Maskenspiel
mit am Zweidschlüssel!«
»Wie sah die Frau aus?«
Katinka konnte sich nicht erinnern, irgendjemandem einen Zweitschlüssel gegeben zu haben, außer Tom, und der lagerte sicher neben Toms Computern in einer Geldkassette.
»Na ja, hald a Fraa«, sagte Beinert zögerlich und tänzelte auf seinen beigen Sandalen näher. Katinka gab sich einen Ruck.
»Danke, Herr Beinert, ich frage mal bei Singers nach.«
»Ja, aber …«
Gott sei Dank ist er lauffaul, dachte Katinka grimmig, während sie den Schlüssel in ihr Schloss steckte. Sonst würde er mir bis zur Tür und vielleicht noch weiter hinterherrennen. Sie betrachtete ihre Tür und ihr Schloss genau, aber anscheinend war die ominöse Besucherin nicht hereingekommen. Nachdenklich ging Katinka durch die kleine Wohnung. Nichts sah verändert aus. Zu stehlen gab es hier auch nicht viel, das schon eher in der Hasengasse, da stand die ganze Bürotechnik herum, die sie sich hatte leisten können, Laptop, Anrufbeantworter, Fax, aber das war eigentlich auch schon alles.
Sie ging ins Schlafzimmer und warf ein paar Sachen in ihren Rucksack, Wäsche, Strümpfe, eine frische Jeans. In der Küche fiel ihr auf, dass der Wäschekorb beinahe überlief. Sie könnte die Waschmaschine jetzt anwerfen und abwarten, bis sie fertig war, bevor sie wieder zu Tom aufbrach.
Es klingelte in dem Moment, als Katinka auf den Ein-Schalter der Waschmaschine drückte. Zuerst war sie sich nicht sicher, ob sie tatsächlich die Türglocke gehört hatte, denn das Wasser gurgelte in die Maschine und machte einen Lärm wie ein mittlerer Gebirgsbach. Aber dann klingelte es wieder, diesmal lang und anhaltend.
Katinka ging zur Tür und ertappte sich bei dem Gedanken, jetzt gerne ihre Beretta bei sich zu haben – aber die lag, im Sinne des Gesetzgebers verschlossen, in der Hasengasse. Sehr schlau, dachte Katinka und spähte durch den Spion.
Ihr Besucher war allerdings ungefährlich.
»Herr Singer«, sagte sie überrascht. Sie riss die Tür auf.
»Guten Abend, Frau Palfy«, sagte Wilhelm Singer. »Ich störe ja ungern, aber Agathe meinte, ich sollte doch mal bei Ihnen vorbeischauen, ob alles in Ordnung ist.«
»Kommen Sie rein«, sagte Katinka. Eine Kohorte Ameisen marschierte durch ihren Bauch.
»Nein, ich will nicht lange bleiben.« Er warf einen verunsicherten Blick die Treppe hinunter. Er kontrolliert, ob Beinert in Hörweite ist, dachte Katinka genervt. Es wurde wirklich Zeit, dass sie auszog. Rasch komplimentierte sie den alten Herrn in ihren Korridor.
»Nur auf ein Wort, Frau Palfy«, sagte er, »heute Nachmittag hat eine Frau versucht, in i hre Wohnung zu gelangen.«
»Wie sah die Frau aus?«
»Tja«, sagte Singer hilflos. Das hatte sich Katinka schon gedacht. Zu einer exakten und damit nutzbringenden Personenbeschreibung war er nicht in der Lage.
»Ich würde sagen, vielleicht so groß und schlank wie Sie, Frau Palfy. Sie hatte ein Kopftuch auf und trug eine Sonnenbrille. Ich finde, das ist doch verdächtig bei diesem Wetter, nicht wahr?«
Das fand Katinka auch.
»Wie war sie sonst gekleidet?«
Wilhelm Singer zuckte bedauernd die Schultern. Er konnte weder angeben, ob die Frau eine Hose, noch, ob sie einen Rock getragen hatte.
»Ich habe es meiner Frau erzählt. Wir fanden das beide so eigenartig, verstehen Sie, und Agathe meinte, wo Sie doch so einen gefährlichen Beruf haben …«
Katinka musste lächeln. So viele Leute, die sich Sorgen machten um die Risiken, die das Privatdetektivinnendasein mit sich brachte!
»Wann genau war das, Herr Singer?«
»Um vier, ziemlich genau«, sagte er stolz. »Kurz, bevor wir unseren grünen Tee trinken, bin ich nach unten zum Briefkasten gegangen, weil Agathe immer so gerne durch die Werbemagazine blättert, die den ganzen Tag über eingeworfen werden. Also, ich komme aus unserer Wohnung, und vor Ihrer Tür steht diese Frau!«
Um vier, überschlug Katinka rasch. Um die Zeit war sie bei Lisbeth Frinke-Laubach im Wohnzimmer gesessen.
»Danke, das ist lieb, dass Sie mir Bescheid gesagt haben«, sagte Katinka.
»Sehen Sie sich vor, Frau Palfy. Wenn ich nicht gekommen wäre, vielleicht hätte die Frau Ihre Wohnungstür aufgekriegt. Sie hatte einen riesigen Schlüsselbund dabei.«
»Ach?«, entfuhr es Katinka, aber dann lächelte sie. »Schönen Abend!«
Wilhelm Singer verschwand mit einem Kopfnicken in seiner Wohnung auf der anderen Seite. Als er die Tür ganz aufstieß, sah Katinka im Schatten des Flurs die kleine Agatha Singer
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