Maskenball
begriffsstutzig. Dabei grinste er weiter wie ein Honigkuchenpferd. »Komm, sei keine Spaßbremse. Auch in der Mordkommission wird doch ein bisschen Spaß zu Karneval erlaubt sein.«
»Hab ich nichts gegen. Aber nicht schon am frühen Morgen.«
»Früher Morgen?« Ecki schaute auf die Uhr. »Es ist immerhin schon nach 11. Es ist gerade 11.11 Uhr, um genau zu sein.« Eckis breiter muskulöser Oberkörper schwang nach vorne, als er den Rekorder wieder anschalten wollte, aber Franks Blick sprach Bände. Mitten in der Bewegung hielt er inne. »Ist ja schon gut. Ich bleibe dabei: Spaßbremse.« Ecki sank zurück und zog stattdessen aus einer Schreibtischschublade eine große Bäckertüte hervor und hielt sie sich unter die Nase. »Hm, wie die duften. Frische Berliner. Hm, mir läuft das Wasser im Mund zusammen.« Er sah zu Frank hinüber. »Du hast deine Chance leider verspielt, ich esse sie alleine.«
»Kein Problem. Werd du nur glücklich mit deinen Hefeteilchen.« Frank starrte auf die Tüte.
Ecki grinste, als er den Blick sah, und schob Frank mit Gönnermiene die Tüte zu. »Da, bedien dich, ich kann dich nicht leiden sehen.«
Frank zog einen Berliner hervor und biss hinein. Bei einem frischen Berliner konnte selbst er nicht Nein sagen.
»Was gibts in der Zwischenzeit Neues?« Frank leckte sich die gezuckerten Fingerspitzen ab. Dann biss er erneut in den Berliner. »Verdammt, Mist.« Aus dem restlichen Stück Berliner war ein kurzer roter Strahl auf sein helles Sweatshirt geschossen. »Scheißmarmelade.«
Ecki feixte, als er seinem Freund ein Papiertaschentuch hinhielt. »Tja, auch Berliner muss man essen können. Da kann man nicht nur einfach so reinbeißen. Man muss ihr Geheimnis ganz vorsichtig lüften, immer schön langsam. Denn auch bei Hefeteilchen gilt: Übung macht den Meister. Das sind ganz eigene Spezialitäten.« Ecki konnte sich ein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen. »Mann, wie siehst du denn aus? Hat der kleine Frank ›bah‹ gemacht?«
»Idiot.« Frank versuchte, die Marmelade mit dem Tempo aufzunehmen. Stattdessen verrieb er die klebrige Masse immer tiefer in das Gewebe. »Mann, das geht bestimmt nicht mehr raus. Guck mal, wie ich aussehe.«
»Lisa bekommt das schon wieder hin. Da kann sie schon mal üben. Möhrenflecken sind übrigens ganz schlecht.«
»Die wird sich bedanken«, knurrte Frank. Er gab auf und warf das Taschentuch in den Papierkorb. »Nun sag schon, was gibt es Neues?«
Ecki wurde dienstlich. »Nicht viel, die Rheinische Post und die WZ haben sich gemeldet. Angeblich häufen sich in den Redaktionen die Anrufe von besorgten Rentnern. Die alten Leutchen haben Angst, dass sie um die Ecke gebracht werden, nur weil sie alt sind. Die Herren Redakteure lassen fragen, was die Polizei dagegen zu tun gedenkt.«
»Das ist doch wohl ein Karnevalsscherz, oder? Meinen die wirklich Senioren oder die alten Möhnen, die heute überall auf den Straßen unterwegs sind?«
»Nee, nee, Senioren. Die scheinen echt Angst zu haben.« Ecki beobachtete, wie Frank mit seiner Zunge die Finger befeuchtete und einen letzten Versuch machte, die rote Marmelade aus dem Sweatshirt zu bekommen.
»Was wir zu tun gedenken? Wir werden vor sämtlichen Altenheimen Wachen aufziehen lassen und die HWK evakuieren. Ganz einfach.«
»Hä?«
»War ’n Witz. Ist doch Karneval. Oder? Nein, im Ernst. Es gibt doch diese Aktion des LKA. Moment, wo habe ich das Schreiben? Moment.« Frank hatte den Marmeladenfleck schon vergessen und kramte in seinem Aktenstapel. »Hier, ich wusste es doch.« Triumphierend hielt er das blaue Faltblatt des LKA hoch. »Hier steht es schwarz auf weiß: ›Durch herausgestellte Einzelfälle in den Medien entsteht jedoch oft ein Bild der Bedrohung, das nicht realistisch ist. Diese Berichterstattung kann bei älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu ausgeprägtem Angst- und Vermeidungsverhalten führen mit einem spürbaren Verlust von Lebensqualität als Folge.‹ Ende des Zitats.«
»Sehr prosaisch.«
Ecki hatte meist einen sarkastischen Unterton, wenn er über das LKA sprach.
»Jetzt sei man nicht so, die Kollegen haben ja recht. Wir sollten Wirtz bitten, einige Exemplare der Flyer den Zeitungen und dem Radio zu schicken. Dann können die die alten Leutchen mit ein paar netten Artikeln wieder beruhigen.«
»Und du meinst, das reicht?«
»Was soll ich denn tun? Ich kann mich doch nicht vor jede Altenwohnung stellen und aufpassen. Die Welt ist nun mal, wie sie ist. Und wenn unsere
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