Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)
aufgegeben, nur sie saß da und badete in Hoffnungslosigkeit.
Ferin würgte sie hinunter und verbannte jeden Gedanken an den Tod aus ihrem Kopf. Rasch verstaute sie den Tiegel, hängte sich den Beutel um die Schulter und machte sich auf die Suche nach Martu.
Vor der Badestube wurde sie fündig. Das Bild, das sich ihr hier bot, widerlegte die Aussage des Gán: eine Reihe toter Gardisten, Dawid, der mit bloßen Fäusten einen Soldaten niederschlug, und Martu, der sich wie ein Berserker auf den Nächsten stürzte, der eben zur Tür hereinwollte.
Erstmals konnte Ferin ihn kämpfen sehen. Geschickt zerrte er den Mann zu sich heran und knallte ihm den Unterarm in die Halsbeuge, worauf dieser umgehend zusammenbrach. Martu stieß ihn beiseite und bückte sich unter dem Degenstich eines weiteren Gardisten weg. Tänzelte vor ihm zurück und lockte ihn ein Stück weit in den Saal. Er täuschte einen Schlag mit der Linken vor und griff mit der Rechten an – ein Toter mehr. Wieder ein Schatten in der Tür, diesmal war es Hoang.
»Kurze Verschnaufpause!«, rief er. »Schätze, sie müssen sich erst sammeln.«
Ferin lief auf Martu zu und barg ihren Kopf an seiner Schulter. Er war verschwitzt und staubig und roch nach Blut. Doch er war am Leben, das allein zählte. Sein Herz pochte an ihrem, und ein paar Schläge genügten, um ihrer Angst die Flügel zu stutzen.
»Geht es dir gut?«, murmelte er in ihr Haar.
»Nein. Und dir?«
»Nicht wirklich.« Er blickte sie forschend an. »Aber du bist unverletzt?«
»Ja. Du auch?«
Er neigte den Kopf, Fäden getrockneten Blutes überzogen seinen Nacken. »Kleine Platzwunde. Ein Stein. Hat aber aufgehört zu bluten.«
»Lass es mich behandeln.«
»Später.« Er nahm ihre Hand. »Komm mit zu Pasim. Sieht schlimm aus, aber vielleicht kannst du noch etwas für sie tun.«
Ferin folgte Martu die fünf Stufen hinunter zum Maskenbecken. Hier war alles verwüstet. Anstelle der mannshohen Mauer, die das Becken umschlossen hatte, reihten sich Berge von Geröll aneinander. Der Beckenrand glich einem löchrigen Gebiss, und die Steinbank, auf der sie vor so langer Zeit gesessen und ihre Maske herbeigerufen hatte, war in zwei Hälften zerschellt. Gerade irrte ein weiterer Lichtstrahl ins Gewölbe, und sie entrannen nur knapp einer Steinlawine. Unverdrossen zog Martu Ferin hinter sich her, sie balancierten über die Beckeneinfassung und kletterten über einen Schutthaufen. Dahinter kauerten ihre Freunde. Pasim lag in Nolinas Armbeuge, die Augen geschlossen, die Gesichtszüge gelöst. Von der Brust abwärts war ihre Kleidung blutgetränkt.
»Nolina?« Ferin hockte sich neben sie. »Pasim?«
Nolina schüttelte den Kopf, strich Pasim sanft über die Stirn. »Vorbei. Ich konnte nichts für sie tun …«
»Doch, das konntest du. Sieh in ihr Gesicht. Sie starb geborgen, in den Armen der Mutter.«
Nolina nickte unter Tränen.
»Bist du verletzt, Nolina?«
»Nein. Aber die anderen. Kümmere dich um die anderen.«
Ferin beugte sich über Kerim, einen untersetzten Pheytaner, der trotz seiner Behäbigkeit nicht ungeschickt im Nahkampf mit dem Dolch war. Ihn hatte es am ärgsten erwischt, und seine Stichwunde im Bauch musste dringend versorgt werden. Während sie sich auf die Heilung konzentrierte, hörte sie Nolina mit Martu sprechen.
»Martu, die Kugel. Ich sollte darauf aufpassen, aber vorhin, als der Gán … da ist sie zu Boden gefallen … und die Scherben …« Sie schluchzte auf. »Sie ist kaputt. Ganz kaputt. Nun kannst du nicht mehr …«
Ferin sah hoch und fing einen langen Blick von Martu auf. Er kniete neben Nolina, sie hatte ihren Kopf an seine Brust gelegt. Unsicher hielt er sie, bedacht darauf, ihr mit seinen Stacheln nicht zu nahe zu kommen.
»Schon gut, Nolina, beruhige dich«, sagte er. »Das ist nicht schlimm. Ich gehöre ohnehin hierher.«
»Hierher? Niemand gehört hierher.«
Er schwieg, und Ferin wandte sich ab. Nolina hatte recht. Sie gehörten alle nicht hierher. Nicht in dieses abartige Chaos. Nicht zu Schmerz und Leid und Tod. Für einen Lidschlag verfluchte sie die tollkühne Idee, die Herrschaft der Masken für immer beenden zu wollen. Wären wir bloß im Dschungel geblieben!, dachte sie voll bitterer Wut. Tamir, Pasim, Jost – sie alle wären noch am Leben. Und Rhys wäre nicht … Was auch immer. Der Gedanke an ihn nahm ihr fast den Atem.
Kerim wand sich unter ihren Händen, und sie erinnerte sich daran, dass jetzt nicht der rechte Augenblick für
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