Mass Effect 01 - Die Offenbarung
weitere Möglichkeit. Aber sie bezweifelte, dass sich dadurch die Strafe, die der Rat gegen die Allianz und die Menschheit verhängen würde, mindern ließe. Und genauso wie die geheuchelte Unschuld würde diese Vorgehensweise als Zeichen von Schwäche ausgelegt werden.
Als die Botschafterin den Turm erreicht hatte, war ihr klar, dass sie nur eine Möglichkeit hatte. Sie musste angreifen.
Ein maßstabgerechtes Modell eines Massenportals stand links von ihr. Eine zwanzig Fuß große Nachbildung der größten technischen Errungenschaft der Protherianer, die jeden Besucher mitten in der großartigsten Raumstation der ganzen Galaxis empfing. Es war ein auffälliges Stück Kunst, doch die Botschafterin war nicht in der Stimmung, stehen zu bleiben und es zu bewundern.
Sie ging zu den Posten, die den einzigen Eingang zum Turm bewachten, und wartete ungeduldig darauf, dass sie ihre Identität überprüften. Die Botschafterin war erfreut festzustellen, dass einer der Wächter ein Mensch war. Die Zahl der Menschen, die in wichtigen Positionen in der Citadel arbeiteten, schien jeden Tag zu steigen, ein weiterer Beweis dafür, wie wichtig ihre Spezies in den wenigen Jahren der Zugehörigkeit zur galaktischen Gemeinschaft geworden war. Es bestärkte die Botschafterin in ihrem Entschluss, als sie den Aufzug betrat, der sie in den Turm des Rats befördern würde.
Es war ein gläserner Aufzug, und so breitete sich das ganze Präsidium unter ihr aus, während sie himmelwärts glitt. Als sie noch höher fuhr, konnte sie sogar über die Begrenzung des inneren Rings hinaussehen. In der Feme machte sie die flackernden Lichter der Bezirke aus, die sich bis in weite Ferne über die fünf Arme der Citadel erstreckten.
Die Aussicht war spektakulär, aber die Botschafterin bemühte sich, sie zu ignorieren. Es war kein Zufall, dass gerade von hier die ganze Pracht der Citadel zu sehen war. Obwohl sie offiziell keine Macht innehatten, waren die drei Individuen, die den Rat bildeten, die Herrscher der zivilisierten Galaxis. Die Aussicht, sie persönlich zu treffen, war eine Erfahrung in Sachen Demut, selbst für jemanden, der politisch derart gerissen war wie die beste Botschafterin der Allianz. Ihr war klar, dass die lange Aufzugfahrt zur Spitze des Turms einem speziellen Zweck diente: Die Besucher sollten eingeschüchtert werden und sich überwältigt fühlen, bevor sie dem Rat gegenübertraten.
In weniger als einer Minute war sie oben. Ihr Magen revoltierte ein wenig, als der Aufzug bremste und dann stehen blieb. Vielleicht waren es aber auch nur die Nerven. Die Türen öffneten sich, und sie betrat eine kleine Halle, die als Vorraum zur Kammer des Rats diente.
Am Ende der Halle führte eine Treppe nach oben, breite Gänge zweigten in jede Richtung am unteren Ende davon ab. Sechs Ehrenwachen - zwei Turianer, zwei Salarianer und zwei Asari, von denen jedes Paar eins der Völker im Rat repräsentierte - standen in Habachtstellung an der Wand. Sie ging an ihnen vorbei, ohne sie zu beachten. Diese Wächter dienten ausschließlich repräsentativen Zwecken.
Stufe um Stufe stieg sie die Treppe hinauf. Und dann stand sie vor der Pracht der Ratskammer. Dieser so gut bewachte Ort erinnerte an ein römisches Amphitheater auf der Erde, ein großes Oval mit Tausenden von Sitzen für Zuschauer. Vom Boden erhoben sich auf beiden Seiten Plattformen, die aus demselben Material bestanden wie die gesamte Station. Die Stufen, die sie erklomm, führten sie direkt zu einer solchen Plattform, dem Bittstellerpodium. Von hier aus stand sie dem Rat direkt gegenüber.
Als die Botschafterin nach vom trat, um zum Podium zu gehen, nahm sie erleichtert wahr, dass keine Zuschauer anwesend waren. Obwohl ihre Entscheidung öffentlich gemacht werden würde, war es offensichtlich, dass der Rat den exakten Inhalt der Verhandlung mit der Allianz geheim halten wollte. Das bestärkte Goyle noch weiter in ihrer Entscheidung. Sie hatte schon befürchtet, dass es sich hierbei um nichts anderes als einen öffentlichen Schauprozess handeln könnte. Worin sie keinerlei Möglichkeit gehabt hätte, die Taten der Menschheit zu verteidigen.
Am anderen Ende der Kammer saßen bereits die Mitglieder des Rats. Die Asari befand sich in der Mitte, Goyle direkt gegenüber. Zu ihrer Linken, Goyles Rechten, saß der turianische Ratsherr. Zur Rechten der Asari der salarianische Gesandte. Über jedem befand sich eine fünf Meter große holographische Projektion von Kopf und Schultern, was es
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