Maskerade in Rampstade (German Edition)
»Aber sicher kann ich das!« rief er aus und warf sich in die Brust.
Ich ließ eine Münze in seine Hand gleiten.
Joseph strahlte über das ganze Gesicht: »Aber das ist doch nicht nötig…« stammelte er. »Danke, Miss.« Schnell ließ er das Geldstück in seiner Hosentasche verschwinden.
»Das Treffen bleibt unser Geheimnis, Joseph«, wiederholte ich eindringlich. »Kann ich mich darauf verlassen?«
»Sicher, Miss, so wahr ich hier stehe!« Feierlich hob er zwei Finger seiner rechten Hand in die Höhe. »Ich werde schweigen wie ein Grab.«
Hoffentlich, dachte ich. Was Joseph wohl dachte, was ich mit Jem zu besprechen hatte! Hoffentlich hielt er mich bloß für einen exzentrischen Gast, dem man gegen bare Münze gerne zuDiensten war. Was auch immer Joseph denken mochte, die Wahrheit würde er nie erraten, und das war das Wichtigste.
Er hatte schnell sein Pferd gesattelt und rührte beide Stuten in den Hof hinaus. Der Ritt nach Grandfox Hall führte über Wiesen und Felder, über schmale Wege und durch dichte Waldungen. Ich war nun doppelt froh, daß ich mich entschieden hatte, Joseph als Begleiter mitzunehmen. Allein wäre der Ritt viel zu riskant gewesen, abgesehen von der Tatsache, daß ich den Weg niemals gefunden hätte. Ich hätte mich an die Poststraße halten müssen. Dadurch hätte ich jedoch nicht nur erheblich mehr Zeit gebraucht, sondern vor allem als einsame Reiterin genau das Aufsehen erregt, das ich unbedingt vermeiden mußte.
»Wir sind bald da«, sagte Joseph endlich, als ich schon dachte, wir würden unser Ziel niemals erreichen. »Vielleicht warten Sie besser hier am Waldrand, und ich gehe alleine zum Stall und suche nach Jem.«
»Das ist eine sehr gute Idee«, stimmte ich zu.
»Bringe Jem zu mir, wenn du ihn findest. Ich werde mich hier auf den umgestürzten Baumstrunk setzen und auf euch warten.«
Während Joseph weiterritt, glitt ich aus dem Sattel und band mein Pferd an einen alleinstehenden Baum am Rande einer Wiese. Ich wollte mich auf keinen Fall zu nahe an Grandfox Hall begeben. Was wäre, wenn mich der entsetzliche Earl of Crisde-maine so sehen würde? Ob er wohl dachte, ich sei seinetwegen gekommen? Ich setzte mich auf den Baumstrunk und wartete auf Jem. Hoffentlich hatte ich wirklich Glück, und Joseph konnte ihn finden. Was aber sollte ich tun, wenn er ohne Jem zurückkam? Sollte ich Jem beim verlassenen Gasthof suchen? Ich konnte doch nicht den ganzen Weg umsonst geritten sein! Ob Jem selbst schon Pläne geschmiedet hatte, seinen Hauptmann zu befreien? Vielleicht waren meine Sorgen unnötig. Vielleicht hatte Jojo meine Hilfe gar nicht nötig! Schließlich hatte er mehrere starke Mariner in seiner Bande. Ich schöpfte wieder etwas Hoffnung. Vielleicht war die Befreiung eines zu Unrecht verurteilten Mörders doch kein aussichtsloses Unterfangen!
Jojo mußte in einem sehr schnellen Prozeß verurteilt worden sein. Ob das wohl ein fairer Prozeß war? Mir war plötzlich zu kalt auf meinem Baumstumpf. Ich stand auf und begann ruhelos auf und ab zu gehen. Gerade als ich mich fragte, wo Joseph so lange blieb, hörte ich das gedämpfte Hufgeklapper zweier näherkommender Pferde auf dem bemoosten Waldboden. Kurz darauf blitzte Josephs blauer Reitrock durch das Geäst, gefolgt von dem weinroten Rock, der Jem gehören mußte.
»Hier habe ich Ihnen Jem gebracht«, verkündete der kleine Stallbursche schon von weitem. Ich dankte ihm und bat ihn, mit seinem Pferd auf der anderen Seite der Wiese auf uns zu warten. Er warf mir einen enttäuschten Blick zu und trabte davon.
Ich blickte ihm nach, bis er außer Hörweite war und wandte mich dann an Jem.
»Sie wollten mich sprechen, Ma’m?« fragte dieser, nachdem er höflich grüßend die Hand zur Mütze geführt hatte. Er schwang sich aus dem Sattel und blickte mich fragend an. Als ich diesen großen, ernsten jungen Mann vor mir stehen sah, fiel es mir mit einem Male schwer, ihm den Grund meines Hierseins zu verraten. Ich hatte mir bisher keine Gedanken darüber gemacht, wie mein Gespräch verlaufen würde. Meine Gedanken hatten sich ausschließlich mit den Möglichkeiten beschäftigt, wie man Jojo am besten befreien konnte. So wußte ich jetzt nicht recht, wie ich die Unterhaltung beginnen sollte. Ich konnte ja nicht gut mit der Tür ins Haus fallen und ihm unumwunden sagen: »Ich liebe deinen Hauptmann. Wie wollen wir ihn befreien?«
»Ich wollte dir noch einmal für deine tatkräftige Hilfe danken, die Kutsche nach Grandfox Hall zu
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