Maskerade in Rampstade (German Edition)
über die steilen Treppen bis hierher in den Empfangssalon gelaufen. Ihre Wangen waren gerötet. Das Häubchen saß schief auf den mit grauen Strähnen durchzogenen braunen Locken.
»Oh, ich sehe, du hast Besuch.« Sie war zusammengezuckt und hatte die Hand mit der Zeitung hinter ihrem Rücken verschwinden lassen, bevor ich danach greifen konnte.
»Seine Lordschaft wartet auf George«, erklärte ich, während dieser sich über Miss Heathers Hand beugte.
»Ach, Sie sind das!« rief sie aus, nachdem sie das Gesicht des Gastes eingehend gemustert hatte. »Jetzt hätte ich Sie tatsächlich fast nicht erkannt.«
Das war zwar eine seltsame Begrüßung für einen Neffen, aber Miss Heather benahm sich überhaupt äußerst seltsam.
»Das ist der Cousin von George«, erklärte sie, sich an mich wendend, »aber das wirst du ja sicher wissen. Ach, ich bin ganz durcheinander. So ein entsetzlicher Irrtum. Wie sollen wir nurje wieder aus diesem Schlamassel herauskommen.«
»Also, was steht denn in der Zeitung?« unterbrach ich sie ungeduldig.
»Wie ist es bloß dazu gekommen?« fuhr Miss Heather unbeirrt fort, »Cousine Agathe ist außer sich. Sie hat umgehend nach ihm geschickt, aber wer weiß, ob er überhaupt zu Hause ist …«
»Nach wem geschickt?« wollte ich wissen und hoffte inständig, sie würde mich nicht länger auf die Folter spannen.
»Es ist die Gazette , weißt du«, antwortete sie statt dessen.
Die Gazette ! Um Himmels willen, was stand in der Gazette ? Meine Verlobungsanzeige mit George Willowby etwa? Da fiel mein Blick auf den Earl, der mit unverhohlener Neugierde unserem Wortwechsel gefolgt war. Wir hätten in ein anderes Zimmer gehen sollen, fuhr es mir durch den Kopf. Doch jetzt war das auch schon egal. Als Verwandter von George würde er in Kürze ohnehin alles erfahren.
»Also, was steht in der Gazette?« fragte ich noch einmal. Miss Heather reichte mir zitternd die Zeitung.
Und da stand sie wirklich, schwarz auf weiß – meine Verlobungsanzeige!
Da stand es, genau so, wie es die Herzogin aufgesetzt hatte. Daß sie sich freue, Kunde zu geben … aber … das konnte doch nicht wahr sein! Das war ja noch schlimmer als alles andere! Nicht ihr Enkel George Willowby hatte sich, der Anzeige nach, mit mir verlobt! Sondern Max Christopher Maine, der Earl of Cristlemaine!
Ich fuhr herum. Da stand der Earl und blickte mir erwartungsvoll entgegen.
»Sind Sie völlig verrückt geworden?« herrschte ich ihn an und hielt ihm die Zeitung direkt unter die Nase. »Wie konnten Sie nur? Wie kommen Sie dazu, derartige Lügen veröffentlichen zu lassen!«
Seine Lordschaft starrte mich mit sichtlicher Verwirrung an und warf einen Blick auf die Zeitung, um den Grund meines Wutanfalls herauszufinden. Mit meinem Geschrei hatte ich jedoch auch Miss Heather völlig aus der Fassung gebracht: »Aber meine liebe, liebe Sophia, bedenke …«, warf sie ein, mühsam nach Worten ringend.
»Na, haben Sie die Anzeige gelesen?« fuhr ich den Earl an, ohne mich um Miss Heather zu kümmern. »Was haben Sie dazu zu sagen?« »Aber meine liebe Miss Matthews …«, setzte er an.
»Ich bin nicht Ihre liebe Miss Matthews«, entgegnete ich streitsüchtig.
»Verzeihen Sie, aber ich verstehe nicht ganz …«
»Sie verstehen nicht ganz?« äffte ich seinen Tonfall nach. »Ja können Sie denn nicht lesen? Sehen Sie denn nicht, was hier steht? Ist das etwa keine Verlobungsanzeige? Steht hier etwa nicht Earl of Cristlemaine?«
»Aber ja, doch. Ich verstehe nicht …«
Der Earl wurde unterbrochen, als George gutgelaunt das Zimmer betrat.
»He, was ist denn hier los?« waren seine erste Worte, »irre ich mich, oder habe ich dich wirklich brüllen gehört, Sophia?«
»Du hast dich geirrt«, entgegnete ich scharf, »ich brülle nie.« Seine Belustigung trug nicht gerade dazu bei, mich zu beruhigen. »Hast du die Verlobungsanzeige gelesen?« fragte ich, mühsam die Fassung bewahrend.
»Ja, habe ich. Großmutter hat sie mir gezeigt. Sie ist ganz außer sich und hat sofort nach Max geschickt. Sie verlangt eine umgehende Erklärung, wie es dazu kam, daß ihre Anzeige abgeändert wurde. Ich finde, das war eine großartige Idee. Ihr werdet wunderbar zusammenpassen.«
Ich hatte ihm mit wachsendem Erstaunen zugehört. Mühsam schnappte ich nach Luft.
Das konnte doch nicht wahr sein! So leicht konnte er sich doch nicht seiner Verantwortung entziehen!
»Wer wird hervorragend zusammenpassen?« fragte ich mit zusammengepreßten Zähnen.
»Na,
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