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Maskerade in Rampstade (German Edition)

Maskerade in Rampstade (German Edition)

Titel: Maskerade in Rampstade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
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Styrabaker umgebracht hat«, sagte der Wirt, an den Mann im Tweedanzug gewandt.
    »Eine Schande ist das!« rief dieser in breitestem Yorkshire-Dialekt. »An den Galgen mit ihm!«
    Den alten Styrabaker umgebracht, wiederholte ich in Gedanken. Styrabaker – war das nicht der seltsame Name des Wirts von den »Drei Betdern«? Ich spürte, wie die Gänsehaut langsam über meinen Rücken kroch. Es paßte alles zu gut zusammen. Die betrunkenen Räuber im Hinterzimmer, die scheinbar sinnlosen Fragen über mein Wissen um den Aufenthaltsort des Wirts…
    »Hat man ihn also endlich geschnappt«, rief ein Dritter.
    »Wo haben sie ihn denn erwischt?« wollte der Stallbursche wissen, der sich, an einem Halm kauend, zu uns gesellt hatte.
    »Vor drei Tagen war’s, Jack«, erwiderte der Wirt, der zu stolz war, daß er sich mit seinem Wissen brüsten konnte, als daß er den Burschen zu seiner Arbeit zurückgeschickt hätte. »Da trieb er sich in der Nacht in der Nähe des Palace herum, oben auf Rampstade. Es war Vollmond an dem Abend, wenn ihr euch erinnert. Und da haben ihn ein paar Burschen aus dem Dorf aufgespürt. Er trug zwar eine Augenbinde, aber die hat ihm auch nichts nützen können. Gemeinsam haben sie ihn überwältigt.«,
    »Bravo!« riefen die Anwesenden.
    Mir war, als würde sich eine unsichtbare Hand um meinen Hals legen. Vor drei Tagen. Das mußte die Nacht gewesen sein, in der der Ball in Rampstade stattgefunden hatte. Sie haben ihn gefangen, als er den Ball verließ. Er hatte eine Augenmaske getragen! Ich sah ihn vor mir, wie er mit mir den Walzer tanzte. Wie lebendig er war, wie fröhlich, wie glücklich. Und nun sollte er…
    »Endlich haben sie den Gauner gefaßt!« rief der Mann im Tweedsakko aus, um nun auch die Leute zu informieren, die interessiert nähergekommen waren. Der Wirt wollte die Rolle als Hauptinformant nicht kampflos aufgeben, und so überboten sich die beiden nun im Aufzählen all der Greueltaten, die, Jonathan Joblins begangen haben sollte. Daß man ihn schon seit Jahrenin Verdacht gehabt habe, ihm aber nie einen der ungeklärten Morde habe nachweisen können. Das sei erst bei Styrabaker gelungen. Erwürgt hatte er den alten Mann. Nur um sich in den Besitz seiner armseligen Ersparnisse zu bringen. An den Galgen mit ihm!
    »Übermorgen ist’s soweit«, rief der Wirt aus, stolz darauf mehr zu wissen als der Mann im Tweed. »Da hängen sie ihn draußen am Hartford Field.«
    »Bravo! Bravo!« johlte die Menge.
    Übermorgen, übermorgen, hämmerte es in meinem Gehirn.
    »Sophia!« Georges entsetzte Stimme brachte mich wieder in die Wirklichkeit zurück. Er hatte sich einen Weg durch die Menge gebahnt und ergriff nun meine Hand, um mich fortzuziehen.
    »Was machst du denn hier?« fragte er fassungslos.
    »Habe der Miss erzählt, daß der Mörder Joblins gefaßt wurde, Sir«, berichtete der Wirt voller Stolz, als würde er Lob für diese Tat erwarten. »Hab’ ihr gesagt, daß sie sich keine Sorgen mehr zu machen braucht, weil sie den Kerl in zwei Tagen hängen…«
    … daß sie sich keine Sorgen mehr zu machen braucht–wenn der gute Mann wüßte!
    »Dann höre er auf mit diesem Unsinn!« fuhr ihn George barsch an und kehrte den erhabenen Adligen hervor, was er sonst nur sehr selten tat: »Sieht er nicht, daß die Dame schon ganz verschreckt ist durch seine Schauergeschichten!«
    Ich mußte tatsächlich außergewöhnlich blaß sein, denn George warf mir besorgte Blicke zu, während wir uns zu den Pferden begaben.
    »Was hat dich denn so erschreckt?« wollte Hetty wissen.
    »Das weiß ich auch nicht«, sagte ich und versuchte ein Lächeln, das mir kläglich mißlang. In Wirklichkeit war mir zum Heulen zumute. Aber das konnte ich den Geschwistern nicht erzählen. Damit mußte ich warten, bis ich mich alleine auf meinem Zimmer befand. Ich wollte so rasch wie möglich alleine sein. Also wartete ich Georges Hilfe beim Besteigen des Pferdes nicht ab, sondern schwang mich geübt in den Sattel. Dann ergriffich die Zügel und galoppierte mit vor Tränen fast blinden Augen nach Rampstade zurück.
    Hatte ich mich in den Stunden und Tagen nach dem Ballabend in einem Zustand zwischen Traum und Wirklichkeit befunden, so war ich durch die Erzählungen des Wirtes unsanft wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgefallen. Nachdem ich meine Tränen getrocknet hatte, befahl ich mir, nüchtern zu denken. Ich mußte etwas unternehmen. Unternahm ich nichts, würde Jojo gehängt. Zwei Nächte noch, ein Tag noch. Was

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