Maschinenkinder
?«
»Schätze schon.«
Schäfer nahm einen tiefen Lungenzug, um dann den halb aufgerauchten Stummel auf die Fliesen zu knallen; kleine Funken sprühten weg. »Ich hatte ihm doch gesagt, dass ich diesen Müll nicht anfasse.«
»Es ist seine Sendung, Liebling«, flötete die Assistentin; sie stieß die Garderobentür ganz auf – Gemurmel von draußen, hinter ihr eilige Schatten. »Er sagt: ›Spring‹, und du fragst …«
»... wie hoch«, ergänzte Schäfer mit säuerlicher Miene. Seine Narben brannten. »Also gut, ich rede noch mit ihm. Wird aber knapp werden, drei Minuten und wir sind on air.«
»Braver Junge«, sagte Natalie lächelnd und drehte sich um. »Er steht im Nebengang zur Bühne, du kannst ihn gar nicht verpassen.«
»Großartig.« Ein letzter, prüfender Blick in den Spiegel. »Wie sehe ich aus, Süße?«
»Wie immer blendend. Okay, viel Glück!«
Nachdem Schäfer die Kippe ausgetreten hatte, folgte er Natalie auf den Korridor hinaus, wo ein hektisches Treiben herrschte; Kabelträger, Beleuchter und andere Handlanger der Show rannten ohne erkennbares Ziel durcheinander, jeder mit einer noch wichtigeren Aufgabe beschäftigt.
»Ihr Mikro, Herr Schäfer«, rief ein Laufbursche, der vor seiner Garderobe gewartet hatte. Der Quizmaster schenkte ihm keine größere Beachtung, auch nicht, als der Junge versuchte, den Sender an seinem Jackett zu befestigen. Bis zum Ende des Gangs liefen sie Seite an Seite, dann fiel der Laufbursche zurück und wurde von einer Frau abgelöst, die Schäfer rasch die Stirn nachpuderte.
»Schäfer!« Durch den Klang dieser Stimme wurde der Quizmaster aus dem Schritt gebracht. Er suchte das passende Gesicht. »Herr Kosloff«, sagte er süßlich, als er den Produzenten an einer Kaffeemaschine lehnen sah. »Sie sehen fabelhaft aus … trainiert?«
»Kriechen Sie aus meinem Arsch raus, dafür bleibt keine Zeit«, knurrte Kosloff, ein magerer Kerl um die fünfzig: silberne Haare, blaue Augen ohne Falten – alles operiert. »Ich muss mit Ihnen über das hier sprechen.«
»Noch mehr Pferdepisse, was?«
»Eine Hautlotion«, spuckte Kosloff die Antwort hin und hielt ihm eine Flasche vors Gesicht: Elysian – stand auf dem Etikett. »Ist mir scheißegal, wie Sie’s anstellen, aber dieses Produkt wird heute Abend im Scheinwerferlicht funkeln.«
»Herr Kosloff, ich sagte schon, dass ich ...«
Sein Boss löste sich von der Maschine; großspurig kam er her und baute sich vor ihm auf. »Mann, ich bezahle Ihnen ein Gehalt, von dem Sie letztes Jahr noch feuchte Träume hatten. Ihr Arsch gehört mir – Sie werden gefälligst tun, was ich Ihnen auftrage, ansonsten lasse ich einen anderen Quizmaster casten.« Grob drückte er ihm die Flasche in die Hand. »War das deutlich, oder muss ich deutlicher werden?«
Schäfer zeigte sein Lächeln. »Sie werden keinen finden. Außer mir traut sich niemand an die Marionetten .«
»Schwachsinn, für Geld tut jeder alles! Das sollten Sie am besten wissen, Schäfer. Das erleben Sie gleich hautnah … Machen Sie mich stolz.«
»Das Publikum wird mir zu Füßen liegen«, lächelte Schäfer.
»Und ob es das wird«, schnaufte sein Boss und sah auf die Uhr: Zwei Minuten, der Vorhang wartete. »Für Software und Projektor haben wir das halbe Budget verbraten. Aber da überlassen wir nichts mehr dem Zufall, kein Ekel, keine Tränen ... Die erste Sendung hätte zum Desaster werden können, nur weil plötzlich dieses Kind losgeflennt hat. Scheiße, nein, die Hologramme sind ihr Geld wert, Sie werden sehen.« Kumpelhaft gab er Schäfer einen Knuff auf die Schulter. »Los, raus mit Ihnen! Und knöpfen Sie sich diese Frau mit der Verstrahlung vor, die steht kurz vor dem Kollaps und setzt bestimmt ein hohes Pfand.«
»Da wollte ich ansetzen«, sagte Schäfer und lächelte. »Wurde die Dosis der verabreichten Endorphine wieder gesenkt?«
»Nein, die Zuschauerumfragen waren eindeutig: Glückliche Kandidaten wollen sie sehen, keine tragischen Gestalten. Schließlich ist das eine Unterhaltungssendung.«
»Für die ganze Familie, schon klar«, fügte Schäfer hinzu. »Eigentlich sollte die Show in der Sendezeit doch nach hinten rutschten, damit weniger Kinder zuschauen können …«
»Ja, was sich die Moralapostel alles zu Weihnachten wünschen«, grunzte Kosloff. »Das habe ich verhindert; hätte uns Millionen an Zuschauern gekostet. Was ist denn? Zwickt Sie etwa Ihr Gewissen oder …?«
»Quatsch«, konterte Schäfer. Er ließ die Lotion in die
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