Mattuschkes Versuchung
für eine Nacht ein. Der Portier schaute fragend, als er das Einzelzimmer orderte, offenbar wurde das Haus selten von Singles aufgesucht. Beim Abendessen ließ er sich einen Tisch in der Ecke geben, von dem aus er den Speisesaal gut beobachten konnte. Er war schon beim Hauptgericht, als der Gesuchte mit Begleitung erschien. In hellem Anzug mit jugendlicher Krawatte, sie in einem elegant zartgrünen Kleid mit auffälligen Ohrringen, die sie während des Gesprächs öfter berührte und ihm zeigte, offenbar ein Geschenk, das sie von ihm erhalten hatte. Sie war jung, wesentlich jünger als er jedenfalls, vielleicht Mitte dreißig, schwarzhaarig, mit schulterlangem Haar, von Spangen gehalten und einem erfrischenden Lachen, das bis zu ihm herüberdrang. Da sie Mattuschke zugewandt saß, konnte er sie beobachten, während er von Leuchtenburg verborgen blieb. Er hatte seine Hand auf die ihre gelegt, nahm sie von Zeit zu Zeit und führte sie zum Handkuss an den Mund.
»Was fängt eine Frau nur mit diesem arroganten Mann, der die Attraktivität einer Sperrholzplatte hat, an«, sagte er vor sich hin und wünschte sich im gleichen Augenblick, mit Sina hier zu sein. Er hatte keine Ahnung, wo sie sich aufhielt.
Als das Essen beendet war, orderte Mattuschke eine Flasche Champagner und drei Gläser an ihren Tisch und begrüßte beide mit Herzlichkeit und unwiderstehlichem Strahlen, so dass die Begleiterin sofort von ihm eingenommen war und freundschaftliche Kontakte vermutete. »Welch freudige Überraschung, Sie so schnell wieder zu sehen, Herr von Leuchtenburg. Gnädige Frau, ich habe mir erlaubt, mit einem Gläschen Champagner auf das nette Wiedersehen anzustoßen. Ich störe Sie und ihre charmante Begleiterin doch hoffentlich nicht?«
»Keineswegs, ich finde, das war eine ausgezeichnete Idee«, sagte sie freundlich und nahm damit von Leuchtenburg, der rot angelaufen war und stark zu transpirieren begann, den Wind aus den Segeln. »Entschuldigen Sie, Mattuschke ist mein Name, wir kennen uns geschäftlich sehr gut und bald noch besser«, er lächelte zu ihm hinüber, nahm am Tisch Platz und stieß mit beiden an. Ein entspannter, zufriedener Ausdruck lag auf Mattuschkes Gesicht. Selten hatte ihm Champagner so gut geschmeckt. Von Leuchtenburg saß wie erstarrt, klammerte sich verlegen an sein Glas und lächelte gequält über die launigen Bemerkungen des ungebetenen Gastes, die seine Begleiterin bestens amüsierten. Den Rest der Flasche ließ er auf dem Tisch stehen, verabschiedete sich und wünschte einen angenehmen Abend.
»Ich wäre gerne noch in ihrer reizenden Gesellschaft geblieben, habe aber schon sehr früh eine geschäftliche Besprechung, zu der ich ausgeschlafen sein möchte.«
Diskret legte er seine Visitenkarte auf den Tisch. Frau Harvey, die Begleiterin, hatte einen Ausdruck des Bedauerns in ihren Augen. Er zwinkerte ihr freundlich zu, als er ging.
»Dem Himmel sei Dank, jetzt hängt er am Haken«, jubilierte er leise, zahlte seine Rechnung und überließ dem verblüfften Kellner ein ansehnliches Trinkgeld. Von Leuchtenburg war eine Erscheinung, die auf der Appetitlichkeitsskala ganz unten rangierte. Er hatte sich stark überwinden müssen, ihm die Hand zu geben, aber für den Erfolg war es nötig, über seinen Schatten zu springen. Im Zimmer angekommen, wusch er sich lange die Hände.
Zwei Tage später erhielt er den erwarteten Anruf. Man sollte sich noch einmal über das Projekt unterhalten. Von Leuchtenburg empfing ihn mit ausgesuchter Freundlichkeit, er hatte Schweißperlen auf der Stirn und ein feuchtes Hemd, obwohl es früher Vormittag und eher kühl war.
»Unter einer Bedingung bin ich bereit, meine Haltung zu überdenken, Herr Mattuschke«, der Name kam ihm wie geölt über die Lippen.
»Die Bedingung ist erfüllt, absolute Diskretion, nur ein Überdenken reicht mir nicht.«
»Also ich meine, wir sperren uns nicht mehr gegen die Bebauung, wenn … .«
Er erbat sich kleine Änderungen als Zugeständnis, die Mattuschke zur Gesichtswahrung gerne einräumte, dann gab er ihm eine schriftliche Bestätigung.
»Ich kann mich auf Sie verlassen?«, fragte er besorgt, als er ihn zur Tür begleitete.
»Natürlich, sind wir nicht beide Ehrenmänner? Herzliche Grüße an ihre reizende Begleitung.«
»Kaffee Heinz?«
»Gerne, bitte schwarz mit viel Zucker.«
»Wie kommst du in der Projektsache weiter?«, wollte Kornfeld wissen, seine Tasse mit abgestandenem Milchkaffee stand vor ihm auf dem Tisch, er schenkte
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