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Mata Hari

Mata Hari

Titel: Mata Hari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrique Gomez Carrillo
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andere diesem ungewöhnlichen Weibe ins magische Netz ging, dieser Circe, deren Reizen kein Sterblicher den Widerstand eines Odysseus entgegengesetzt zu haben scheint, und er glaubt sicher, mit seinen Fähigkeiten sie retten zu können ... Unglaublich groß ist die Zahl der Geliebten von Namen und Rang, die Mornay der Tänzerin vorwirft! Ich meine nicht die jungen törichten Flieger, auch nicht die Hitzköpfe unter den niederen und höheren Offizieren, die, sagt man, nicht zu beneidende Spielzeuge einer Nacht in ihren unersättlichen Armen wurden. »Bevor sie intime Beziehungen mit einem französischen Kriegsminister unterhielt, hatte die Spionin nicht minder intime zu einem kaiserlichen Prinzen, den sie zu den großen Manövern in Schlesien begleitete; dann mit einem der höchsten Beamten des Quai d'Orsay; dann mit dem Präsidenten des holländischen Ministerrats, dann ...« Auf diesem Punkt angekommen, schweigt der Berichterstatter diskret, er will nur Namen nennen, die im Prozeß erscheinen und die die Zeitungen veröffentlicht haben. Maltre Qunets Name ist mit dabei. Die einen sagen: »Er hat sie angebetet, und obgleich ihm im Augenblick ihrer Verhaftung nur noch die Erinnerung an ihre Reize geblieben war, denn sie hatte auch ihn schmählich betrogen, wollte er doch aus Ritterlichkeit ihr die Hilfe seines Prestiges und seiner Beredsamkeit leihen.« Andere glauben, daß der Verteidiger damals noch einer ihrer Geliebten gewesen sei. Genügt diese, ganz gleich ob noch lebendige oder bereits tote Liebe, seinen Glauben an die Unschuld Mata Haris zu erklären? Denn Massard selbst sieht sich zu der Anerkennung gezwungen, daß der hervorragende Rechtsgelehrte, dessen Seele die reinsten Bürgertugenden widerspiegelt, stets, bis zum Augenblick der Urteilsvollstreckung, seinen unerschütterlichen Glauben hochgehalten hat. Freilich darf nicht verschwiegen werden, was der ehemalige Chef des Pariser Hauptquartiers hinzufügt: »Die Lauterkeit dieses Menschen ist rührend, und sein Eifer wäre einer besseren Sache würdig.«
    Ich wundere mich nun zwar nicht über die Lauterkeit, wohl aber über die Schwäche des Advokaten. Denn er scheint nur eingreifen zu wollen mit Bitten an die Richter, sie möchten die Ausbrüche seiner Klientin entschuldigen. In schweren Momenten, wenn es darauf ankommt, stachelige Erklärungen heranzuschaffen, läßt er sie in der lähmenden Wiederholung abgedroschener Phrasen, die nichts besagen, herumwaten und sich verwirren.
    – Der Präsident des Kriegsgerichts hält der Tänzerin vor: In Madrid, im Ritzhotel, bewohnten Sie ein Zimmer neben dem des deutschen Spionagechefs in Spanien.
    – Sie antwortet: »Das ist wahr.«
    – Dieser Berliner Agent besuchte Sie häufig.
    – Auch wahr.
    – Haben Sie Geschenke von diesem Mann bekommen?
    – Aber gewiß ... Er war mein Geliebter!
    – Sehr gut ... Dieser Geliebte telegraphierte seinem Kollegen in Amsterdam das Ersuchen, Ihnen fünfzehntausend Mark zu schicken. Die Gesandtschaft eines neutralen Landes sollte die Sendung an Sie, Sie waren damals bereits wieder in Paris, vermitteln.
    – Wozu leugnen? ... Der genannte deutsche Beamte beliebte meine Gunst mit dem Gelde seiner Regierung zu bezahlen.
    – Das Kriegsgericht wird diese Erklärung nach ihrem richtigen Wert einschätzen. Sie bekennen also, daß das Geld vom Chef der deutschen Spionage in Amsterdam kam? –
    Vollkommen ... Von meinem Freund in Holland, der, ohne es zu wissen, die Schulden meines Freundes in Spanien bezahlte.
    – Also, wir hören immer dasselbe, die Angeklagte vermag nichts anderes vorzubringen, sagt Massard. Plötzlich schwankt sie, erbleicht, ihre Augen werden verstört und aus dem verzerrten Mund fallen abgehackte Sätze
    – Ich sage Ihnen ... aber so glauben Sie mir doch ... es ist tatsächlich so ... es war nur ... nur ... nur um meine Liebesnächte zu bezahlen ... So glauben Sie das doch ... bitte, zeigen Sie sich als französische Kavaliere, meine Herren Offiziere ...
    Daß ihre Richter in diesen Worten nur ein überflüssiges, letztes schamloses Mittel zur Erreichung eines Vorteils erblickten, hätte die Angeklagte nicht in Erstaunen setzen dürfen. Trotzdem begehrt sie auf, als sie sieht, daß ein spöttisches Lächeln über Mornays Lippen irrt. Sie empfindet das als geschmacklos und als schweren Verstoß gegen den Anstand.
    Wechselt sie im Verlauf des Prozesses ihr Verhalten, geschieht das stets auf eine jähe Weise. Nachdem sie sich energisch erhoben und ihren

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