Mattuschkes Versuchung
für ihn zu arbeiten, wäre sein Kredit fällig, die Wohnung aufzugeben und so manche Annehmlichkeit dahin. Wirkte sie mit bei dem illegalen Spiel, machte sie sich schuldig. In der Nacht grübelte sie über die richtige Entscheidung nach. Aber hatte sie überhaupt eine Wahl? Schließlich beruhigte sie sich mit dem Gedanken, dass er der Verantwortliche sei, sie offiziell gar nicht auftauchte und wenn, nur Hilfsdienste auf Anweisung geleistet habe. Dennoch war ihr nicht wohl dabei, längstens bis zur Abzahlung des Kredits würde sie mitspielen. Als Gila wenig später besorgt fragte, welche Tätigkeit sie für ihn leiste, antwortete sie ausweichend. Es sei ein lukratives Unternehmen mit chaotischer Buchführung, bei der sie Ordnung machen müsse. Tatsächlich verfing sie sich immer mehr im vielmaschigen Netz des wenig seriösen Mattuschke-Imperiums. Vielleicht sollte sie mit ihrem Vater darüber sprechen.
Gila hatte mit Siegfried einen Volltreffer gelandet und bisher keine Achillesferse entdeckt. Louise lernt ihn kennen, er war auf den ersten Blick sympathisch, ernsthaft an Gila interessiert und gut aussehend. Er arbeitete als Prokurist in einer Druckerei. Hoffentlich geht diese Verbindung gut, dachte sie. Gila war es wirklich zu gönnen. Im Silverspot war sie länger nicht mehr, die aufgelegte Musik wiederholte sich ebenso wie die Gespräche und Zoten der Freunde. Zwar empfand sie es noch immer als heitere Abwechslung, aber eine gewisse Distanz tat gut. Heute ging sie wieder hin und traf auch Eric an. Er schob ihr ein Blatt hin, auf dem in kleiner sorgfältiger Schrift ein Gedicht verfasst war, schlicht in seinen Worten, aber berührend. Sie sah ihn an und hob den Daumen. »Du bist auf dem richtigen Weg.« Er nickte, seine Augen waren klar und hatten nicht mehr diesen Fiebrigen Glanz der Vergangenheit. Das Gedicht gefiel ihr, es war nicht pathetisch, er schien seinen Stil gefunden zu haben.
Als sie in dem kleinen blauen Ford, den ihr Mattuschke für einige Tage überlassen hatte, nach Hause fuhr, sah sie, dass ihre Mutter mehrmals angerufen hatte. Es schien wichtig zu sein. Sie meldete sich, bekam aber keine Verbindung, versuchte es über die Handynummer. Jetzt war sie sofort am Apparat, ihre Stimme klang leise und fremd.
»Ich bin im Krankenhaus, Vater hatte eine Herzattacke, kannst du kommen?«
»In welchem? Ja ich verstehe, ich fahre sofort los.« Eine Viertelstunde später ließ sie sich auf die Intensivstation führen.
»Bitte nur einer und nur ganz kurz«, war der knappe Kommentar der Schwester. Ihr Vater lag bleich und leicht aufgerichtet in seinen Kissen, einen Sauerstoffschlauch in der Nase und an mehrere Kabel angeschlossen. Sie gab ihm einen Kuss und nahm seine kühle Hand in die ihre. Ein zartes Lächeln huschte über seine Züge.
»Louise«, sagte er matt, »ich habe einen Fehler gemacht, ich wollte die Familie nicht zerstören. Ich liebe euch doch, ich habe mich damit übernommen.«
»Jetzt brauchst du erst einmal Ruhe, musst die Gedanken total abschalten, alles andere wird sich später regeln. Schlafe, ich bleibe draußen und schaue nachher wieder nach dir.«
»Du solltest jetzt nach Hause fahren Mutter, ich löse dich ab und sag dir morgen früh Bescheid. Du brauchst ein bisschen Schlaf nach der Aufregung.«
Ihre Mutter nickte: »Solana war hier, eine befremdliche Situation am Anfang, aber wir haben uns ausgesprochen. Sie ist wirklich nett. Ich habe eingesehen, dass Vater nicht mehr glücklich mit mir war und es mit ihr nicht sein konnte, wegen seines schlechten Gewissens. Ich werde ihm morgen sagen, dass ich das Kriegsbeil begrabe. Ich glaube, ich könnte mich mit Solana verstehen.«
»Das wird ihn sehr freuen, die ganze Situation hat ihn überfordert.«
Ihre Mutter ging nur wiederstrebend, Louise saß in dem kleinen Warteraum der Intensivstation, der Arzt, ein junger Mann, Anfang dreißig in blauer Montur, kam herein und sprach mit ihr Dr. Heilmann stand auf seinem Namensschild, sie nahm es als gutes Omen.
»Natürlich besteht immer ein Risiko, aber wir sind guten Mutes, dass es ihm bald besser geht, im Augenblick ist alles stabil. Wir werden ihm zwei Stents setzen müssen«, sagte er eifrig. »Morgen sieht die Welt ganz anders aus«, tröstete er sie. Mit dem letzten Teil sollte er in der Tat recht behalten.
In der Nacht saß sie erneut an seinem Bett, er schlief, wieder nahm sie seine Hand und betrachtete die vertrauten Züge, die jetzt entspannter wirkten. Ein paar graue Strähnen
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