamer Ausdruck. Jane und Michael entdeckten in ihren Augen ein blaues Licht. Es war, als spiegelte sich in ihnen das leuchtende Kleidchen des Kindes.
    »Fängt es – fängt es mit einem >M< an?« flüsterte sie.
    Das Kind tanzte vor Freude.
    »Natürlich mit einem >M< – und du weißt es. MAJA! Ich bin Maja!« Sie wandte sich wieder an Jane und Michael.
    »Jetzt erkennt ihr mich aber, gelt? Ich bin die zweite in den Plejaden. Elektra – das ist die Älteste – konnte nicht kommen, weil sie Merope hüten muß. Merope ist das Baby, und wir andern fünf dazwischen – lauter Mädchen. Unsere Mutter war zuerst sehr enttäuscht, daß sie keinen Jungen bekam, aber jetzt macht sie sich nichts mehr daraus.«
    Das Kind tanzte ein paar Schritte und sprudelte dann wieder mit heller, aufgeregter Stimme hervor:
    »Oh, Jane! Oh, Michael – ich habe euch oft vom Himmel aus zugeschaut, und nun kann ich wirklich mit euch sprechen! Ich weiß alles von euch! Michael läßt sich nicht gern die Haare bürsten, und Jane hat in der Marmeladenbüchse auf dem Kaminsims ein Drosselei stehen. Und euer Vater bekommt schon eine Glatze. Ich habe ihn so gern. Er hat uns zuerst miteinander bekannt gemacht – wißt ihr noch? Letzten Sommer sagte er eines Abends:
    >Seht, das dort sind die Plejaden! Sieben Sterne im ganzen, die kleinsten am Himmel.

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