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Maschinenmann: Roman (German Edition)

Maschinenmann: Roman (German Edition)

Titel: Maschinenmann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
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mit Servoantrieb und Lithiumakku. Als der Hummer drauf und dran war, mich plattzuwalzen, versetzte ich ihm einen Tritt. Er wurde auf zwei Räder hochgerissen, die anderen beiden rauschten knapp an meinem Kopf vorbei. Betrunkene zwanzig Meter weit schlitterte er dahin, immer knapp vor dem Umkippen wie im Zirkus. Als er auf das Gebäude von Better Future zueierte, erkannte ich, dass der Fahrer vor zwei Aufgaben stand, die sich gegenseitig ausschlossen: das Auto wieder auf vier Räder zu holen und nicht in ein Konferenzzimmer im Erdgeschoss zu rasen. Es war eine echte Entweder-oder-Entscheidung, aber der Fahrer versuchte beides, und so krachte der Hummer im Dreißiggradwinkel gegen das Gebäude und bohrte sich zur Hälfte hinein. Über dem Rasen breitete sich explosionsartig eine Wolke aus Glasscherben und Ziegelstaub aus.
    Sicher konnte man behaupten, dass das alles kaum mein Verdienst war. Mein Beitrag beschränkte sich darauf, dass ich auf keinen Fall überfahren werden wollte. Den Rest erledigten die Contours: das Einstemmen eines Beins auf dem Boden, das präzise abgestimmte Ausholen, die Entladung der richtigen Menge an Kraft. Andererseits war es mein Code. Zwar hatte ich nicht an diese bestimmte Situation gedacht, als ich ihn schrieb, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass die Anweisungen von mir stammten. So betrachtet war es durchaus mein Verdienst, mehr jedenfalls als bei jemandem, dem sein Körper von ganz allein gewachsen war. Also richtete ich den Blick nach oben. Ich ortete Lolas Balkon und sprang.
    An meinem Gesicht flitzte Glas vorbei. An meinen Kleidern zerrte der Wind. Ich schloss die Augen, biss die Zähne zusammen und versuchte, nicht zu sterben. Es fühlte sich nämlich an wie eine Nahtoderfahrung. Als die g-Kraft nachließ, öffnete ich die Augen, um zu erkennen, ob ich mich vielleicht einem Ort näherte, wo ich überleben konnte, und sah, wie meine Hufe in fünf Zentimetern Abstand über ein Balkongeländer sausten. Ich landete sanft, als wäre ich von der niedrigsten Sprosse einer Leiter gestiegen. Natürlich begriff ich die physikalischen Zusammenhänge. Aber trotzdem. Hektisch saugte ich die Luft ein. Ich war nicht gestorben. Ich betrachtete die Contours. Noch nie hatte ich so viel Liebe für einen Gegenstand empfunden.
    Die Balkontür glitt auf. »Charlie!« Lola kam aus der Suite.
    Ich war auf dem richtigen Balkon gelandet. Räumliches Orientierungsvermögen, ja, das hatte ich. Drinnen bemerkte ich überall Katzen in Laborkitteln. Unter anderem Jason und Mirka. Auch die Schwester war da. Hastig eilten sie aus dem Zimmer.
    Lola stürzte auf mich zu. »Hast du das gerade gespürt? Ich glaube, das war ein Erdbeben!«
    »Das war ich.«
    Lola beugte sich über den Balkon. »Wie bist du hier raufgekommen? Bist du gesprungen? Bist du gesprungen? «
    »Wir müssen hier weg.«
    »Wo kommt der Rauch her?«
    »Lola, wir müssen so schnell wie möglich von hier weg. Es ist wichtig.«
    »Okay.« Sie nahm meine Hand. Die biologische. »Ich wusste, dass du zurückkommst. Ich wusste es.«
    Ich spähte in die Suite. Alles leer. Diese verdammten Katzen. Dann wurde mir klar, dass ich nicht hinunterspringen konnte. Nicht zusammen mit Lola. Wenn meine Beine den Boden berührten und die Bremswirkung einsetzte, würde Lola ungefähr tausend Kilo wiegen. »Oh. Wir haben ein Problem.«
    »Was denn? Verschwinden wir.«
    »Ich kann dich nicht halten.«
    »Natürlich kannst du.« Sie streckte die Arme aus. »Ich bin doch klein.«
    »Wenn wir landen, wiegst du so viel wie ein Auto.« Als ich ihr verständnisloses Gesicht bemerkte, fügte ich hinzu: »Ich kann nichts dafür. Das ist die Physik.« Ich beäugte meine Metallfinger. Mit den richtigen Armen wäre es wahrscheinlich machbar gewesen.
    »Blutest du?«
    »Ach ja.« Ich zeigte ihr meinen Bizeps. »Ich bin beschädigt worden.«
    »Du meinst verletzt.«
    »Was hab ich gesagt?«
    »Du …« Sie schüttelte den Kopf. »Was ist denn passiert?«
    »Sie haben auf mich geschossen.«
    »Wer?«
    »Die Firma. Wachleute.«
    »Nein!«
    »Doch.«
    »Warum um alles in der Welt sollten sie das tun, Charlie?«
    »Ich hab den Vorstandsvorsitzenden getreten.«
    Lolas Augenbrauen hüpften. »O nein.«
    »Es war ein Unfall.«
    »Was meinst du mit Unfall?«
    »Erklär ich dir später.«
    »Hat es ihn schlimm erwischt?«
    »Ähm …«
    »Die haben hier wirklich gute Ärzte. Vielleicht …«
    »Er ist tot.«
    »O Charlie.«
    »Es tut mir leid.« Damit meinte ich, dass ich Lola

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