Mass Effect 01 - Die Offenbarung
schwarz und weiß waren, wie sie zuerst angenommen hatte. Sie hatte keine Ahnung, wie viele Leute auf der Basis in diese Angelegenheit verwickelt waren. Was war, wenn Menschen, mit denen sie zusammenarbeitete, oder ihre Freunde mit der Sache zu tun hatten? Wollte sie die wirklich auffliegen lassen? War das nicht auch Verrat an ihnen?
Aber sie zögerte nicht nur aus Gründen der Loyalität: Sie riskierte dabei auch ihre eigene Karriere. Sie hatte Beweise dafür, dass auf Sidon Forschung betrieben wurde, die weit jenseits der erlaubten offiziellen Richtlinien lag. Beweise, die sie auf illegalem Weg aus streng geheimen Datenfiles erhalten hatte, wobei sie nur aus einem Anfangsverdacht und wilden Spekulationen heraus gehandelt hatte. Ihre Spekulationen hatten sich als richtig erwiesen, aber technisch gesehen war ihre ganze Ermittlung Verrat an der Allianz.
Je länger sie darüber nachdachte, desto mehr kam Kahlee zu dem Schluss, dass sie keine Ahnung hatte, in was sie da hineingeraten war. Sie wusste nicht, ob ihre Vorgesetzten aus eigenem Antrieb gehandelt hatten oder ob sie einfach nur Befehle von weiter oben ausführten. Was, wenn sie ausgerechnet der Person davon berichtete, die für die illegale Forschung verantwortlich war? Warf sie vielleicht ihre Karriere weg und riskierte Gefängnis für nichts?
Eigentlich war es ja nicht sonderlich schwer, sie zu finden, wenn die Allianz das wirklich wollte. Es gab Aufzeichnungen, die zeigten, wie sie die Reise nach Elysium mit dem falschen Pass antrat. Aber sie bezweifelte, dass man irgendjemanden hinter ihr herschicken würde. Zumindest nicht, bevor sie nicht mindestens zwanzig Stunden verschwunden war, wodurch die Sache zu einer kriminellen Handlung wurde. Also hatte sie noch ein wenig Zeit zum Nachdenken.
Ein paar Stunden mehr hätten sowieso kaum noch einen Unterschied ausgemacht. Sie kämpfte mit dem Problem, seit sie gelandet war. Kahlee war zu aufgedreht, um zu schlafen, zu ängstlich, um zurück nach Sidon zu fliegen und sich den Folgen zu stellen, zu verschreckt, um weiterzumachen. Deshalb ging sie von Bar zu Bar, nahm ein paar Drinks und ging dann, um wieder nüchtern zu werden. Sie blieb nie lange an einem Ort, immer besorgt, zuviel unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ihr Weg führte sie in Bars und Lounges und in Clubs - auf der Suche nach einer Eingebung, die ihre Probleme auf wundersame Weise lösen würde.
Sie schaute auf den Videoschirm, der sich an der gegenüberliegenden Wand befand. Es lief eine Nachrichtensendung, die ein vertrautes Bild zeigte. Obwohl sie nicht verstehen konnte, was der Sprecher sagte, erkannte sie das Archivbild von der Forschungsanlage auf Sidon. Verwirrt runzelte Kahlee die Stirn und verengte die Augen, um das schnell laufende Schriftband am unteren Bildschirmrand erkennen zu können.
... Angriff auf Forschungsbasis der Allianz ...
Ihre Augen weiteten sich vor Schreck, sie knallte ihr Glas auf den Tresen und verschüttete dabei den restlichen Inhalt. Sie ignorierte es, verließ ihre kleine Ecke und arbeitete sich durch die Menge. Rücksichtslos schob sie mit Armen und Ellbogen die anderen Gäste beiseite, bis sie nahe genug war, um den Nachrichtensprecher zu verstehen.
„Die Einzelheiten sind nach wie vor unklar, aber wir haben von offiziellen Stellen die Bestätigung erhalten, dass die Forschungsstation auf Sidon Opfer eines terroristischen Anschlags geworden ist." Darum bemüht, mehr zu verstehen, drängte sich Kahlee weiter vor, dabei schubste sie einen anderen Gast zur Seite, der seinen Drink verschüttete.
Der Mann drehte sich zu ihr um und schrie wütend auf.
„Hey, pass auf, dass du ..." Er verstummte, als er erkannte, dass eine hübsche, junge Frau ihn angerempelt hatte.
Kahlee würdigte ihn keines Blicks, sie ließ den Bildschirm über sich nicht aus den Augen.
„Der Tatort ist immer noch abgesperrt, weil die Untersuchungen andauern. Deshalb können wir Ihnen keinerlei Bilder von dort präsentieren ..."
Der Mann schaute auch auf den Schirm, allerdings mit vorgetäuschtem Interesse und in der Hoffnung, ein Gespräch mit ihr beginnen zu können. „Das waren bestimmt die Batarianer", erklärte er sachlich.
Der Freund, mit dem er geredet hatte, mischte sich ebenfalls in das Gespräch ein, darum bemüht, die attraktive Frau zu beeindrucken. „Die Allianz hat so was schon vor Monaten vorhergesagt", sagte er in einem Ton, als wäre er Experte auf dem Gebiet. „Mein Vetter ist beim Militär, und er
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