Masken der Lust (German Edition)
da lag es, auf seinem Nachttisch. «Stimmt ja. Du meinst das da.» Sie zeigte mit dem Löffel darauf. «Irgendwie hat mich das Buch neugierig gemacht. Was dagegen, wenn ich mal reinschaue?»
Er zögerte, woraufhin sie den Löffel auf einer Serviette auf dem Tablett ablegte. «Ich werde es nicht verschmieren, keine Sorge.»
Als sie es in Händen drehte, stellte Sarah überrascht fest, dass der Titel auf dem Einbanddeckel schwach zu glühen schien, und sah genauer hin. Das graue, durch den Nebel und die Raffrollos vor den Fenstern gefilterte Licht wirkte sich bemerkenswert auf die Buchstaben auf dem alten Einband aus. Sie schlug das Buch auf und blätterte es durch. Einige ursprünglich leere Seiten waren mit Anmerkungen bekritzelt, die sie nicht lesen konnte. Die strophenartigen Zeilen auf den bedruckten Seiten sahen wie Lyrik aus, aber nicht ein Wort darin ergab einen Sinn.
Marco nahm es ihr wieder ab und schaute streng drein. «Ich will nicht, dass du es liest.»
«Entschuldige. Ich kann es gar nicht lesen. Kein Problem also.» Sein Tonfall verstörte sie. Sie hatte doch nur herumgealbert. Er hatte gesagt, es sei ein Buch der Zaubersprüche und Beschwörungen – glaubte er, sie werde ihn verhexen?
Er klappte es zu und legte es auf den Nachttisch zurück. «Wollen wir Abendessen gehen?»
«Ich bin nicht hungrig, nicht nach den ganzen Süßigkeiten. Außerdem könnte es wieder regnen. Wir könnten ebenso gut hierbleiben und miteinander schlafen.» Sie stürzte ein drittes Glas Prosecco hinunter und ließ sich in die Kissen zurückfallen. «Okay, drei sind meine Obergrenze. Nimm mich.»
«Hmmm.» Er stützte sich links und rechts von ihr mit den Händen ab und bediente sich an dem Kuss, den sie ihm anbot. Sie schlang die Arme um seinen Hals und sah verführerisch zu ihm auf.
«Ah, Sarah», sagte er leise. «Du bist viel zu bezaubernd für meine Seelenruhe. Und ich will wirklich wieder mit dir schlafen –»
Sie legte einen Finger auf seine Lippen, wollte ihn zum Schweigen bringen und loslegen und fragte sich für den Bruchteil einer Sekunde, ob er sie von dem Buch abzulenken versuchte. Doch dann ließ sie den Gedanken ganz und gar fallen, als er ihre Hand fortwischte.
«Und wieder und wieder und wieder», sagte er, rollte sie auf den Bauch und klatschte ihr auf den Arsch. «Dass uns das Wieder nie ausgehen möge.»
Sie vergrub das Gesicht in den Kissen und kicherte. Er küsste erst eine Arschbacke, dann die andere, wälzte sie mit ruppiger Zärtlichkeit auf den Rücken und knurrte, während er an ihrem Brustkorb knabberte. Es kitzelte, sodass sie in Gelächter ausbrach.
«Nun, ich habe Hunger, auch wenn du keinen hast. Wir müssen etwas zu Abend essen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich sonst die Ausdauer für eine weitere Nummer habe.»
«Trink noch etwas von dem Prosecco», sagte sie und hob den Kopf. «Draußen ist es kalt. Und feucht.»
Er griff nach der Flasche und leerte sie unter Verzicht auf das Glas. Sie verfolgte die Bewegung seines Adamsapfels, als er alles hinunterschluckte.
«Ahhh», gab er von sich und erlaubte sich einen Schluckauf. «Da. Die Flasche war aber kalt.» Er rieb mit seinen kühlen Händen über ihren nackten Bauch, und sie kreischte auf. « Cara mia , machst du einen Krach. Soll ich etwa aufhören?»
Sie trommelte mit den Fäusten auf ihn ein. «Ja!»
Er streckte sich neben ihr aus und fuhr ihr mit einer Hand durchs Haar. «Unsere Leidenschaft wird uns warm halten, hm?»
Sarah schnaubte, doch insgeheim liebte sie das Süßholzgeraspel. Sogar noch mehr als Süßigkeiten. «Ich bekomme die Decke.» Sie kuschelte sich darin ein, aber er machte es ihr nicht nach.
«Faulpelz. Wie kann ich dich zum Ausgehen überreden? So schlecht ist das Wetter gar nicht. Lass uns doch mal nachsehen.»
Er streckte einen Arm aus, griff nach der Schnur des Raffrollos vor dem Fenster gleich neben dem Bett und zog es hoch. Draußen war der Nebel dichter geworden und schien sich an die Scheibe zu drücken.
«Bitte, ich bin noch nicht bereit für die Wirklichkeit», bettelte Sarah. «Außerdem sieht der Nebel aus, als wollte er zu uns ins Zimmer kommen. Lass das Rollo runter.»
«Da könntest du recht haben», sagte Marco mit neckischem Unterton. «Ich habe ihn heraufbeschworen, weißt du. Die Zeilen, die ich dir im Café vorlas, waren eine Beschwörung der Geister der Lagune. Der Nebel ist ihr Atemhauch.»
«Was für Geister?» Sie sah ihn aus schmalen Augen an.
«Die Venezianer vergangener
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