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Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)

Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)

Titel: Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Lang
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musste warten, sie hatten Wichtigeres zu erledigen.
    Auch in der Werkstatt brannte noch Licht; es war typisch für ihren Vater, dass er sich zu jeder Tages- und Nachtzeit in seiner Arbeit verkroch. Ferin zog die Tür einen Spalt auf, nacheinander schlüpften sie und Rhys hindurch.
    Najid stand über seine Werkbank gebeugt und wandte ihnen den Rücken zu. Drei Öllampen, die an feingliedrigen Ketten von der Decke hingen, beleuchteten seinen Arbeitsplatz. Dämmerlicht verschluckte den Rest des Raumes, die halbfertigen Spiegel und Rahmen, die Latten aus rohem Holz, die Arbeitstische und Schleifsteine, das Tauchbecken und die Presse, Wassereimer und Farbtöpfe. Ein Schleifgeräusch war zu hören, das Ferin nur zu gut kannte: Ihr Vater schmirgelte an den kunstvollen Schnitzereien eines Rahmens, glättete Kanten und Zacken, bevor er sie vergoldete. Über seinen Händen schwebte eine Staubwolke.
    Ferin wusste immer noch nicht, was sie sagen sollte. Jedes Wort konnte das Falsche sein und alles zerstören. Dabei brauchten sie seine Hilfe doch so dringend. Unsicher trat sie an Najid heran. Er hielt inne, hob den Kopf. Ihre Blicke trafen sich im Spiegel gegenüber der Werkbank. Ganz langsam nahm er die Hand vom Rahmen. Drehte sich um. Seine Finger öffneten sich, und das Schleifpapier segelte wie ein kleines Schiffchen zu Boden.
    »Ferin«, sagte er. Mehr nicht, nur ihren Namen. Seine Stimme verriet keine Verwunderung, in seinen Augen las sie nicht das kleinste bisschen Freude, sie gesund wiederzusehen. Sie blickten so leer und stumpf wie damals, als man sie verhaftet hatte.
    »Vater.« Der Stich in der Brust flammte neu auf, der Schmerz überrollte sie. Vergessen waren Rhys und ihre Freunde, vergessen war der Auftrag. Sie konnte an nichts anderes mehr denken als an ihren persönlichen Verlust. Es war, als hätte es die vielen Tage im Dschungel nicht gegeben. Sie war wieder das Mädchen, das sich selbst nicht kannte, und er war der Mann, der es zugelassen hatte, dass der Gán sie mitnahm.
    Sie maßen sich schweigend. Ungesagte Anschuldigungen hagelten Najid entgegen, und er senkte unter ihrer Last den Blick. Ferin wusste, er hatte sie verstanden.
    Schließlich sah er auf. »Und was machst du hier?«, fragte er, ganz so, als wollte er sich nach Estellas Tagesprogramm erkundigen: Was machst du heute? Schneider oder Pjandar?
    »Was ich hier mache?«, entgegnete sie zornig und bestimmt eine Spur zu laut. Es war ihr egal, am liebsten hätte sie ihm auch noch ins Gesicht geschlagen. In dieses ausdruckslose, schöne Gesicht. »Ich bin deine Tochter! Oder ist dir das entfallen?«
    Fahrig wischte er sich die Hände an seiner Lederschürze ab. »Aber nein …«
    »Und da fragst du mich nicht, wie es mir geht? Wie es kommt, dass ich frei und gesund bin, obwohl sie mich in ein Gefangenenlager transportiert haben? Du willst nicht wissen, wo ich all die Zeit war? Du hast einfach zugesehen«, fuhr sie nach einem tiefen Atemzug fort. Sie musste loswerden, was sie schon so lange belastete. »Du hast nichts gesagt, keinen Ton. Mutter hat geschrien und gefleht, und du hast … nichts getan. Sie haben mich fortgeschleppt, und du hattest nicht den Anstand, irgendetwas zu sagen?«
    »Ich musste meine Familie beschützen.«
    »Deine … Familie? « Ferins Denken zerbrach. »Beschützen? Vor wem? Vor dem Gán? Der Garde? Familie! Und ich, deine Tochter?« Sie polterte zusammenhanglos vor sich hin, und mit jedem Wort verstärkte sich das Gefühl, dass sie auf etwas gestoßen war. Etwas, was er all die Jahre vor ihr verborgen hatte. Was war es nur? »Was war mit mir? Mich hast du nicht beschützt! Zu welchem Zeitpunkt hast du entschieden, dass ich nicht mehr zur Familie gehöre?«
    »Sie hätten uns alle nach Jirab gebracht.«
    »Jirab? Woher weißt du …?« Unzählige Splitter wirrer Erinnerungen purzelten durch ihren Kopf. Sein Blick, als die Gardisten sie aus der Tür führten. Seine besorgte Miene im Pjandar. Ihr Gespräch in der engen Gasse, als er sie warnte. Seine großen Augen, als er sie vor dem Spiegel vorfand, mit den Überresten der Maske im Gesicht. Seine Nervosität in der Bibliothek. Und Bilder von früher, als sie noch klein war. Ihr Vater war ihr stets ein wenig geistesabwesend vorgekommen. Hatte er nicht oft genug ins Leere gestarrt? Nicht reagiert, wenn man ihn ansprach? Sie hatte immer gedacht, das sei ein Zug seines Charakters, doch nun spürte sie, dass mehr dahintersteckte. Aber was?
    »Ferin!« Rhys tippte ihr auf die

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