MASKENBALL UM MITTERNACHT
Männern nachts allein im Garten?“
„Ich war nicht im Garten!“
„Das macht kaum einen Unterschied“, wandte Rochford ein.
„Ich glaube, ich falle in Ohnmacht“, hauchte die Duchess schwach, trat zwischen die beiden Streithähne und holte tief Atem. „Ich fasse nicht, was ich da zu hören bekomme“, fuhr sie an Callie gerichtet fort. „Wie konntest du dich so skandalös benehmen? Denkst du gar nicht an mich? An deine Familie? Sinclair hat vollkommen recht. Selbstverständlich trägt er die Verantwortung für dich. Als dein Bruder und Familienoberhaupt. Es ist sein gutes Recht, dir vorzuschreiben, wie du dich zu benehmen hast, und du hast zu tun, was er dir sagt. Was ist nur in dich gefahren, mit einem fremden Herrn auf die Terrasse zu gehen? Was, wenn euch jemand gesehen hat? Du solltest deinem Bruder dankbar sein, dich rechtzeitig vor Schaden bewahrt zu haben. Mich schaudert bei dem Gedanken, was geschehen wäre, wenn …“
„Nichts wäre geschehen. Ich sagte doch, es war völlig harmlos. Ich habe mich nicht skandalös verhalten“, verteidigte Callie sich mit glühenden Wangen.
„Solange du unverheiratet bist und im Hause deines Bruders lebst, hast du dich seinen Anordnungen zu fügen“, sagte die Duchess streng.
„Und danach habe ich mich den Anweisungen eines Ehemanns zu fügen!“, erwiderte Callie hitzig.
„Nun klingst du wie Irene Wyngate.“
„Großmutter, bitte …“, versuchte Rochford einzulenken, deren Einmischung die Debatte nur noch verschärfte.
„Ich wünschte, ich wäre wie Irene“, schnappte Callie. „Sie beweist wenigstens Rückgrat im Gegensatz zu den meisten Frauen, die ich kenne.“
Sie holte tief Atem, bevor sie höhnisch fortfuhr: „Aber ich werde ohnehin nicht heiraten, solange mein Bruder meine Verehrer wie Verbrecher behandelt.“
Rochford lachte trocken. „Bromwell wird nie dein Verehrer sein.“
„Das weiß ich auch“, schnappte Callie bissig, „da du ihn vor mir herabgesetzt hast.“
„Bromwell?“, fragte die Duchess erschrocken. „Der Earl of Bromwell?“
„Ja, genau der.“
Die Augen ihrer Großmutter blitzten neugierig, doch bevor sie etwas sagen konnte, fuhr Callie fort: „Was stimmt denn mit Lord Bromwell nicht? Was ist so verwerflich daran, mich mit ihm auf der Terrasse zu unterhalten?“
„Du sollst dich mit keinem Mann nachts auf einer Terrasse unterhalten“, antwortete Rochford ausweichend.
„Und warum wird er nie mein Verehrer sein?“ Callie bohrte unbeirrt weiter. „Warum hast du in diesem drohenden Tonfall ‚Sie!‘ gesagt, als du ihn erkannt hast? Wieso ist er für mich unpassend?“
Rochford schwieg lange, bevor er antwortete. „Der Mann ist kein Freund von mir“, erklärte er achselzuckend.
„Wie bitte?“ Callie zog die Brauen hoch. „Er ist kein Freund von dir? Verbietest du mir etwa, einen Mann zu heiraten, der nicht dein Freund ist? Wen wünschst du dir denn als Ehemann für mich? Einen deiner verstaubten weltfremden Gelehrten? Mr. Strethwick vielleicht? Oder Sir Oliver?“
„Hör auf damit, Callie. Du weißt, dass ich es nicht so gemeint habe“, knurrte Rochford. „Niemand zwingt dich, einen meiner Freunde zu heiraten. Das weißt du genau.“
„Nein, das weiß ich nicht“, widersprach sie eigensinnig. „Im Moment weiß ich nicht einmal, ob ich dich wirklich kenne. Ich hätte nie gedacht, dass du so herrschsüchtig bist, so völlig gleichgültig meinen Wünschen und Gefühlen gegenüber.“
„Gleichgültig?“, wiederholte er ungläubig. „Das Gegenteil trifft zu. Ich sorge mich um dich.“
„Wieso? Wieso ist dieser Mann unpassend für mich?“, Callie ließ nicht locker. „Ist seine Familie nicht vornehm genug? Sein Rang nicht hoch genug?“
„Nein, natürlich nicht. Er ist ein Earl.“
„Dann ist er womöglich ein Glücksritter? Hat er es auf mein Geld abgesehen?“
„Nein. Er soll sehr vermögend sein, wie ich höre.“ Rochfords Lippen wurden zu einem schmalen Strich.
„Der Earl of Bromwell gilt als ausgezeichnete Partie“, meldete die Duchess sich zu Wort. „Er ist zwar kein Duke, aber davon gibt es eben nicht viele. Und man kann schließlich nicht erwarten, dass du einen Prinzen königlichen Geblüts heiratest. Ein Earl wäre genug für dich. Im Übrigen entstammt er einer sehr alten und distinguierten Adelsfamilie.“ Sie wandte sich an ihren Enkel. „Sind die Bromwells nicht irgendwie mit Lady Odelia verwandt?“
„Ja, entfernt“, antwortete Rochford. „Das Problem ist
Weitere Kostenlose Bücher