Maskerade in Rampstade (German Edition)
zumute. »Vielen Dank für deine Hilfe. Und viel Glück.«
»Nichts zu danken«, antwortete mein Gegenüber, und seine Stimme klang ungewöhnlich rauh. »Deine guten Wünsche kann ich wirklich brauchen. Auf Wiedersehen, meine Liebe.«
Ich wollte ihn einfach noch nicht gehen lassen.
»Auf Wiedersehen?« fragte ich daher. »Werden wir uns denn je wiedersehen, Jojo?«
Mit seinen dunklen Augen blickte er mich sekundenlang schweigend an, doch seine Antwort war nicht die, die ich mir erhofft hatte.
»Wer weiß, was die Zukunft bringt«, sagte er vage.
Was hatte ich auch erwartet? Eine glühende Liebeserklärung etwa? Einen Treueschwur, bis daß der Tod uns scheidet? Es war an der Zeit, daß ich in die Wirklichkeit zurückkehrte. Ich ließ Jojo stehen und ging erhobenen Hauptes auf die Steinstufen zum Eingang von Grandfox Hall zu.
III.
Während ich die Stufen hinaufschritt, versuchte ich mich gedanklich darauf vorzubereiten, daß man mich tatsächlich nicht einlassen würde. Welcher Butler würde denn wirklich eine wildfremde Frau ins Haus lassen, die nichts vorweisen konnte als die zweifelhafte Empfehlung eines Stallburschen? Falls dieser mein Kommen überhaupt angekündigt hatte. Wer sagte mir denn,daß die Gefolgsleute die Befehle ihres Anführers wirklich ernst-nahmen? Wahrscheinlich würde ich doch die Nacht im Freien verbringen müssen. Und dann konnte ich nur hoffen, daß ich Mally und die Kutsche wiederfand. Ich trug nur einen sehr geringen Geldbetrag bei mir. Dieser würde nie ausreichen, mir einen Kutschenplatz nach Rampstade Palace zu mieten, der das Ziel meiner Reise war.
Kaum hatte ich den Klopfer betätigt, wurde die Tür auch schon geöffnet und ein älterer, sehr würdiger Butler stand vor mir. Mag ihm mein spätes Erscheinen auch sonderbar vorgekommen sein, so war er viel zu gut geschult, um sich irgendwelche Zeichen der Verwunderung anmerken zu lassen.
»Miss Matthews, nehme ich an«, sagte er höflich und verbeugte sich angemessen. »Willkommen auf Grandfox Hall. «
Mit diesen Worten trat er zur Seite, um mich vorzulassen. Ich fand mich in einer holzgetäfelten Halle wieder, die von unzähligen Kerzen in Lüstern und Wandleuchtern erhellt war. Von beiden Seiten der Eingangshalle führten breite Holztreppen zu einer Balustrade, die von einem kunstvoll gedrechselten Geländer begrenzt war. Große Gemälde an beiden Längsseiten des Raumes zeigten wohl die Landschaft von Yorkshire in verschiedenen Jahreszeiten. In großen Porzellanvasen waren Herbstblumen in bunten Farben zu kunstvollen Sträußen zusammengestellt. Ich war von diesem Anblick so überwältigt, daß ich fast vergessen hätte, mein Kommen zu erklären. Es schien tatsächlich, als würde das Haus im Inneren das halten, was seine geschmackvolle und einladende Fassade versprach.
Ich wollte eben damit beginnen, dem Butler von meinem Kutschenunglück zu erzählen, als im Obergeschoß eine Tür geöffnetwurde und das Rascheln von schweren Seidenröcken zu vernehmen war. Eine ältere Dame, stilvoll in schlichtes Schwarz gekleidet, die Haare zu adretten weißen Löckchen gedreht, erschien an der Balustrade. An ihrem Gürtel an der Taille hing ein umfangreicher Schlüsselbund, der bei jedem ihrer kleinen Schritte klingelte.
»Das ist Mrs. Lindon, die Haushälterin«, erklärte mir der Butler,um sich dann umzuwenden: »Miss Matthews ist soeben eingetroffen, Mrs. Lindon.« Die Haushälterin stieg in flinken, kleinen Schritten zu uns herab und knickste höflich.
»Jem hat uns erzählt, was Sie durchgemacht haben, Sie Ärmste«, sagte sie mitfühlend. »So ein Pech, daß die Kutsche gerade auf dieser einsamen Straße einen Unfall haben mußte. Es ist wirklich eine Schande, daß man diesen Weg noch nicht besser ausgebaut hat. Aber wissen Sie, die meisten Reisenden entscheiden sich doch dafür, die Poststraße zu wählen; auch wenn diese einen beachdichen Umweg macht. Was für ein Glück, daß Jem Sie gefunden hat. Wenn ich denke, wie viele Stunden Sie im Freien zubringen mußten! Kein Wunder, daß Sie ganz blaß sind, wenn Sie mir diese Bemerkung gestatten. «
Ich gestattete gerne, ganz überwältigt von dem freundlichen Empfang.
»Kommen Sie bitte mit mir, Miss Matthews«, forderte sie mich auf. »Ich zeige Ihnen am besten gleich das Zimmer, das wir für Sie vorbereitet haben. Sie werden sich sicher frisch machen wollen. Wie Ihnen Jem, der Bursche, bereits gesagt haben wird, weilen die Herrschaften zur Zeit nicht im Hause. Lady Sylvia wird
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