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Mata Hari

Mata Hari

Titel: Mata Hari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrique Gomez Carrillo
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Mata Haris Haltung vor ihren Richtern zeigte vollendete Eleganz und natürliche Anmut.
    – »Sehr groß« sagt er, »schlank, das Gesicht ein wenig lang und schmal, hatte sie zeitweise eine herbe und unangenehme Miene trotz ihren schönen stahlblauen Augen und regelmäßigen Zügen. In ihrem dunkelblauen Kleide mit spitzem, sehr tiefem Ausschnitt, ihrem dreigespitzten, kokett militärisch sitzenden Hut entbehrte sie nicht der Eleganz, aber sie war völlig bar jeder Grazie, was bei einer Tänzerin einigermaßen überraschen muß. Sie war so deutsch von Gestalt und Herz ... Was Eindruck machte, war ihr entschlossener Gesichtsausdruck und ihre starke Intelligenz, wovon sie in jedem Augenblick Proben gab.«
    Diese energische und zugleich feine Intelligenz zeigte sich tatsächlich in allen ihren Antworten. Wenn im Verlauf des Verhörs Oberst Semprou ihr sagt: »Nehmen wir an, Sie ahnten nichts von der Bedeutung dessen, was Sie schrieben; aber Sie wußten doch ganz genau, an wen Sie Ihre Briefe richteten«, begreift sie, daß sie eingestehen muß, was nicht von der Hand zu weisen ist, damit sie die schlimmen Konsequenzen daraus in Abrede stellen kann. Dann vergleicht sie sich in zynischem Ton mit Messalina und verkündet, ihre Liebschaften vor ihrer Begegnung mit Rittmeister Marow wären durch die Bank Geschäfte gewesen, nichts als Geschäfte, und zwar mit einer sehr hohen Taxe. Und als man ihr zu bedenken gibt, bei solchen Grundsätzen müsse ihr beständiger Wunsch, Offiziere und Politiker zu umgarnen, doch einigermaßen überraschen, und daran die Frage knüpft, warum sie statt dessen nicht lieber Jagd auf Bankiers und Millionäre gemacht habe, versichert sie lächelnd und schlagfertig, die reichsten wären nicht immer die freigebigsten. Und fügt auch hier wieder hinzu:
    – Wie man die Dinge auch betrachtet, die Offiziere stehen nun einmal über allen anderen Menschen ...
    Das ist ihr ewiger Refrain. Wollte sie damit etwa auf eine galante Art eine Erklärung geben für ihr Verhalten in den verschiedenen Ländern, wo man sie immer in Gesellschaft von Offizieren gesehen hatte? Oder müssen wir darin die naive Absicht erblicken, den Mitgliedern des Kriegsgerichts zu schmeicheln? Doch darauf kommt es hier nicht an. Beschränkte Verdächtigungen auf Grund dieses Enthusiasmus für die Uniform bilden keine Schuldbeweise. Mehr noch: eine Frau kann tatsächlich einen Verbrecher lieben, ohne daß sie selbst aufhört unschuldig zu bleiben. Oberst Semprou zeigte sich auch weder ironisch noch hart, als er die Erklärungen der Angeklagten anhörte. Schließlich kommt aber ein Moment, wo sie ausbricht:
    – Kurtisane, jawohl, das gebe ich zu ... Spionin niemals!
    Darauf sagt der Präsident ganz ruhig, ohne die Stimme zu erheben:
    – Hier in Paris, und zwar in einer bestimmten Lage, als Sie sich überwacht, vielleicht schon verloren fühlten, verfielen Sie darauf, Ihre Dienste dem Chef der französischen Spionage anzubieten.
    Diesmal wird die Tänzerin bleich und schweigt. In den Augen des Gerichtshofs ist das Anerbieten, Frankreich zu dienen, natürlich kein Vergehen. Eine andere minder kluge Frau hätte sich beeilt, zuzupacken, um mit Hilfe dieses Zweiges einen Rettungsversuch zu unternehmen. Sie dagegen weiß genau, daß ihr ganzes Verteidigungssystem von den Antworten abhängt, die sie zu machen hat. Wie besäße sie eine Erklärung für den Dünkel ihrer beleidigten Künstler- und Kurtisanennatur, wenn es ihr unmöglich bliebe zu verneinen, daß sie ein niederträchtiges Gewerbe treiben könne. Ja, eine Französin hätte die Zuflucht gehabt, einen Unterschied aufstellen zu können zwischen dem Dienst, und möge er noch so unwürdig sein, zugunsten des Vaterlandes und dem doppelt ehrlosen zugunsten des Feindes. Aber die Angeklagte ist keine Französin; sie ist nicht einmal eine jener Fremden, die ständig in Paris wohnen und sich schließlich ganz französisch fühlen, wie so viele, die in den Feldlazaretten Dienste taten und denen Frankreich eine zweite Heimat und oft sogar die wahre Heimat ihres Herzens geworden ist. Nein. Mata Hari ist ganz und gar Kosmopolitin; sie empfindet für dieses oder jenes Land weder Haß noch Vorliebe. Sie fühlt sich in Madrid ebenso wohl wie in Berlin, in Rom wie in London. Sie hat sich schon selbst dazu bekannt, als sie von ihrer neutralen Seele sprach und von ihrer Schwäche für die Soldatenuniform ohne Unterschied der Nationalität.
    – Ist das wahr? fragt der Präsident.
    – Jawohl, das

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