Maskerade in Rampstade (German Edition)
darüber informiert, daß George und ich …«
»Wann?« unterbrach er mich. »Wann hat sie die Anzeige geschickt und auf welchem Wege?«
»Bereits heute morgen. Sam, der Bursche aus dem Stall, ist zu Pferd nach London aufgebrochen.«
»Und George ist ihm noch nicht auf den Fersen?« fragte Jojo ungläubig.
Ich schüttelte den Kopf. »Das ist es ja, was mich so aufregt! George denkt nicht daran, dem Burschen nachzureiten. Er will zuerst den Besuch des Notars abwarten und das Testament unter Dach und Fach bringen.«
»Dann ist er ein noch größerer Narr als ich dachte. Wie denkt er denn, eine veröffentlichte Verlobung wieder zu lösen?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich glaube nicht, daß er sich darüber überhaupt Gedanken macht.«
»Vielleicht ist es ihm gar nicht so unrecht«, lautete Jojos überraschende Überlegung. »Vermutlich ist er ganz gerne mit dir verlobt und denkt an eine wirkliche Bindung. Du hast doch auch immer davon geträumt George Willowby zu heiraten, nicht wahr?«
»Das ist eine alte Geschichte!« rief ich aus. »Ich will George auf keinen Fall mehr und überhaupt, selbst wenn ich wollte, George ist verheiratet.«
»Ist er das?« fragte Jojo langsam. Es klang nicht so, als würde er mir wirklich glauben. »Woher willst du das wissen?«
»Ich habe die beiden doch zusammen im Bett gesehen!« rief ich ohne lange nachzudenken.
Jojo schien nicht schockiert, er war eher etwas schwer von Begriff. »Wen?« fragte er.
»Na, George und Hetty.«
»Hetty? Hetty ist seine Schwester.«
»Nicht diese Hetty, die andere Hetty ist seine Schwester. Aber die ist in Europa. Und die Hetty, die da ist, ist Georges Frau. Und er mußte sie heiraten, weil sie nämlich schwanger ist. Aber das konnte er niemandem erzählen, weil er sich ja zuerst sein Erbe sichern wollte. Daher hat er Hetty, seine Frau, für Hetty, seine Schwester, ausgegeben und sich mit mir verlobt. Alles klar?«
Jojo war aufgesprungen.
»Jem, die Pferde!« brüllte er aus Leibeskräften.
»Was willst du tun?« fragte ich, überrascht von seiner impulsiven Reaktion.
»Ich reite los und fange diesen Sam ab. Denkst du, ich werde es zulassen, daß die alte Dame und du in einen derart schauerlichen Skandal verwickelt werden?«
»Ja, aber … kennst du denn den Stallburschen überhaupt? Wie willst du ihn finden?«
»Jem wird ihn kennen«, sagte Jojo gelassen.
»Und was soll ich jetzt tun?« fragte ich etwas hilflos.
»Du kannst jetzt nichts tun, meine Liebe, fürchte ich. Außer in Rampstade zu bleiben und die Großmutter zu beruhigen, sobald sie die Wahrheit erfährt. Und sei nicht so dumm, George die Pflicht abzunehmen, ihr die Wahrheit zu sagen. Das soll er selbst erledigen. Ich hoffe, sie wird ihm den Kopf abreißen!«
»Ja, aber, wenn du Sam nicht findest?« warf ich ein. »Oder wenn er sich weigert und die Anzeige doch nach London bringt, oder …«
Jojo legte den Arm um meine Schulter: »Vertrau mir, Sophia, es wird alles gut.«
Das klang so einfach, und doch war ich schrecklich unruhig.
»Bist du sicher, daß du George nicht doch noch liebst?« fragte er nun mit einem prüfenden Blick.
»Ganz, ganz sicher, aber …«
In diesem Augenblick kam Jem mit den Pferden um die Hausecke gebogen.
»Es ist jetzt nicht der geeignete Augenblick dafür, und ich wollte eigentlich noch warten, bis … aber …« Er sah mich mit einem Male so liebevoll an, daß es mir fast die Rede verschlug. »Sophia, wenn ich dich eines Tages fragen werde, ob du mich heiraten willst, wirst du dann ja sagen?«
Diese Worte kamen so unerwartet, daß ich nur stumm nicken konnte.
»Auch wenn ich nicht der bin, für den du mich hältst?« fragte er eindringlich.
»Wer auch immer du bist«, bestätigte ich.
Da beugte sich Jojo nach vorne und hauchte mir einen sanften Kuß auf die Lippen: »Ich liebe dich, Sophia.«
Ich sah ihn mit großen Augen an. Das war das erste Mal, daß er von Liebe gesprochen hatte. Und er schien es tatsächlich ernst zu meinen. Ich war ganz benommen vor Glück.
»Ich muß jetzt los«, hörte ich ihn sagen, während er mir leicht auf die Schulter klopfte. Dann schritt er zu Jem hinüber und schwang sich in den Sattel. »Kennst du einen Stallburschen von Rampstade, der Sam heißt?« fragte er ihn.
»Aber sicher, Hauptmann«, erwiderte der Bursche.
»Dann nichts wie los. Er treibt sich auf der Straße nach London herum, wir müssen ihn aufhalten.«
Mit diesen Worten winkte er mir kurz zu, machte kehrt und ritt auf dem schmalen
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