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Maskerade in Rampstade (German Edition)

Maskerade in Rampstade (German Edition)

Titel: Maskerade in Rampstade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
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geschäftlich, wie er betonte. Und er erzählte Anekdoten aus dieser Zeit. Dabei nannte er die Namen zahlreicher Adliger, bei denen er eingeladen gewesen war oder die er sonst bei Veranstaltungen getroffen hatte. Er wollte wissen, ob ich diese Leute kannte. Da ich noch nie in Windsor gewesen bin, kannte ich sie nicht. Über Winchester wußte er kaum etwas zu erzählen. Außer, daß er einmal, vor längerer Zeit, einer Messe im Dom beigewohnt hatte und daß diese extrem lange gedauert hatte. Auch die Predigt war nicht nach seinem Geschmack gewesen, wenn er auch jetzt, beim besten Willen, nicht mehr sagen konnte, wovon sie gehandelt hatte. Er wußte nur noch, daß zu allem Übel der Pfarrer auch noch an einem Sprachfehler gelitten hatte.
    Ich hatte anfangs ab und zu eine Bemerkung zu dieser Unterhaltung beigetragen. Doch bald hatte ich bemerkt, daß der Earl an meiner Meinung nicht interessiert war. Daher verhielt ich mich schweigsam und nickte nur, wenn es mir passend erschien. So geriet das Gespräch zwangsläufig mit der Zeit ins Stocken. Wir mochten etwa eine Stunde so verbracht haben. Ich fragte mich, zunehmend ungeduldiger werdend, wo George nur so lange blieb. Wie kam ich eigentlich dazu, mich schon wieder mißbrauchen zu lassen? Warum mußte ich mich mit dem ungeliebten Vetter unterhalten, während George sich über Gebühr Zeit ließ? Mir schien, als würde sich mein Gegenüber das Kommen seines Cousins fast noch sehnlicher herbeiwünschen als ich.
    »Nun müßte George bald kommen«, sagte ich, um das peinlieheSchweigen zu durchbrechen. »Ich nehme an, daß der Notar zwischenzeitlich seine Arbeit beendet hat.«
    »Der Notar?« fragte der Earl und ein gieriger Blick trat in seine Augen. »Ich habe es nicht glauben wollen. Es ist also wirklich wahr. Es geht um das Testament, nicht wahr?«
    Ich nickte knapp. Am liebsten hätte ich mir die Zunge abgebissen. Wie kam ich dazu, den Earl vom Kommen des Notars in Kenntnis zu setzen, wenn seine Großmutter es anscheinend vorgezogen hatte, ihm nichts davon zu sagen! Seine Lordschaft ließ nun die so lange kultivierte Maske des freundlichen Lächelns fallen und sagte, sich die Hände reibend: »Jetzt werden wir also sehen, was es wert war, daß sich George all die Jahre bei der Alten eingeschmeichelt hat. Jetzt wird sich herausstellen, wieviel ihm das bringt Und dabei wird endlich auch etwas für mich abfallen …«
    »Noch ist die Herzogin nicht tot!« fuhr ich auf. Es war einfach widerlich mitanzusehen, wie diese beiden Männer mit der gleichen Habgier über das Vermögen herfielen. Zuerst George, jetzt der Earl of Cristlemaine.
    »Verzeihung«, sagte dieser, doch es war zu erkennen, daß er seine Worte nicht wirklich bereute. »George sprach davon, daß er dieses Gemäuer bekommen würde. Glauben Sie, daß das wahr sein könnte?«
    Über eine Stunde hatte ich mich nun in nobler Zurückhaltung geübt. Ich hatte mich gelangweilt, ohne zu klagen. Ich hatte die Gegenwart des Earls ertragen, obwohl sie mir zutiefst zuwider war. Doch nun ging mein Temperament mit mir durch: »Ja, es ist wahr!« rief ich aus und hatte die Genugtuung, den Earl erbleichen zu sehen. »George bekommt das Gemäuer, wie Sie es nennen. Und die Ländereien und das Haus am Grosvenor Square in London und überhaupt fast alles, was die Herzogin besitzt. Für Sie bleiben nur das Land und die Wälder, die unmittelbar an Grandfox Hall grenzen.«
    So, jetzt war es heraus. Ich hatte zwar all meine Grenzen überschritten, aber es tat gut, diesen großspurigen Mann so sprachlos zu sehen.
    »Das Land und die Wälder …« stammelte er.
    »Jawohl, die an Grandfox grenzen«, beendete ich den Satz mit aufrichtiger Genugtuung.
    Der Earl schüttelte den Kopf, als könne er das Gehörte nicht verstehen: »Aber warum …«, sagte er schließlich. »Sie müssen sich irren. George würde nie …«
    »Aber es liegt nun einmal nicht an George! Es liegt an der Herzogin«, trumpfte ich auf.
    »Der Herzogin?« Nun war der Earl restlos aus der Fassung gebracht. »Was weiß denn die Herzogin von meinen Zweitausend?« Gerade als ich ihn fragen wollte, was das nun wieder zu bedeuten hatte, wurde die Türe aufgerissen und Miss Heather kam ins Zimmer gestürzt. »Hast du das schon gelesen, meine Liebe?« Sie blickte mich fragend an, in der Rechten das Exemplar einer Zeitung, das sie mir zitternd entgegenhielt.
    Ich sprang auf. Es hatte den Anschein, als sei Miss Heather vom Schlafgemach ihrer Cousine durch die langen Gänge und

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