Mathilda, Mathilda! - Drei wie Zimt und Zucker: Band 3 (German Edition)
Nein, sie war von Scott, der für den letzten Schultag beurlaubt war: BYE , BYE , FLIEGEN JETZT GLEICH IN DIE USA . Wie gerne hätte ich mit ihm getauscht. Denn eines wusste ich genau: Linn würde ich am letzten Schultag besser aus dem Weg gehen, sonst gäbe es nachher noch Verletzte. Wenn schon ein Schoko-Weihnachtsmann zur Waffe werden konnte, kam mir unsere Küche ja fast lebensgefährlich vor. Ich seufzte. Wie gut, dass ich gleich vom ersten Ferientag an über die Weihnachtstage mit Friederike nach Frankfurt fahren würde. Da hatten Linn und ich schön viel Abstand voneinander. Aber – bei dem nächsten Gedanken wurde mir ziemlich unbehaglich zu Mute – oh je, wie würde es nur in einer kleinen Berghütte werden?
Weihnachtsfreie Zone
D ie Straßen in Frankfurts Bankenviertel lagen am zweiten Weihnachtstag wie ausgestorben da, als ich außer Atem durch die Schluchten zwischen den Wolkenkratzern rannte. Ich hatte es so satt. Nichts war mehr wie früher. Da Papa in Hongkong arbeitete, hatten er und seine Frau Stephanie die große Wohnung mit der stylishen Dachterrasse gekündigt und sich eine viel kleinere Wohnung gesucht. Ohne Arbeitszimmer, in dem wir sonst geschlafen hatten.
Was hieß, dass ich seit drei Nächten Seite an Seite mit dem Tannenbaum auf dem Ausziehsofa im Wohnzimmer schlief (auf meiner anderen Seite eine Friederike, die sich wie ein Uhrzeiger im Schlaf drehte). An Ausschlafen war auch nicht zu denken, weil Stephanie jeden Morgen in aller Früh ins Bad stürmte, das gleich neben dem Wohnzimmer lag. Was sie dort machte, wollte ich garantiert nicht wissen, aber es war nicht zu überhören, dass ihr ziemlich schlecht sein musste. Nirgendwo gab es in der neuen Wohnung eine Stelle, wo ich mal ungestört sein könnte. Also musste ich raus. Unbedingt, sonst würde ich platzen. Keuchend blieb ich auf der Mainbrücke stehen und blickte in die schlammbraunen Fluten, als mein Handy klingelte.
»Hi, störe ich dich?«, fragte Mats etwas unsicher. »Sag ruhig, wenn es gerade schlecht ist«, und seine Stimme klang wieder so dunkel, dass es in meinem Bauch kribbelte.
»Nein«, schrie ich, »oh Mats, es könnte gar nicht besser sein.«
»Echt?«, sagte Mats »Da hab ich aber Glück, denn ich muss unbedingt mal was anderes hören.«
Das konnte ich ihm so gut nachfühlen. »Oh ja, mir hängt auch dieses ganze Weihnachtstrara so zur Nase raus. Bei Stephanie sieht es so aus wie in diesen teuren Einrichtungsmagazinen.« Und weil ich nicht wusste, ob Mats so eines überhaupt schon mal gesehen hatte, weil die bei den Quentins nicht rumlagen, fügte ich schnell hinzu: »Ein Albtraum in silber und weiß. Bloß keine bunten Weihnachtsbaumkugeln von früher, die würden ja nicht in das elegante Gesamtbild passen.« Ich schnappte nach Luft. »Und weißt du, womit ich mich noch rumschlage?«
»Mmmmh?«
»Dann sind da noch Stephanies heilige Tischdecken. Jeder Klecks wird wie ein Bombenangriff gewertet.«
Mats lachte so, dass ich mitlachen musste. »Wieso muss Weihnachten auch ständig gegessen werden?«, fragte er. »Kannst du mir das sagen?«
Ich schüttelte grinsend den Kopf. »Nein, aber weißt du was, Mats?«, flüsterte ich.
»Sag!« Mats war ganz bei der Sache, das hörte ich an seiner Stimme und ich konnte mir genau vorstellen, wie er, das Kinn auf die Hand gestützt, genau zuhörte.
»Wenn ich mal ausgezogen bin, dann ist bei mir weihnachtsfreie Zone.«
»Darf ich kommen?«
Mein Herz machte einen Sprung. Vielleicht, weil ich mir vorstellte, wie schön es wäre, mit Mats nicht Weihnachten zu feiern. »Unbedingt«, erwiderte ich leise.
»Wir machen auch nicht diesen ganzen Stress ums Essen«, sagte Mats, »es gibt einfach Nudeln mit Soße. Wie findest du das, Mathilda?«
»Gut oder wir gehen einen Döner essen!«
»Ja und …«, Mats zögerte einen kleinen Moment, bevor er weitersprach, »weißt du, was ich wirklich richtig witzig fände?«
Nun war ich es, die gespannt: »Mmmmh?«, fragte.
»Wir könnten uns so einen kleinen Tannenbaum besorgen und den mit lauter verrückten Sachen schmücken. Vielleicht mit rotweißem Absperrband!«
Das war wirklich genial, ich sah das freakige Tannenbäumchen schon richtig vor mir. »Und dazu hängen wir noch eine rote Bonbonkette in die Zweige. So etwas hatten wir mal im Kindergarten. Ich glaube, dazu muss man die Enden der Bonbons einfach nur aneinandertackern.«
Mats lachte und sagte leise: »Du, Wichtel, das wird echt schön.«
Ich sagte es nicht, aber ich
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