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Maschinenmann: Roman (German Edition)

Maschinenmann: Roman (German Edition)

Titel: Maschinenmann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
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verschollen war, zu verfolgen, wie ein Polymer schmolz. Aber ich stand auf und schlüpfte in meinen Kittel, denn das gehörte schließlich zu meiner Arbeit.
    Jason holte das Polymer, während ich mit der Karte Labor 4 betrat und die Zwinge anschaltete. Die Zwinge bestand aus zwei hydraulisch betriebenen Stahlplatten, die Gegenstände festhalten konnten und dabei nicht schmolzen. Ansonsten befanden sich in dem Raum ein Spektrograf, ein Linearbeschleuniger und mehrere mit herabhängenden, armdicken Kabeln verbundene Hilfsapparate. Als ich mit dem Joystick herumruckelte, um die Zwinge in die gewünschte Position zu manövrieren, bemerkte ich Elaine und Katherine, die grün getönt und verschwommen in der Glashalle herumliefen. Ob sie mein Telefon gesehen hatten? Ich hätte sie fragen sollen. Aber ich musste mich konzentrieren, weil sich die Zwinge näherte, und das Ding war so schwer, dass es einem sogar bei einer Geschwindigkeit von einem Zehntelmeter pro Sekunde wehtun konnte. Einmal hatte es mir eine Prellung an der Hüfte verpasst, die erst nach drei Wochen verheilt war. Natürlich war ich selbst schuld. Die Geräte hatten Sicherheitsmargen, aber der wichtigste Schutzmechanismus war das eigene Gehirn. Es galt die Prämisse, dass jeder, der diesen Raum betrat, genug Intelligenz besaß, um sich von allen heißen, scharfen und mit großer Wucht bewegten Gegenständen fernzuhalten. Schließlich waren wir keine Fabrikarbeiter.
    Ich brachte die Zwinge in Stellung und drückte einen Gummischalter, um ihre Platten näher zusammenzuführen. Eine Hupe ertönte, und ein orangefarbenes Warnlicht rotierte dazu. Das war ganz normal und fiel mir gar nicht mehr auf. Während ich wartete, dachte ich an die Frau im Aufzug. Ich hätte ihr von den Fahrstuhlalgorithmen erzählen sollen. Vielleicht hätte es sie interessiert. Vielleicht hätte sie gesagt: Das habe ich gar nicht gewusst, und auf ihrer Etage eine Hand in die Tür geschoben, damit sie sich nicht schloss.
    Plötzlich entdeckte ich mein Telefon. Diesen Anblick hatte ich mir so ausgiebig ausgemalt, dass ich mir meiner Sache eine Sekunde lang gar nicht sicher war. Doch da war es. Es lag auf dem Spektrografen. Natürlich. Ich hatte bis spät gearbeitet und war beim Durchwühlen meiner Taschen nach einem Stift auf das Handy gestoßen, das hier nicht erlaubt war. Aber das alles spielte keine Rolle, weil ich es endlich gefunden hatte. Sofort steuerte ich darauf zu. Als sich meine ausgestreckten Finger gerade darum schließen wollten, streiften meine Schenkel an Metall. Ich senkte den Blick. Ich war in die Zwinge getreten, und die Platten berührten mich. Sie standen enger, als ich es beabsichtigt hatte. Schon vor mehreren Sekunden hätte ich auf den AUS-Knopf drücken sollen. Wie zum ersten Mal drangen der Lärm der Hupe und das kreisende Orangelicht zu mir vor. Ich wich zurück. Eigentlich bestand keine echte Gefahr, denn die Platten bewegten sich zu langsam. Allerdings konnte das täuschen. Die Lücke verkleinerte sich zwar linear, aber relativ gesehen kam das einer Beschleunigung gleich. Meine Schenkel klemmten jetzt. Ich drehte mich zur Seite, um mich hinauszuschieben. Da verfing sich meine linke Sohle. Ich befreite mich, aber dann verfing sich auch die rechte. Ich hatte eine selbstverstärkende Rückkopplungsschleife übersehen: dass die Platten den Bewegungsradius zunehmend einschränkten. Ich hatte zu wenig Spielraum für Fehler gelassen. Als ich zum Sprung in die Freiheit ansetzte, stürzte ich mit dem Gesicht voran auf den Boden. Hastig riss ich ein Bein heraus, aber der rechte Schuh blieb hängen. Ich packte meinen Schenkel und zog. Über der Zwinge glotzten Elaine und Katherine durch das grüne Glas. Zwischen ihnen und mir lag noch immer unberührt mein Telefon.
    Plötzlich spürte ich einen unerträglichen Druck. Meine Eingeweide wollten sich durch die Ohren quetschen. Das damit verbundene Geräusch hörte ich nicht. Die Hupe übertönte alles. Aber ich bemerkte das Sprühen. Es sah schwarz aus im orangefarbenen Schein.
    Wenn die Zwinge in Betrieb war, verriegelte sich das Labor aus Sicherheitsgründen automatisch. Ich musste mein Hemd zerreißen, um die Blutung zu stillen. Dann robbte ich über den Boden, bis ich die Steuerung erreicht hatte. Ich möchte ganz ehrlich sein. Die Schreie waren ziemlich laut. Schließlich fanden meine Finger den AUS-Knopf. Die Hupe verstummte, das Orangelicht erlosch. Ich schloss die Augen. Ich war kurz davor, mich zu übergeben oder

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