Maskerade in Rampstade (German Edition)
Schwester. Das ist doch ein glücklicher Zufall, nicht?«
»Wirklich sehr glücklich«, sagte ich trocken.
»Ja, und er hat uns auf die Idee gebracht, daß ich Hetty als meine Schwester ausgebe und mitnehme«, erklärte George freimütig.
»Und wenn sie nicht zufällig Hetty, sondern Maria oder sonst irgendwie geheißen hätte, dann hattest du sie trotzdem mitgenommen und Hetty gerufen«, mutmaßte ich. Georges Grinsen zeigte, daß ich mit meiner Vermutung ins Schwarze getroffen hatte.
»Aber warum?« Ich konnte es immer noch nicht glauben. »Warum konntet ihr mit eurer Vermählung nicht bis nach derTestamentserrichtung warten! Ihr habt doch gewußt, was für euch auf dem Spiel steht.«
George errötete. Ich sah ihn mit großen Augen an. George, dieses leichtfertige Wesen, der Mann, der sich ohne Zögern mit mir verlobt hatte, obwohl er bereits verheiratet war, dieser Mann errötete plötzlich! Ich habe George noch nie zuvor derart verlegen gesehen.
Und da begriff ich: »Hetty ist schwanger«, stellte ich nüchtern fest.
George nickte erleichtert, daß ich ihm die Peinlichkeit eines Geständnisses erspart hatte. Hetty begann wieder zu kichern.
»Wann ist es denn soweit?« fragte ich.
»Zu Weihnachten«, sagte Hetty verschämt.
Zu Weihnachten. Als ich diese beiden Worte hörte, wurde mir schlagartig bewußt, warum ich hier war.
»Wißt ihr, was noch zu Weihnachten stattfindet?« rief ich aus. Ich empfand geradezu makabre Genugtuung, den beiden diese Mitteilung machen zu können: »Zu Weihnachten heiraten George und ich.«
»Was?« schrie dieser.
»Ja, und der Bischof von York persönlich wird die Trauung vollziehen.«
»Bist du von Sinnen?« fragte George fassungslos und auch Hetty hielt abrupt mit ihrem Kichern inne.
»Es wird ein Fest im kleinen Kreis, nur die Familie, wenn ihr versteht, was ich meine«, fuhr ich unbeirrt fort. »Nicht mehr als sechzig oder siebzig Leute.«
»Sophia!« fuhr mich George an, und es war ihm anzusehen, daß er mich am liebsten geschüttelt hätte. »Was soll dieser dumme Scherz?«
»Kein Scherz«, sagte ich, »deine Großmutter hat einen Anzeigenauftrag an die Gazette geschickt.«
»Sie hat was?« fragte er entsetzt und Hetty schrie auf. George ließ sich in den freien Stuhl neben dem Bett fallen. »Mein Gott, sie ist dazu imstande. Was machen wir denn jetzt bloß?« Er sah hilflos von Hetty zu mir.
»Wir machen jetzt gar nichts«, sagte ich und betonte genüßlich das erste Wort »Aber du wirst etwas machen. Und zwar sofort. Du wirst dich ordnungsgemäß ankleiden und dich zu deiner Großmutter begeben und ihr die Wahrheit sagen. Wenn du zerknirscht genug bist, wird sie dir vielleicht verzeihen. Und dann wirst du einen Burschen aussenden, um den Boten abzufangen, ehe es zu spät ist. Oder noch besser, du wirst ihm selber nachreiten.«
»Nicht bevor der Notar da war«, entschied George kategorisch.
Hatte der Mann den Verstand verloren?! Sturheit war jetzt wirklich fehl am Platze.
»Hast du mir denn nicht zugehört?« schrie ich ihn an. »Wenn du nicht sofort etwas unternimmst, steht unsere Verlobungsanzeige in der nächsten Ausgabe der Gazette. Deine Verlobungsanzeige, George. Die Verlobungsanzeige eines verheirateten Mannes!«
Zum ersten Mal seit ich sie kannte, ergriff Hetty zu meinen Gunsten das Wort: »Sie hat vielleicht recht, George. Wir dürfen nicht …«
»Ja, denkt ihr denn, ich habe das ganze Theater umsonst gespielt?« herrschte er uns an. »Nein, kein Wort zu Großmutter, bevor nicht ihre Unterschrift auf dem Testament ist.«
»Heißt das, du willst wirklich warten, bis der Notar kommt, und in der Zwischenzeit die Hände in den Schoß legen?« fragte ich und konnte es nicht fassen. »Heißt das, du willst nicht verhindern, daß diese Anzeige veröffentlicht wird? Weißt du denn nicht, was das bedeutet? Siehst du denn nicht den Skandal, in den du mich da hineinziehst, in den du uns alle hineinziehst, deine Großmutter, dich selbst, nicht zuletzt Hetty?«
»Glaubst du denn, daß mir meine Großmutter je eine Verlobung mit dir verzeihen würde, wenn sie erfährt, daß ich bereits mit Hetty verheiratet bin?« fragte er ganz ruhig und noch dazu in einem Tonfall, als benähme ich mich wie ein störrisches, unbelehrbares Kind.
»Nein, vermutlich nicht«, gab ich zu.
»Na, siehst du«, sagte er schlicht, »darum heißt es abzuwarten, bis der Notar da war. Und soviel ich weiß, kommt dieser ohnehin bereits morgen.«
»Du bist ein ganz erbärmlicher
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