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Maschinenmann: Roman (German Edition)

Maschinenmann: Roman (German Edition)

Titel: Maschinenmann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
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Körper verletzt.
    »Ich finde …«, begann sie.
    Diese auseinandergebauten Komponenten bedeuteten nicht, dass ich sie reparierte. Ich hatte die Contours lediglich demontiert, weil mir nichts anderes einfiel. Ich wollte das Problem aufdröseln, bis ich irgendwo ansetzen konnte. Nur so konnte ich auf eine Lösung hoffen.
    »Ich finde es unfair, dass du dich benimmst, als wäre es meine Schuld.«
    »Es ist nicht deine Schuld.« Ich schaute sie nicht an, weil ich nicht von der Wahrheit meiner Worte überzeugt war.
    »Sie haben es mir eingesetzt.« Sie machte einen Schritt nach vorn, und ihr Fuß landete neben einem neunzig Zentimeter langen Titanabschnitt, der einmal die Ebenenstabilisierung gesteuert hatte. Die Schwierigkeit war, dass so viele Dinge maschinengeschweißt waren. Mit konventionellem Werkzeug konnte ich sie gar nicht öffnen. »Sie haben mir was in die Brust reingesetzt und mir nichts davon erzählt.«
    Fast hätte ich es geschafft, es nicht zu sagen. »Du hättest dich beruhigen können.«
    »Ich hätte mich beruhigen können.«
    »Ja.«
    »Ich hab’s doch versucht, Charlie.«
    Ich hob einen Ringbolzen auf. Ich war mir nicht sicher, wo er herstammte. Anfangs hatte ich mir Notizen gemacht. Diese Sorgfalt hätte ich bis zum Ende aufwenden sollen.
    »Mein Herz wollte einfach nicht langsamer werden. Es …«
    »Was ihren Körper angeht, sind die Menschen sehr wählerisch«, teilte ich dem Bolzen mit. »Immer wenn ihr Körper was Gutes macht, nehmen sie es für sich in Anspruch. Ich habe das getan, heißt es dann. Aber sobald was schiefläuft, ist nicht mehr von ich die Rede. Es ist ein Problem mit dem Fuß. Mit der Haut. Plötzlich wollen sie es nicht mehr gewesen sein. Es ist der Körper, in dem sie feststecken.«
    »Was soll das heißen?«
    »Nichts.« Ich ließ den Bolzen in der Hand hin und her rollen. »Nur eine Beobachtung.«
    Stille. Mit einem leisen Klick schloss sich die Tür .
    Unter dem Bett entdeckte ich ein Skateboard und hievte mich darauf. So konnte ich mit einer funktionierenden und einer halb nutzlosen Hand in äußerst langsamem Tempo dahineiern. Es war schwierig und demütigend, aber machbar. Als ich sicher war, dass niemand da war, öffnete ich die Tür und schob mich vorsichtig hinaus in den Flur. Auf halbem Weg zum Bad trabte ein Hund heran und setzte sich auf die Fliesen. Mir war klar, dass er mir nicht hätte helfen können, selbst wenn er gewollt hätte, dennoch empfand ich seine Untätigkeit als unhöflich. Ich schleppte mich ins Bad und schloss die Tür. Mein Atem ging schwer und abgehackt. Meine Kondition hatte unglaublich nachgelassen. Ich setzte die Halbhand auf den Toilettensitz und die ganze Hand (die jetzt die gute war) auf die Bank daneben. Dann spannte ich mich an. Meine Armmuskeln zitterten wie verängstigte Gören. Bevor ich auf den Toilettensitz plumpste, küssten meine Lippen Porzellan, aber das war mir egal, weil ich zumindest einen Fortschritt erzielt hatte. Mühsam stemmte ich mich hoch und begann voller Stolz zu urinieren.
    Als ich aus dem Bad kam, saßen draußen drei Hunde. Sie schienen weder ängstlich noch neugierig. Sie waren einfach nur da. »Husch!« Ich tat, als würde ich mich auf sie stürzen. Einer erhob sich, schaute die beiden anderen an und ließ sich fast verlegen wieder nieder. Sie kommunizierten telepathisch. Als Individuen waren sie dumm, doch zusammen bildeten sie eine gemeinsame Intelligenz. Ein Schwarmbewusstsein. Und dieses Bewusstsein führte etwas im Schilde. Es sammelte Beobachtungsdaten für den späteren Gebrauch. Während ich zurück ins Kinderzimmer rollte, spürte ich die bohrenden Blicke des Überhunds im Rücken.
    Bei der Arbeit redete ich mit meinen Bauteilen. Zum Beispiel hob ich eine Spiegelplatte auf und fragte: »Und was hast du für ein Problem?« Oder bei Betrachtung eines Strahlungsschutzes: »Du brauchst ein Lichtbogenschweißgerät, nichts anderes.« Sie antworteten nicht. Ich war nicht verrückt. Es war nur eine Form der Konzentration. Doch manchmal hörte ich vor der Tür Schritte und erkannte, dass das ein Außenstehender vielleicht nicht so ohne Weiteres begriff.
    Ich bedauerte meine Äußerung gegenüber Lola. Das sagte ich auch den Contours. »Sie hat versucht, sich zu beruhigen.« Es war schon spät am Abend, nachdem ich stundenlang frustriert Transistoren auseinandergeklaubt hatte. »Sie wollte nicht, dass ihr sterbt.« Dann schlang ich die Arme um mich und weinte, weil ich wirklich müde war.
    Am nächsten Tag

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