Mass Effect 01 - Die Offenbarung
Sidon versetzt worden war.
Und genau deshalb konnte hier irgendetwas nicht stimmen. Anderson kannte den Unterschied zwischen einem guten Soldaten und einem schlechten. Kahlee Sanders gehörte definitiv zu den guten. Vielleicht war sie ursprünglich der Allianz beigetreten, weil sie auf der Suche nach einem besseren Leben den eigenen Verhältnissen entfliehen wollte. Aber sie hatte genau das gefunden, wonach sie gesucht hatte. Es gab ausschließlich Erfolge, Auszeichnungen und Orden, seit sie in den Militärdienst getreten war. Außerdem hatte sie seit dem Tod ihrer Mutter keinerlei Freunde mehr außerhalb der Allianz.
Anderson konnte sich nicht vorstellen, warum sie die Allianz hätte verraten sollen. Selbst Habgier kam nicht in Frage. Jeder Beschäftigte auf Sidon bezog ein Spitzengehalt. Außerdem war Anderson klar, dass es mehr als nur normaler Habgier bedurfte, um jemanden dazu zu bringen, beim Mord an den Menschen mitzuwirken, mit denen man jeden Tag zusammenarbeitete und -lebte.
Noch etwas störte ihn: Wenn Sanders wirklich die VerTäterin war, warum hatte sie exakt einen Tag vor dem Angriff die Basis verlassen und sich damit automatisch verdächtig gemacht? Sie hätte lediglich pünktlich zum Dienst antreten müssen, und jeder hätte angenommen, dass sie sich unter den Leichen befunden hätte, die in die Luft gejagt worden waren. Es wirkte eher so, als wollte jemand sie reinlegen.
Aber er konnte auch nicht leugnen, dass ihr plötzliches Verschwinden viel zu verdächtig war, um als purer Zufall abgetan zu werden. Er musste herausfinden, was dahintersteckte. Bislang war sein einziger Anhaltspunkt das, was nicht in ihrer Akte stand. Kahlee Sanders Vater wurde offiziell als „unbekannt" geführt. Im Zeitalter der weltweiten Geburtenkontrolle, die wegen der steigenden Bevölkerungszahlen durchgeführt wurde, und der riesigen DNS-Datenbanken war es praktisch unmöglich, dass der Vater nicht zugeordnet werden konnte ... es sei denn, es wurde bewusst verheimlicht.
Als er tiefer in die offiziellen Datensätze über Kahlee Sanders eingedrungen war, hatte er festgestellt, dass alle Spuren, die zu Kahlees Vater geführt hätten, gelöscht worden waren: Krankenberichte, Impfbescheinigungen ... alles. Es schien so, als ob irgendjemand bewusst versucht hatte, ihn aus ihrem Leben herauszuschneiden. Jemand, der mächtig genug war, offizielle Dokumente ändern zu können.
Kahlee und ihre Mutter mussten beide darin verstrickt sein. Wenn ihre Mutter die Identität des Vaters hätte aufdecken wollen, hätte niemand sie aufhalten können. Und Kahlee hätte jederzeit einen DNS-Test beantragen können. Sie beide wussten, wer der Vater war, hielten es aber aus irgendeinem Grund geheim.
Trotzdem hatten beide weder die finanziellen Möglichkeiten noch die politischen Verbindungen, um so eine Aktion durchzuziehen. Was bedeutete, dass noch jemand darin verwickelt war- wahrscheinlich der Vater. Wenn Anderson ermitteln konnte, wer ihr Vater war und warum man ihn aus allen offiziellen Akten gelöscht hatte, würde er auch herausfinden, wie weit Kahlee Sanders in den Angriff auf Sidon verwickelt war.
Zwar hatte Anderson schon alle offiziellen Mittel ausgeschöpft. Doch zum Glück gab es Wege, um verschüttete Daten wieder auszugraben. Deshalb stand er auch jetzt in einer dunklen Gasse in den Bezirken und wartete auf einen Informationshändler.
Anderson war ein paar Minuten eher gekommen, begierig darauf zu erfahren, was der Händler herausgefunden hatte. Es überraschte wenig, dass sein Ansprechpartner noch nicht hier war. Er wartete die nächsten Minuten und ging dabei auf und ab, während die Zeit verstrich.
Eine Gestalt tauchte exakt zur vollen Stunde auf. Als sie näher kam, wurde schnell klar, dass es sich um eine Salarianerin handelte. Kleiner und dünner als die Menschen, wirkten sie wie eine Kreuzung aus Echsen oder Chamäleons und den so genannten „Grauen", wie die vermeintlichen Opfer ihre außerirdischen Entführer im späten 20. Jahrhundert beschrieben hatten. Anderson fragte sich, ob sie schon die ganze Zeit da gewesen war, während sie ihn beobachtet und auf den vereinbarten Zeitpunkt gewartet hatte.
„Haben Sie etwas herausgefunden?", fragte er die Frau, die er beauftragt halte, das Extranet nach Spuren von Kahlee Sanders Vater zu durchsuchen.
Trillionen von Terabytes an Daten wurden über das Extranet jeden Tag verschickt. Darunter musste einfach etwas Brauchbares sein. Aber eine praktisch unendlich große
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