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Mathilda Savitch - Roman

Mathilda Savitch - Roman

Titel: Mathilda Savitch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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ganz vergessen, ich muss noch rüber zu meiner Freundin Anna.»
    «Nein», sagt sie. «Dein Vater hat gesagt, du sollst nicht mehr aus dem Haus.»
    «Ich muss aber meinen Freund treffen», sage ich. «Er wartet auf mich.» Ich versuche, um sie herumzugehen, und sehe, dass sie leicht nervös wird.
    «Setz dich bitte hin», sagt sie. «Ich bin zu alt dafür.»
    «Würdest du dich bitte hinsetzen?» Jetzt bettelt sie beinahe.
    «Mathilda», sagt sie und schüttelt den Kopf.
    Seltsam, wenn Leute deinen Namen sagen, ist es manchmal, als schlügen sie dich in einen Bann.
    «Komm, setz dich, dann trinken wir erst mal unseren Kakao aus.» Sie legt ihre Hände um den weißen Becher. «Er ist noch warm», sagt sie. «Nun komm schon.»
    Und ehe ich weiß, wie mir geschieht, sitze ich am Tisch und trinke meine heiße Schokolade.
    Ich schleiche mich später raus, beschließe ich, wenn sie eingeschlafen ist.
    «Du armes Kind», sagt Mrs Frisk. Was mich, ehrlich gesagt, überhaupt nicht juckt. Und außerdem, aus dem Mund einer Witwe ist es praktisch ein Kompliment.

Dreiunddreißig
    Ich kletterte früh in mein Bett, gegen acht Uhr, und ich muss eingeschlafen sein. Das war nicht mein Plan gewesen, aber dann machte ich die Augen auf, und es war mitten am helllichten Morgen. Die Sonne schien, und der Wind war weg. Es kam mir etwas seltsam vor, die ganze Nacht geschlafen zu haben, und ich fragte mich, ob Mrs Frisk nicht vielleicht etwas in die heiße Schokolade getan hatte.
    Ich hatte stark das Gefühl, Ma und Pa seien wieder im Haus. In ihren Bademänteln sähen sie sich Cartoons an. Das war das Bild in meinem Kopf. Die Füße auf dem Kaffeetisch und zwischen ihnen ein Pekannussring von Kroner. Aber ich wusste, das wirkliche Bild war wahrscheinlich, dass die beiden mit verschränkten Armen in der Küche auf mich warteten. Ich stecke meinen Kopf in den Flur und kann Ma praktisch riechen. Ich gucke in den Spiegel, um zu sehen, wie es um mich steht. Ich betrachte meinen ganzen Körper. Kein Zweifel, da tut sich etwas. Ich bin dünner. Ich sage nicht sexy. Aber egal, das entscheiden sowieso andere. Mir wird bewusst, dass Ma meine Haare noch gar nicht gesehen hat. Ich fuhrwerke vor dem Spiegel in den Stoppeln herum, damit sie wie kleine Grasbüschel abstehen.
    Als ich in die Küche geschlendert komme, ist sie da,
la la la
vor sich hin summend macht sie Frühstück. Sie trägt die Schürze meiner Mutter, die mit den Kirschen drauf.
    «Bist du hungrig?», sagt Mrs Frisk. «Ich mache Eier.»
    «Sind sie nicht zurückgekommen?», frage ich. «Hat mein Vater angerufen?»
    «Ja», sagt sie, «mach dir keine Sorgen, es geht ihnen gut.»
    Ich frage wann, wann er angerufen habe, und sie sagt, gerade eben, noch keine fünf Minuten her.
    «Warum haben Sie mich nicht gerufen?», frage ich.
    «Ich dachte, du schläfst noch», ist ihre Entschuldigung.
    «Es ist alles in Ordnung», sagt sie. Als könnte sie das entscheiden.
    «Ihrer Freundin geht es viel besser», sagt sie.
    «Was für einer Freundin?», sage ich, aber dann fällt mir die Lüge wieder ein. Pa hat Mrs Frisk gesagt, Ma besuche eine kranke Freundin, und da wolle er auch hin. Und bevor Mrs Frisk rüberkam, musste ich Pa dann noch versprechen, ihr nichts zu erzählen. Das sei unsere Angelegenheit, sagte er. Normalerweise ist Pa kein Lügner, darum frage ich mich, wie ernst diese ganze Angelegenheit ist mit Ma, die in irgendein Hotel oben in den Bergen fährt, wer weiß wohin.
    «Haben sie gesagt, wann sie zurückkommen?», frage ich Mrs Frisk.
    «Ich kann dableiben, solange du mich brauchst», sagt sie. Das machen Lehrer immer, Dinge verdrehen, mit irgendeinem hinterlistigen Schwenk antworten, wenn man sie etwas fragt. Ich möchte wenigstens ein einziges Mal einen Lehrer sagen hören, ich weiß nicht. Verdammt noch mal, ich weiß nicht, wann sie zurückkommen. Und es einfach so stehen lassen.
    «Komm, setz dich», sagt sie.
    Der Tisch ist gedeckt, alles da, Teller und Servietten und Gläser für den Saft. Sie sagt mir, ich solle es mir gemütlich machen. Es ist zum Totlachen. Es mir gemütlich machen im eigenen Haus. Ich rieche, dass der Toast verbrennt, aber als er rauskommt, ist er genau richtig. Die Eier gleiten auf die Teller, ohne sich zu sträuben. Sehr trickreich, wirklich.
    «Nicht so hastig», sagt sie. Ich schaufele mir das Futter schon in den Mund.
    «Ich hab’s etwas eilig», sage ich. «Viel zu tun in der Schule», erkläre ich. Darauf steigt sie sofort ein.
    «Was macht ihr

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