Maskerade in Rampstade (German Edition)
liebevoll.
»Habe ich wohl vergessen«, murmelte diese kleinlaut und begann, wie gewohnt, nervös zu kichern.
»Kann mir jemand erklären, was das zu bedeuten hat?« fragte ich hilflos.
»Es ist nicht so, wie du denkst Wir können dir alles erklären«, sagte George sichtbar verlegen.
Ich wandte mich ihm zu, worauf er verlegen auf seinen Schlafrock deutete. »Ich würde den zuerst gerne anziehen, wenn du gestattest.«
Rasch drehte ich mich zur Seite. Was mochte das wohl wirklich bedeuten? Es konnte doch nicht sein, daß die Geschwister tatsächlich ein Liebespaar waren!
Während wir warteten, bis George sich anzog, fixierte mich Hetty mit ängstlichem Blick.
»Bitte, setz dich«, sagte George zuvorkommend, schob mir einen Stuhl zurecht und wartete, bis ich Platz genommen hatte.
»Sophia«, sagte er dann und suchte nach den geeignetsten Worten, mir das Unfaßbare, das er mir zu gestehen hatte, möglichst schonend beizubringen. »Es tut mir wirklich leid, daß du es auf diese Weise erfahren mußtest. Aber … Hetty ist nicht meine Schwester.«
»… nicht deine Schwester?« wiederholte ich ungläubig. »Aber natürlich ist Hetty das. Ich kenn sie doch schon seit langem …«
George schüttelte den Kopf: »Nicht diese Hetty«, sagte er.»Du kennst meine wirkliche Schwester Hetty. Die ist aber nicht da. Sie reist, soviel ich weiß, mit meinen Verwandten durch Europa.« Diese Hetty war also nicht seine Schwester! Darum hatte ich sie für eine völlig Fremde gehalten, als ich hier ankam. Erleichtert atmete ich auf. Dann hatte ich also nicht Bruder und Schwester miteinander im Bett ertappt. »Aber, wenn das Mädchen dort im Bett nicht deine Schwester ist, wer ist es dann?«
»Ich bin seine Frau«, meldete sich nun Hetty vom Bett her.
»Sie ist deine Frau!« rief ich aus und vergaß ganz die Erleichterung, die ich eben noch darüber empfunden hatte, daß sie nicht seine Schwester war. »Soll das heißen, ich bin mit einem verheirateten Mann verlobt?« Das war ja wirklich eine Ungeheuerlichkeit.
»Doch nicht richtig verlobt«, meinte George und wollte mich damit wohl beruhigen. Ich saß da und konnte nur den Kopf schütteln. Jetzt wurde mir mit einem Schlag so manches klar. Ich sah Hetty vor mir, die eifersüchtig über ihren George wachte. Ich sah sie vor mir, wie sie ihn wutschnaubend verteidigte, als ich ihm vorgeworfen hatte, er sei gierig.
»Als ich dich das erste Mal sah, dachte ich, ich hätte dich nie zuvor gesehen«, sagte ich zu Hetty gewandt. »Und mein Gefühl hatte mich nicht betrogen. Seit wann seid ihr schon verheiratet?«
»Seit knapp fünf Monaten«, erklärte Hetty verschämt.
»Seit knapp fünf Monaten!« rief ich aus. »Aber warum diese Heimlichkeit, warum …«
»Ja, warum wohl?« unterbrach mich George mit einem bitteren Unterton in der Stimme. »Glaubst du, ich hätte eine Chance gehabt, je Großmutters Erbe zu erhalten, wenn ich die Hochzeit offiziell verkündet hätte? Denkst du, Großmutter wäre einverstanden gewesen, daß ich ein völlig mittelloses Mädchen heirate, nur weil ich es liebe? Glaubst du das wirklich?«
Wenn Hetty eine Bürgerliche war, dann glaubte ich es allerdings tatsächlich nicht. Die Herzogin war viel zu adelsstolz, um eine Mesalliance zu billigen.
»Meine Mutter war die zweite Tochter des Earl of Buxham«,sagte Hetty vom Bett her. Na, das klang eigentlich recht respektabel.
»Sie ist die einzige Tochter von Sir Romuald Livingston«, meinte George.
Nicht, daß mir der Name etwas sagte. Aber es schien sich um einen Adligen zu handeln. Livingston? War mir der Name wirklich völlig fremd? Ich war mir sicher, ihn schon einmal gehört zu haben.
»Der Earl!« rief ich aus und erschreckte so die beiden anderen, die nichts von meinen Gedanken wußten. »Der Earl of Cristle-maine. Er hat mich am Ball mit Miss Livingston angesprochen, als er mir drohte«, erklärte ich.
»Max hat dich bedroht?« fragte George fassungslos.
»Na ja, eigentlich nicht mich. Eigentlich galt die Drohung dir. Er sagte, er würde sich holen, was ihm zustehe, und auch deine Tricks würden dir nichts helfen.«
»Das hat Max gesagt?« fragte George ungläubig. »Warum hast du mir bis heute nichts davon erzählt?«
Ich zuckte die Achseln. Sollte ich ihm sagen, daß ich ihn nicht beunruhigen wollte? Ihn, der mich so schändlich hintergangen hatte?
»Heißt du wirklich Hetty?« fragte ich statt dessen die kleine blasse Person in dem viel zu großen Himmelbett.
»Henrietta. Genau wie Georges
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