Masken der Lust (German Edition)
eingehandelt hatte. «Ich kratze, Marco.»
Er ließ ihre Handgelenke nicht los. «Ich weiß. Du hattest deine formvollendeten Klauen in meinem Hintern, als ich dich zum ersten Mal fickte. Das fühlte sich sehr gut an.»
Sarah gab die Gegenwehr auf, war sich auf einmal nicht mehr sicher, ob er es wirklich ernst meinte. War dies bloß eine typische Zankerei auf dem Heimweg von einer Party, und sie wurde getriezt? Sie musterte ihn wachsam, und er gab sie schließlich frei. Doch er behielt sie gleichermaßen wachsam im Auge. «Worum geht’s hier eigentlich, Marco?»
«Du scheinst zu denken, dass alle Männer von Grund auf schlecht sind.»
«Nein, nein, nein. Ich sagte, Venezianer wären –»
Er hob eine Hand. «Kein Anlass, dich zu wiederholen. Doch ich fühle mich gezwungen, die Ehre meines Geschlechts zu verteidigen.»
«Oha. Häng dich bloß nicht zu weit raus.»
Er verschränkte die Arme vor der Brust und empfand eine Antwort als unter seiner Würde.
«Jedenfalls will ich nach Hause. Wenn du nicht nach dem Magier oder dem Buch suchen wirst, werde ich – nun, ich wette, dass ich das Buch finden kann. Es gibt jede Menge Buchläden in Venedig.»
Marco schloss die Augen. «Ich wünsche dir Glück.»
Nach einigen Minuten hatte die Gondel den Palazzo erreicht, und sie kletterte an Marco vorbei, um zuerst auszusteigen. Wahrhaftig war Sarah sich nicht einmal sicher, ob er sie überhaupt hineinließe. Waren Ehefrauen zu jener Zeit nicht bewegliches Eigentum? Und Kurtisanen hatten gar keine rechtliche Stellung. Die Diener würden auf ihn hören, von ihm wurden sie bezahlt, nicht von ihr. Sie konnte weder ihre Sprache, noch hatte sie sich Freunde unter ihnen gemacht, dazu war keine Zeit gewesen.
Sie ging zur Tür, blieb mit dem Rücken zu ihm stehen und hoffte, er werde anständig sein und sie einlassen. Sie konnte auf dem Sofa schlafen und ihm das Liebesnest aus weißer Spitze und Samt überlassen. Zum Henker, sie würde auch bei den Dienern auf Stroh schlafen, wenn’s sein musste.
Marco sprach mit dem Gondoliere in dessen Mundart. Sie wartete und überlegte.
Noch nie hatte sich der Gedanke an eine Rückkehr nach Brooklyn dermaßen gut angehört. Ihr Lieblingscafé auf der Myrtle Avenue kam ihr in den Sinn, und bei der Erinnerung an das rissige Resopal der Tischplatten und die speckigen Kunstlederpolster bekam sie einen Kloß im Hals. Es hatte keinerlei Schick, aber dort aß sie immer ihr Frühstück. Allein.
Er wandte sich um, wollte in den Palazzo eintreten und legte ihr eine Hand an den Rücken, um sie hineinzuführen. Er berührte sie leicht, beinahe … liebevoll. «Geh zu Bett, Sarah.»
Sie hörte den Verdruss in seiner Stimme. «Wo soll ich denn schlafen?»
«Im Bett. Wo sonst?»
«Was ist mit dir?»
Er grinste sie wölfisch an. «Ich habe dich sicher nach Hause geleitet, und jetzt geht’s ins Ridotto zum Spielen und Trinken. Vielleicht werde ich sogar ein williges Weib liebkosen, sollte sich eines finden. Ich verspreche, einen Bogen um die Französinnen zu machen.»
«Du –» Sie hielt sich davon ab, noch mehr zu sagen. Es ging sie nichts mehr an, wohin er unterwegs war, falls es das je getan hatte. Sarah war erschöpft, gereizt und überfordert. Sie raffte ihre schwarzen Satinröcke, stapfte die Marmortreppe hoch, hörte auf halbem Weg das Geräusch der Tür, die geschlossen wurde, und sah nicht einmal nach, ob er wirklich fort war.
Sie schaffte es ins Schlafzimmer, schleuderte ihre Schuhe von sich, warf sich auf die kastanienbraune Samtsteppdecke und wickelte sich in deren üppige Weichheit ein. Sie wollte weinen, konnte es aber nicht. Sie wollte schlafen, aber der Mondschein leuchtete zu den hohen Fenstern herein und machte es schlechterdings unmöglich. Vor allem wollte sie wissen, wie sie ihn zurück in Marco, den Netten, verwandeln konnte. Marco, den Gedankenvollen. Marco, den Empfindsamen. Vermutlich war die Ausführung Marco, der Hengst, noch erhältlich, aber das würde nicht ausreichen.
Unter viel Zerren und Winden knotete sie alles auf, was sie am Leib trug, schälte sich aus den Kleidern, kroch ins Bett und zog sich die Steppdecke über den Kopf. Das besserte nichts an ihrer scheußlichen Stimmung. Außerdem wollte sie auch atmen.
Jemand rieb ihr den Hintern, als draußen die Sonne aufging. Sarah rührte sich kaum, fand zu großen Gefallen an dem Geschehen, um mit dem Träumen aufzuhören und die Augen zu öffnen. Sie lag nackt zusammengerollt da, hatte die Steppdecke
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