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Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)

Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)

Titel: Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Lang
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vorsichtiges Tasten nach dem massigen Körper, der sich vor ihren Füßen ausgestreckt hatte und ab und zu ein tiefes Grollen von sich gab?
    Als sie fühlte, dass ihr Zittern nachließ, ihr Herz sich wieder eines langsameren Taktes besann und ihre Atemzüge ruhiger wurden, ging es ihr ein wenig besser. Ihr Wimmern verebbte, und endlich verstand sie die Worte, die Rhys unaufhörlich in ihr Ohr sagte.
    »Es sind die Tiger«, murmelte er und nahm die Hand von ihrem Mund. »Sie tun dir nichts. Du brauchst keine Angst zu haben. Sie sind unsere Gefährten. Sie besuchen uns. Alles ist gut. Nichts passiert. Es sind nur die Tiger.«
    Tiger, wisperte es in ihrem Kopf. Gefährten. Ihre Gedanken wälzten sich im Gleichklang mit seinen Worten dahin. Lange bewegten sie sich auf dieser Kreisbahn, weigerten sich, auszubrechen und neue Wege zu beschreiten. Sehr lange.
    Dann verstummte Rhys, und Ferins Verstand unternahm den zaghaften Versuch, eigenständige Schlüsse zu ziehen. Gefährten. Was genau sollte sie darunter verstehen? Ein Gefährte war ein Freund. Wie konnte ein Tiger ein Freund sein? Er war ein Raubtier, sein einziger Trieb war, zu jagen und zu töten. Nein, unmöglich konnte es eine Freundschaft zu einem solchen Tier geben.
    Sie hatte niemals einen Freund gehabt. Jemanden, auf den man sich verlassen konnte. Der tröstete, beschützte, half. Jemanden wie … Rhys. Rhys war ein Freund – diese unverhoffte Erkenntnis ließ ihr Herz flattern. Sie lag in den Armen eines Freundes und fühlte sich sicher. Nun, halbwegs sicher. So sicher, wie man sich in zwei Schritt Entfernung zu einem Tiger fühlen konnte.
    Sie wagte kaum, den Blick auf das Tier vor Nolina zu richten. Ganz entspannt lag es da, gab im Rhythmus seiner Atmung seltsam rollende Laute von sich, die sie an das Schnurren einer Katze erinnerten. War es zufrieden? Oder nur friedlich? Weshalb griffen die Tiger nicht an?
    »Gefährten?«, flüsterte sie endlich, als sie ihre vielen Fragen nicht länger für sich behalten konnte.
    »Ja«, raunte Rhys. »Seit ewigen Zeiten schon sind die Tiger Gefährten der Pheytaner, so erzählen es die alten Legenden. Die Tiger begleiten und beschützen uns. Sie wachen über uns. Es ist mit ein Grund, weshalb wir uns im Dschungel so frei bewegen können.«
    Die Tiger waren also Beschützer. Aber konnte man sich auch darauf verlassen? Was, wenn ein Tiger Hunger hatte? Würde er zwischen einem Ruza und einem Pheytaner unterscheiden? Würde er nicht seinem Instinkt folgen?
    »Sie greifen nicht an?«
    »Nein. Niemals.«
    Das klang sehr überzeugt. »Wie … wie oft kommen sie?«
    »Das ist unterschiedlich. Oft lassen sie sich viele Tage nicht blicken, vor allem wenn Fremde zur Gruppe stoßen. Dann wieder tauchen sie gleich mehrmals hintereinander auf.«
    Sein Haar kitzelte an ihrer Wange. Sein Brustkorb hob sich gleichmäßig unter ihrem, ihre Atemzüge passten sich den seinen an.
    »Wie viele gibt es?«
    »Wir kennen sieben verschiedene. Manchmal kommen mehrere, manchmal nur einer allein. Tiger sind Einzelgänger. Dass sie hier im Rudel erscheinen, entspricht nicht ihrem Wesen. Ich denke, es liegt an uns.«
    »Hast du denn gar keine Angst?«
    »Es ist nicht Angst. Es …« Er zögerte. »Es ist Ehrfurcht. Demut. Der Tiger ist ein herrliches Geschöpf. Ein schlauer Jäger. Schnell. Und schön. Wir müssen für die Gnade seiner Zuneigung dankbar sein.«
    Ferin blickte zu Tamir. Bei ihm lag eines dieser Geschöpfe, und er saß still wie eine Statue davor. »Legen sie sich immer so dicht an die Menschen?«
    »Nur wenn sie einen Pheytaner erwählt haben.«
    »Erwählt?«
    »Ja, es kommt vor, dass ein Tiger eine ganz bestimmte Person auswählt, in deren Nähe er sich wohlfühlt. Es ist schwer zu erklären, du musst es dir wie eine intensive Freundschaft vorstellen. Fast wie Liebe. Dieser dort ist Tamirs Gefährte, Rokin. Sie sprechen miteinander, Rokin versteht Tamirs Gedanken und umgekehrt.« Rhys seufzte leicht, und Ferin glaubte eine Art Sehnsucht in ihm zu spüren. »Das hier«, flüsterte er weiter, »ist Loa. Sie ist Akurs Gefährtin. Aber Akur und Nolina … na ja. Ich denke, Loa weiß, dass sie zusammengehören.«
    Akur und Nolina gehörten zusammen? So war das also. Deshalb Nolinas Lächeln, wenn sie von Akur sprach, deshalb das Zögern, als sie vorhin seinen Namen nannte. Sie war in Sorge um seine Sicherheit. Es musste furchtbar sein, den Liebsten in solcher Gefahr zu wissen.
    »Die beiden dort drüben haben niemanden erwählt.«

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