Mathilda, Mathilda! - Drei wie Zimt und Zucker: Band 3 (German Edition)
zuvor. Wie würde das morgen nur während der langen Autofahrt werden? Und wie stressig würde das erst in der Berghütte sein? Oder sollte ich lieber erst gar nicht mitfahren? Aber dann würde ich niemals herausfinden, ob ich Silvester einen Kuss von Mats bekommen würde. Den wollte ich natürlich auf keinen Fall verpassen. Also würde ich mitfahren!, dachte ich entschlossen, um im nächsten Moment zu denken: Oder lieber doch nicht? Im Gegensatz zur festgelegten Strecke bei einer Achterbahn wissen Gefühle manchmal leider überhaupt nicht, wohin sie sollen.
An diesem Abend kam mit einem Mal meine Gefühlsachterbahn zum Stillstand. So als ob sie aus voller Fahrt mit einem Ruck stoppte und man unsanft aus dem Sitz gehoben wurde. Ich stand mit der Taschenlampe in meinem Dachzimmer am Fenster. Eigentlich wollte ich nur mal schauen, ob Mats in seinem Zimmer war, und hatte ihm bereits zweimal unsere Lichtzeichen gesendet. Aber im Giebel gegenüber blieb alles dunkel. Doch dann sah ich ihn: Mats stand unten vor der Haustür der Quentins. Aber er war nicht allein. Saskia klammerte sich an ihn, als ob er zu einer fünfjährigen Marsmission starten würde. Mats klopfte ihr auf die Schulter und schien etwas Tröstendes zu sagen, doch Saskia war untröstlich. Ihre Schultern zuckten, so sehr weinte sie. Das sah ich genau. Jetzt wusste ich es! Mats erlebte seine große Liebe. Mit Saskia, nicht mit mir. Er hatte mich als gute Freundin eingeladen, mit in die Berghütte zu fahren – und so würde ich mich auch benehmen. Aber warum fühlte es sich dann so traurig an?
Am nächsten Morgen war es soweit. Der Bus der Quentins war voll beladen, als der alte Meyer mit T-Rex (so nenne ich seinen Dobermann Rex, der so angriffslustig wie ein T-Rex ist) vorbeikam. »Für so einen Unsinn wie Urlaub habe ich ja nie Zeit gehabt«, brummte er und marschierte weiter, während wir einstiegen.
Mats saß zwischen den beiden Kleinen in der ersten Reihe. In der zweiten kamen erst Linn, dann Philippa und ich. Ich war froh, dass Philippa in der Mitte saß. Sozusagen als Puffer zwischen Linn und mir. Denn sie sprach kein Wort mit mir. Aber sie verdrehte jedes Mal die Augen, wenn es in der Reihe vor uns piepte und Mats eine SMS nach der anderen von Saskia bekam. In dem Punkt konnte ich Linn nur recht geben. Vielleicht wusste ich nicht, was die große Liebe war, aber das war doch etwas viel. Nach einigen Stunden fuhren wir an eine Raststätte und Mats stürmte mit dem Handy aus dem Auto, während wir zu den Toiletten liefen. Frau Quentin, Cara und Emmi waren schon längst wieder gegangen, nur Philippa kam nicht aus der Toilettenkabine heraus. Nachdem Linn und ich schweigend eine Weile in dem fahlen Neonlicht gewartet hatten, klopfte sie schließlich an die Tür. »Geht es dir nicht gut, Philippa?«, rief Linn besorgt.
»Brauchst du etwas?«, fügte ich hinzu, weil ich dachte, dass Philippa vielleicht von ihrer Periode überrascht worden war.
»Ja!«, tönte es sofort aus der Kabine. »Ich brauche zwei Freundinnen, die sich sofort wieder vertragen.«
»Phh«, machte Linn mit erhobenem Kinn. »Das entscheide ich immer noch selbst, ob und wann ich mich versöhne.« Sie sah dabei so überheblich aus, dass ich mir gleich wieder wünschte, nicht mitgefahren zu sein.
»Phh«, äffte ich sie nach. »Dazu braucht es immer noch zwei!« Wir funkelten uns an und hätten fast vergessen, dass Philippa immer noch in der Klokabine steckte.
Schließlich klopfte Linn erneut an die Tür. »Philippa, jetzt komm schon«, bat sie und blickte nervös auf ihre Armbanduhr. »Wenn mein Vater etwas hasst, dann wenn der Zeitplan nicht eingehalten wird.«
»Ich komme erst hier raus, wenn ihr beide euch versöhnt habt«, hallte es dumpf aus der Toilettenkabine. Das war der Moment, in dem Linn und ich ahnten, wie ernst es Philippa damit war.
Im nächsten Moment ging die Tür neben Philippas Kabine auf und eine junge Frau trat heraus. »Hey, sagt mal, dreht ihr drei gerade für diese Fernsehsendung ›Bitte, verzeih’ mir‹ oder seid ihr so schräg drauf?« Sie ging an uns vorbei zu den Waschbecken, während Linn und ich rot wurden. Wie feuerrot, das sahen wir gleich gegenüber, in der Spiegelfront über den Waschbecken. Es ist nicht fair, immer wenn ich eine schlagfertige Antwort brauche, fällt mir garantiert keine ein.
Als wir wieder allein waren oder zumindest so allein, wie man auf einer öffentlichen Toilette sein kann, drehte ich mich zu Linn um. »Mir tut es wirklich
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