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Mass Effect 02 - Der Aufstieg

Titel: Mass Effect 02 - Der Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Drew Karpyshyn
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stoisch wirkte.
    „Ich habe nichts gegen Jiro“, versicherte er ihr. Doch sie wusste, dass das nicht ganz stimmte. „Aber Gillian ist nicht wie andere Schüler.“
    „Du sorgst dich zu sehr um sie.“
    „Und das“, antwortete er, „sagst ausgerechnet du?“
    Kahlee ging nicht darauf ein. Sie und Hendel verbrachten eine Menge Extrazeit mit Gillian. Es war den anderen Schülern gegenüber nicht fair, doch Gillian war etwas Besonderes. Sie brauchte mehr Hilfe als die anderen.
    „Sie mag Jiro“, erklärte Kahlee. „Er macht seine Sache gut, wenn du nicht um ihn herumspringst wie ein übervorsichtiger Vater.“
    „Das hat nichts damit zu tun, ihre Daten auszulesen“, knurrte Hendel. „Grayson will zu einem weiteren Besuch vorbeikommen.“
    Kahlee blieb stehen und packte ihren Kollegen am Ellbogen. Damit brachte sie den großen Mann aus dem Tritt und wirbelte ihn herum, sodass er sie ansah.
    „Nein“, sagte sie. „Ich will nicht, dass sie das von dir erfährt.“
    „Ich bin für die Sicherheit in diesem Flügel verantwortlich“, verteidigte sich Hendel. „Alle Besuchsanfragen laufen durch mein Büro.“
    „Du willst ihm doch wohl nicht den Besuch verweigern?“, fragte Kahlee entsetzt. „Er ist ihr Vater ! Er hat Rechte!“
    „Wenn ich glaube, dass der Besuch eine Gefährdung des Kindes darstellt, kann ich ihn verweigern“, antwortete Hendel kühl.
    „Gefahr? Welche Gefahr?“
    „Er ist drogensüchtig, um Himmels willen!“
    „Das kannst du nicht beweisen“, warnte ihn Kahlee. „Und du kannst ihm seine Bitte nicht aufgrund eines Verdachts abschlagen. Du könntest dafür gefeuert werden.“
    „Er will übermorgen kommen“, widersprach Hendel. „Ich muss nur sehen, ob Gillian dafür bereit ist. Es könnte besser sein, wenn er noch ein paar Wochen wartet, sodass sie sich daran gewöhnen kann.“
    „Ja, richtig“, antwortete Kahlee sarkastisch. „Es geht nur darum, was für sie das Beste ist. Deine persönlichen Gefühle Grayson gegenüber haben nichts damit zu tun.“
    „Gillian braucht Routine und Beständigkeit“, beharrte Hendel. „Du weißt, wie aufgebracht sie reagiert, wenn ihr Tagesablauf unterbrochen wird. Wenn er ein Teil ihres Lebens sein will, kann er wie alle anderen Eltern auch jeden Monat hier vorbeikommen, statt nur ein- oder zweimal im Jahr, wenn es ihm gerade in den Kram passt. Diese unerwarteten Besuche bringen sie zu sehr aus dem Gleichgewicht.“
    „Sie schafft das schon“, sagte Kahlee, deren Augen sich verengten. „Ich werde Gillian sagen, dass ihr Vater sie besuchen kommt. Geh zurück in dein Büro und genehmige Graysons Anfrage.“
    Hendel öffnete den Mund, um noch etwas zu sagen, dann schloss er ihn in weiser Voraussicht wieder.
    „Ich mach’s“, murrte er. Dann wandte er sich in die entgegengesetzte Richtung und ging zum Verwaltungstrakt des Gebäudes.
    Kahlee sah ihm nach, dann atmete sie tief durch und beruhigte sich. Gillian war überraschend scharfsinnig. Sie neigte dazu, die Gefühlsregungen anderer Leute zu erkennen und darauf zu reagieren. Und das Mädchen schaute zu Hendel auf. Wenn er die Nachricht vom Besuch ihres Vaters überbracht hätte, wäre ihr wahrscheinlich seine Abneigung nicht entgangen, und sie hätte entsprechend negativ reagiert. Das war Grayson oder seiner Tochter gegenüber nicht fair.
    Gillians Zimmer befand sich am anderen Ende des Schlaftraktes, wo weniger Lärm herrschte, der sie stören konnte. Als Kahlee die Tür erreichte, lag ein Ausdruck froher Erwartung auf ihrem Gesicht. Sie hob die Hand und klopfte leise. Nicht das Mädchen antwortete, sondern Jiro.
    „Komm rein.“
    Die Tür glitt auf, und sie sah, dass Gillian an ihrem Tisch saß. Sie war dünn und hager und das mit Abstand größte Kind in ihrer Altersgruppe. Sie hatte feines schwarzes Haar, das ihr fast bis zur Taille reichte. Ihre Augen wirkten zu groß und standen für ihr langes Gesicht zu weit auseinander. Kahlee vermutete, dass sie nach ihrer Mutter kam. Abgesehen von ihrem schlanken Körperbau hatte sie keinerlei Ähnlichkeit mit Grayson.
    Gillian war zwölf, genauso alt wie Nick. Eigentlich stammte fast die Hälfte der Kinder im Ascension-Projekt aus derselben Altersgruppe. Vor dreizehn Jahren waren während eines Zeitraums von vier Monaten drei große Industrieunfälle geschehen, jeder auf einer anderen menschlichen Kolonie. Die Umstände waren jeweils merkwürdig gewesen, aber die Untersuchungen hatten keinerlei Verbindung zwischen den Vorfällen aufdecken

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