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Mathilda Savitch - Roman

Mathilda Savitch - Roman

Titel: Mathilda Savitch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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aber ich bestimmt. Ich würde ihn ausquetschen. Und wenn es die Stimme des Teufels war, würde ich den Teufel aus ihm herausholen, damit er sich erklärt. Ich würde meine ganze Magie bis zum Letzten einsetzen.
    Nächsten Donnerstag ist wieder der Tag, an dem Helene starb. Es wird genau vor einem Jahr gewesen sein. Ich habe es so in meinen Kalender eingetragen: H.S.S.H. Das sind Helenes Initialen, einmal vorwärts und einmal rückwärts gelesen. Wenn man lange genug auf die Buchstaben starrt, ist es fast, als wollte jemand
psst
machen. Ma und Pa haben kein Wort über den großen Tag verloren. Ich will, dass H.S.S.H. ein Tag wird, an den wir uns alle erinnern. Wenn Ma und Pa glauben, ich würde darüber hinweggehen, können sie sich auf was gefasst machen.
    Es ist nämlich so, dass Helene dazu bestimmt war, ewig zu leben. Sie war einfach diese Sorte Mensch. Man merkte immer, dass sie eine geheimnisvolle Kraft besaß, die sie unsterblich machen würde. Ich wünschte, ich könnte Ihnen ihre Haarfarbe beschreiben, aber es gibt nichts Vergleichbares.
    Wäre der Mann gefasst worden, käme er vermutlich auf den elektrischen Stuhl. Aber soweit ich weiß, tötet Strom keine Teufel.
    Die Leute sagen, wie Kupferpennys habe ihr Haar geschimmert, aber es war noch schöner.
    Und sie roch nach Zitrone. Als ich das einmal laut sagte, schaute Ma weg, aber Pa stimmte zu. Er flüsterte mir ins Ohr. Er sagte, ich habe recht. Es sei immer Zitrone gewesen.

Vier
    Ich habe meiner Freundin Anna von der Sache mit dem Gemeinsein erzählt, worauf sie sagte: «Und was ist mit deiner Seele?»
    «Was soll damit sein?», fragte ich. «Was soll ich mich um meine Seele kümmern?»
    «Wenn ich denn eine habe», fügte ich hinzu, «das weiß ja niemand so genau.»
    «Es gibt keinen Beweis», sagte ich. Es ärgerte mich etwas, dass Anna mir mit der Seele kam, bei allem, was sie über mich wusste.
    «Und wenn es wirklich eine gibt,
wo
ist sie dann?», fragte ich. Bläst sie mir den Bauch auf wie ein Baby, ganz weiß und dicklich wie Hefeteig? Und was macht sie überhaupt, außer dass sie dein Leben lang in dir steckt und bis zu deinem Tod nicht einmal geboren wird?
    Ich sagte ihr das alles, und sie wusste keine Antwort. Aber ich habe sie zum Nachdenken gebracht. Ich sah es an der Art, wie sich ihr Gesicht (das, kleine Anmerkung, sehr hübsch ist) langsam in hässliche Falten legte. Mit dem Denken hat Anna ziemliche Mühe, das ist für sie wie Bergsteigen. Sie nimmt Nachhilfe in der Lesegruppe, auch in Mathe ist sie langsam.
    Schließlich, nach einer Minute, glättete sich ihr Ausdruck und sie sagte: «Aber das Baby bist du selbst, Mattie, du bist deine Seele, da ist kein Unterschied.»
    Dann sagte sie, nein, wie Hefeteig, das glaube sie überhaupt nicht, die Seele sei eher wie ein Seidenkleid, genau den Körperformen angepasst, mitsamt Kopf, Händen und Füßen, einfach allem, was dazugehört.
    «Und durchsichtig», fügt sie hinzu. Wenn sie solche Sachen sagt, merkt man, was sie für ein Kind ist. Religion verdummt die Leute, wie mein Vater sagt.
    «Durchsichtig, soll das bedeuten, ich könnte deine Titten sehen?», frage ich.
    «Nein», sagt Anna, jetzt heiliger als eine Nonne. «Das Kleid ist innen, wer könnte da hindurchsehen? Niemand außer Gott.»
    Wenn Anna zu viel Grips entwickelt, sollte ich vielleicht ein paar Nadeln in den Kopf einer genau ihren Körperformen angepassten Puppe stechen. Ihre Schönheit und noch Köpfchen dazu, ich würde es nicht aushalten.
    Und übrigens, Anna hat nicht einmal Titten. Eher zwei Ameisenhaufen auf der Brust.
    «Willst du denn kein ewiges Leben?», sagt sie.
    «In den Himmel kommen und das alles», sagt sie. «Jemand wie du muss an den Himmel glauben, meinst du nicht, Mattie?»
    Ich hatte Annas Denkmaschine in Gang gesetzt, und jetzt hörte sie nicht mehr auf zu reden. Außerdem passte es mir nicht, wohin sie das Gespräch lenkte. Wie sie versuchte, mein Innenleben aus mir herauszukitzeln.
    Ich persönlich glaube nicht an Gott. Ich habe nie Unterricht bekommen oder sonst etwas über ihn gelernt, wie Anna. Sie weiß alles Mögliche von ihrer Familie und aus der Sonntagsschule. Ich habe meinen eigenen Glauben, selbst erfunden. Ich glaube, dass es Leute gibt, die aufpassen, die über uns wachen. Ich weiß nicht, wer sie sind, sie haben sich mir nicht vorgestellt. Die Wächter nenne ich sie. Sie könnten irgendwer sein. Wer weiß, vielleicht nicht einmal Menschen.
    Anna redete weiter, aber ich hörte einfach nicht

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