Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)
den Erdboden. Er steckte fest.
»Sehr gut«, lobte Rhys. »Du bist geschickt.«
»Na, ich weiß nicht.«
Rhys bändigte eine widerspenstige Haarsträhne nach hinten. »Du glaubst nicht wirklich an das, was du tust, hm?«
Ihr wurde heiß. Wie wahr! »Na ja …«
»Na ja – was?«
»Ich kann eben nichts.«
»So ein Unfug! Wer hat dir denn das eingeredet?«
Ferin erwiderte nichts. Was auch? Wie sollte sie ihm erzählen, dass sie ihr halbes Leben in ihrer Kammer zugebracht hatte, um darauf zu warten, dass ihr die Maske die Kraft gab, die sie in sich selbst nicht fühlen konnte?
»Egal«, meinte Rhys. »Ein guter Grund, daran zu arbeiten.« Er hockte sich vor sie hin und nahm das Kissen zwischen beide Hände. »Die Schlange bewegt sich. Du musst sie erwischen, bevor sie dich erwischt.«
»Was?«, rief sie, bestrebt, das Kissen im Auge zu behalten. Vor und zurück zuckte es, hin und her. »Ich werde deine Hände treffen.«
»Nein, bestimmt nicht. Du wirst froh sein, wenn du das Kissen triffst.«
»Eben deshalb. Wenn ich das Kissen nicht treffe, dann deine Hände.«
Rhys legte das Kissen ab und richtete sich auf. »Du hast gesehen, wie ich laufe. Meine Hände sind ebenso schnell.«
»Akur hat dich geschnappt«, gab sie zu bedenken.
»Doch nur, weil ich ihn gelassen habe.«
»Er hat dir den Weg abgeschnitten.«
Er schwieg, starrte sie nachdenklich an. »Du machst dir wirklich Sorgen um meine Hände, oder?«
»Ja, das tue ich.«
Rhys lächelte. »Das ist süß.«
Süß? Ärger regte sich in ihr. Da hockte er vor ihr, mit einem unschuldigen Grinsen im Gesicht – nimmt er jemals etwas ernst? –, und redete davon, dass ihre Vorsicht süß sei!
»Gut«, zischte sie und hob den Dolch. »Es sind deine Hände.«
»Richtig erkannt.« Rhys griff nach dem Kissen.
Eine erfrischende Brise fegte durch den Wald, trieb Blätter und kleine Äste vor sich her, verjagte die lästigen Insekten und sorgte für Erleichterung nach der Hitze des Tages. Es rauschte und knackte in einem fort, in dieser Nacht würde der Wind die Geräusche des Dschungels übertönen.
Die Temperaturen waren schnell auf ein erträgliches Maß gesunken, und so hatten sie entschieden, noch bei Tageslicht Feuer zu machen und das Abendessen vorzubereiten. Die Pheytaner waren müde und hungrig von der Arbeit zurückgekehrt, und seither hockten sie in kleinen Grüppchen im Kreis und ließen sich Ruza und Hase schmecken.
Ferin kaute und schluckte und bemühte sich, nicht nach rechts zu sehen, wo Rhys saß und genüsslich an einem riesigen Stück Fleisch nagte. Ihr Zorn füllte ihr Denken, sie konnte sich einfach nicht beruhigen. Ihre Schulter, ja, ihr ganzer Arm schmerzte bis in die Fingerspitzen.
Wenn sie die Augen schloss, sah sie ihre Hand vor sich, die den Dolch zum Boden führte. Wieder und wieder. Sie hatte das Kissen nicht getroffen, geschweige denn Rhys’ Hände. Er hatte sich königlich über ihre Bemühungen amüsiert, jeden ihrer Stöße mit einem spöttischen Lachen begleitet und sie damit so in Rage gebracht, dass sie anstatt des Kissens seine Hände anvisierte.
Das war der Punkt, den sie Rhys am meisten ankreidete. Wie konnte er nur so leichtsinnig sein? Er muss doch mitbekommen haben, dass ich nicht mehr ich selbst war, ärgerte sie sich. Sie hatte sich nur noch von ihrem Unterbewusstsein leiten lassen, genau wie an dem Tag, als sie den Spiegel zertrümmert hatte. Oder als sie den Gardisten vom Wagen gestoßen hatte. Was war nur los mit ihr? Das war so gar nicht die Ferin, die sie kannte.
Sie wagte einen verstohlenen Seitenblick. Rhys bemerkte es und grinste selbstgefällig zu ihr herüber. Jetzt weidete er sich auch noch an ihrem Ärger! Er war nicht besser als Jasta.
»Möchtest du unseren Unterricht morgen fortführen?«, fragte er zwischen zwei Bissen und hielt sich dabei wohl für unwiderstehlich.
Ferin stellte ihre Schüssel ab. Der Appetit war ihr vergangen. »Ich glaube nicht. Nein.«
»Welchen Unterricht?«, wollte Nolina wissen.
»Ferin übt sich seit heute im Umgang mit dem Dolch«, erklärte Rhys.
»Das ist aber wichtig«, wandte sich Nolina an Ferin. »Du musst dich verteidigen können.«
»Ja«, mischte sich nun auch Tamir ein, der gleich neben Rhys saß. »Nolina und Rhys haben recht. Du musst mit einer Waffe umgehen können, Ferin. Das kann hier im Dschungel dein Leben retten.«
»Ich möchte Rhys nicht verletzen«, erklärte Ferin. Tamir und Nolina auf Rhys’ Seite zu wissen, gefiel ihr gar nicht.
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