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Mathias Sandorf

Mathias Sandorf

Titel: Mathias Sandorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Masse der armen Teufel, die in ihren Taschen mehr Kupfermahbubs als Geldmittel hatten, gab es eine einfache »Bazihna«, eine Art mit Oel durchsetzten Gerstenschleimes; in Strömen floß der »Lagby«, das aus dem Dattelbaume gezogene Getränk, welches, in den Zustand des alkoholhaltigen Bieres versetzt, vollständig berauschend wirkt.
     

    Kap Matifu stand unerschütterlich. (S. 524.)
     
    Einige Minuten nach Abfeuerung des Schusses waren Männer, Frauen, Kinder. Türken, Araber, Neger nicht mehr zu halten. Es bedurfte der ganzen Sonorität der barbarischen Orchester, um dieses menschliche Tohuwabohu noch zu übertönen. Hier und dort sprengten Reiter einher, wobei sie ihre langen Flinten und Sattelpistolen abfeuerten, während Feuerwerkskörper und Kanonenschläge mit geschützartigem Knall explodirten – alles inmitten eines Tumultes, der sich unmöglich beschreiben läßt.
    Hier führte beim Scheine der Fackeln, beim Wirbel der Holztrommeln und einem monotonen Singsang ein phantastisch gekleideter Negerführer, dessen Lenden vom Gerassel des an ihm hängenden Knochenschmuckes widertönten, während eine teuflische Maske sein Gesicht verdeckte, an dreißig Grimassen schneidende Schwarze zum Tanze in den Kreis convulsivisch mit den Händen schlagender Frauen.
    Wilde Aïssassuyas, die schon auf der letzten Stufe religiösen Wahnsinnes und alkoholischer Trunkenheit angelangt waren, denen der Schaum vor dem Munde stand, die Augen aus ihren Höhlen getreten waren, welche Holz zerkauten und Eisen zerbissen, sich die Haut abschunden und mit glühenden Kohlen jonglirten, umwickelten sich mit langen Schlangen, die sie in die Handgelenke, Knie, Lippen bissen und denen sie das Gleiche thaten, indem sie ihren blutenden Schwanz auffraßen.
    Doch bald drängte das Volk in ausgesprochener Weise dem Hause des Sidi Hazam zu, gerade als ob ein neuartiges Schauspiel es dort erwartete.
    Zwei Männer, der Eine dick, der Andere dünn – zwei Akrobaten hatten sich dort eingefunden, deren wunderbare, mit Kraft und Geschicklichkeit ausgeführte Exercitien einen vierfachen Kreis von Zuschauern herbeilockten; brausende Hurrahs, wie sie nur tripolitanische Kehlen von sich zu geben im Stande sind, lohnten den Künstlern.
    Es waren Pointe Pescade und Kap Matifu. Sie hatten den Schauplatz ihrer Thaten nur wenige Schritte vom Hause des Sidi Hazam entfernt gewählt Beide hatten bei dieser Gelegenheit ihr Handwerk als Meßbudenakrobaten noch einmal ergriffen. Mit Flitterzeug angethan, das sie sich aus arabischen Stoffen zurechtgeschnitten hatten, gingen sie auf neue Erfolge aus.
    »Wirst Du auch nicht schon zu steif geworden sein? hatte Pointe Pescade Kap Matifu gefragt.
    – Nein, Pointe Pescade, hatte Jener geantwortet.
    – Und Du wirst vor keinem Exercitium, welches es auch immer sein mag, zurückschrecken, um diese Dummköpfe zu begeistern?
    – Ich?… Zurückschrecken?
    – Selbst wenn Du Kieselsteine aufbeißen und Schlangen verzehren solltest?
    – Gekochte –? fragte Kap Matifu.
    – Nein… rohe.
    – Rohe?
    – Und lebendige!«
    Kap Matifu hatte zwar ein schiefes Gesicht gezogen, aber er war entschlossen, wenn es nicht anders sein konnte, auch lebendige Schlangen zu essen wie der gewöhnlichste Aïssassuya.
    Der Doctor, Peter und Luigi, die sich unter die übrigen Zuschauer gemischt hatten, verloren die beiden Genossen nicht aus den Augen.
    Nein! Kap Matifu war gewiß nicht steif. Er hatte nichts von seiner wunderbaren Kraft eingebüßt. Zunächst hatten die Schultern von fünf bis sechs Arabern, die sich mit ihm hatten messen wollen, die Erde geküßt.
    Dann waren es die Jongleurkunststückchen, welche die Araber entzückten, als entzündete Fackeln zwischen den Händen Kap Matifu’s und Pointe Pescade’s in krausen Linien einherflogen.
    Dieses Publicum war gewiß nicht leicht zufrieden zu stellen. Es gab da eine ganz bedeutende Menge von Anhängern der halbwilden Tuaregs, »deren Geschicklichkeit derjenigen der furchtbarsten Thiere dieser Breitengrade gleichkommt«, wie sich die Ankündigung des großartigen Programmes der berühmten Bracco-Truppe ausdrückte. Diese Kenner hatten schon dem unbeugsamen Mustapha, dem Samson der Wüste, dem Kanonenkönige applaudirt, dem »die Königin von England durch ihren Kammerdiener hatte bestellen lassen, er möge seine. Experimente nicht wiederholen, aus Furcht, es könnte ihm ein Unglück zustoßen!« Doch Kap Matifu war in allen seinen Krafttouren unerreichbar und er hatte keine

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