Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)
resultierten, sondern real waren und stetig anwuchsen. Und das auch noch beunruhigend schnell.
Schweigend marschierten sie durch den Dschungel. Das Hintereinandergehen erlaubte kein ausführlicheres Gespräch, und Martu hatte ohnehin mit den körperlichen Strapazen zu kämpfen. Auf der Lichtung machten sie halt und setzten sich in den Schatten eines Baumes.
Ferin reichte ihm den Wasserbeutel. »Wir werden nicht mehr weitergehen, es ist noch zu viel für dich.«
Martu nickte und trank. Sein Hemd war durchgeschwitzt, die Haare klebten ihm am Kopf. »Gut. Das nächste Mal.« Er ließ sich zurücksinken und schloss die Augen.
Sie saß da, studierte seine Gesichtszüge und wollte nichts anderes mehr tun als ihn betrachten. Ihre Blicke ruhten auf der verirrten Haarsträhne in seiner Stirn, auf dem Mal unter seinem Auge und dem weichen Schwung seiner Lippen. Sie glitten tiefer, zu seinen bandagierten Armen, den schlanken Fingern, der Rundung seiner Taille. Sie folgten seinen Oberschenkeln bis zu den Stiefeln und kehrten zurück zu seinem Brustkorb, an die Stelle, wo unter dem Hemd seine Narbe verborgen war. In Gedanken hatte sie seine Gestalt nachgeformt und unwillkürlich die Hand gehoben. Als ihr bewusst wurde, was sie tat, hatte sie sie bereits auf seine Brust gelegt.
Er sah sie an. Befangen wollte sie die Hand zurückziehen, da deckte er sie mit seiner zu. Sie spürte den Schweiß und die Hitze seines Körpers, das Klopfen seines Herzens, seinen Atemrhythmus. Sie spürte dieses Etwas zwischen ihnen, und sie wusste, er spürte es auch.
»Das tut gut«, sagte er.
»Ja, hier auch«, hörte sich Ferin flüstern und verwünschte sich sogleich dafür.
Martu setzte sich auf, und sie nahm die Hand weg.
»Was möchtest du wissen?«, fragte er.
Im ersten Moment wollte sich keine einzige Frage in ihrem Kopf bilden, so sehr war sie im Rausch ihrer Empfindungen gefangen. Dabei wollte sie so vieles wissen. Wie er dachte, wie er fühlte, wovon er träumte, was er hasste. Sie wollte ihn kennenlernen, durch und durch.
Er schmunzelte. »Nun? Fällt dir nichts ein?«
»Was ist ein Turaná? Seid ihr Gläubige? Wofür verwendet ihr die Nitas? Und was haben die Arsader damit …«
»Halt, halt«, wehrte er lachend ab. »Eines nach dem anderen. Also: Turaná – so werden die Brüder in Conféas genannt. Wir sind zwar ein Orden, aber nicht das, was du darunter verstehst; wir glauben nicht an Götter oder Himmelsmächte. Wir widmen unser Leben der Wissenschaft, dem Reisen und dem Erkunden fremder Länder und Völker. Die Ausbildung ist streng, man muss viel lernen – lesen, schreiben, fremde Sprachen, Meditation, Kampftechniken und vieles mehr.«
»Kampftechniken?«
»Zu Verteidigungszwecken.« Ein bitterer Zug huschte über seine Lippen. »Damit man sich gegen feindliche Krieger zur Wehr setzen kann.«
»Sie waren in der Überzahl«, sagte Ferin. »Drei gegen einen, und wir saßen …« Seine Brauen hoben sich. »Du hast in der Falle gesessen«, beendete sie den Satz.
»Hm.« Martu riss einen Grashalm aus und zwirbelte ihn zwischen den Fingern. »Nur die Besten können Turaná werden. Jene, die es nicht schaffen, werden Wächter – Turseída – oder übernehmen andere Aufgaben in Conféas. Wir sind eine große Gemeinschaft, die will versorgt werden. Einige führen aber auch ein Leben außerhalb der Veste, das ist durchaus üblich. Ich gehörte keineswegs zu den Besten, ich war nur Mittelmaß. Zu ungeduldig, impulsiv, rebellisch. Na ja. Aber Watov hielt seine Hand über mich. Er ist mein Ziehvater, musst du wissen. Meine Eltern starben früh, ich wuchs in Conféas auf.«
Er zupfte an seinem Hemd. »Schätze, ich brauche demnächst ein Bad. Die Hitze ist sehr ungewohnt für mich.«
»Deine Wunden sind verheilt, es spricht nichts dagegen. Es gibt einen Teich in der Nähe, ich werde ihn dir zeigen.«
Martu nickte. »Es war nicht so, dass ich mich durch die Lehrzeit quälte, im Gegenteil, sie machte mir Spaß. Allein die Arbeit in der Halle der Chroniken: das Lesen, das Sichten alter Schriften und das Transkribieren in unsere Sprache – ich liebe es, wenn die Worte Bilder in meinen Verstand zaubern. Ich kann an allem teilhaben, ohne dabei gewesen zu sein.«
Ferin lächelte. Es war genau, wie er sagte, sie hätte es nicht besser ausdrücken können.
»Als dann unerwartet einer der Turaná verstarb und kein geeigneter Nachfolger zur Stelle war, fiel die Wahl auf mich. Das war eine große Ehre, denn meine Ausbildung
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